Gewohnheitsbürokratie und Bukarester Mentalität

Kabelhersteller AWS schafft trotzdem in Karansebesch 1200 neue Arbeitsplätze

Karansebesch - Die Gerüchte, dass der Hersteller von Auto-Verkabelungen und Lichtsystemen AWS den Standort Karansebesch aufgibt und nach Bulgarien weiterzieht, sind dieser Tage als Zeitungsenten abgetan worden. Bürgermeister Ion Marcel Vela und Cătălin Tischer, der Produktionsleiter des Standorts Karansebesch, gaben bekannt, dass sie auf einer gemeinsamen Reise nach Bukarest die Frage der Inbetriebnahme des Ausbaus des Werks Karansebesch gelöst haben. Die neue Werkhalle, die bereits steht, soll weitere 1200 Arbeitsplätze beherbergen. In der neuen Halle sollen die Kabelsysteme für die neuen Skoda-Modelle entstehen, die demnächst in Produktion gehen.

Obwohl die Halle seit Herbst 2011 fertig ist und auch alle Aufschlussarbeiten betriebsbereit sind, hat das Wirtschaftsministerium in Bukarest, bis zur Vorsprache von Vela und Tischer, nicht die Genehmigung für den fälligen zusätzlichen Erdgasverbrauch erteilt. So konnte die Halle bis zum heutigen Tag nicht beheizt werden. Die Begründung des Ministeriums für die bisherige Nichterteilung der Genehmigung – solche Genehmigungen sind ein Relikt aus kommunistischer Zeit und eine typische Einmischung des Ministeriums in Angelegheiten einer Privatfirma – weil die Werkhalle genau auf der Grenze der Gemarkung zwischen Karansebesch und der östlichen Nachbargemeinde Buchin steht und Buchin auf den Karten des Bukarester Wirtschaftsministeriums und bei Romgaz nicht als Ortschaft eingetragen ist, wo es eine Erdgasversorgung gibt. Folglich, so die Logik der Bürokraten des Ministeriums, kann es auch keine Verbrauchsgenehmigung für Erdgas geben, denn damit ginge das Ministerium die Verpflichtung ein, die Legung der Erdgasrohre nach Buchin zu fördern.

Die Geduld der Leitung von AWS – die Firma gehört zum japanischen Automotive-Giganten Sumitomo – war so gereizt, dass man bereits allen Ernstes verkündet hatte, AWS gehe nach Mezdra in Bulgarien, wo ein weiterer AWS-Standort existiert. Für Karansebesch und für Rumänien insgesamt wäre das ein herber Rückschlag gewesen, denn bereits jetzt beschäftigt AWS in Karansebesch rund 2400 Arbeitnehmer (die vor allem für Volkswagen Bestandteile und Autoelektrikkomponenten herstellen) – nach der Inbetriebnahme der neuen Halle werden es mehr als 3500 sein (und dies in einer Stadt wie Karansebesch mit knapp mehr als 20.000 Einwohnern).

Bürgermeister Ion Marcel Vela (PNL) nach seinem Bukarest-Trip: „Ich glaube nicht einmal, dass die Verzögerung der Genehmigung des Zusatzverbrauchs für das Erdgas politische Ursachen haben könnte, obwohl ich in der Opposition bin. Es handelt sich eher um Gewohnheitsbürokratie und um die Mentalitätsfrage bei den Bukarestern: die haben einfach noch nicht gelernt, europäisch zu denken und ganz einfach flexibel zu sein im Rahmer klarer Gesetze. Was für mich zählt: ich habe diesmal in Bukarest feststellen können, dass man – sogar in Bukarest, in Zentralen, Institutionen und in leitenden Positionen! – auf Leute trifft, die offen sein können. Nun kann ich nur hoffen, dass dieser Tage das Versprechen eingehalten wird, das man uns gegeben hat – dass also die Genehmigung für den Zusatzverbrauch an Erdgas eintrifft.“