„Indem ich schreibe ...“

Gedenkplatte an Oskar Pastior am Haus in der Reißenfelsgasse enthüllt

Klaus Ramm und Ernest Wichner, der Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende der Oskar-Pastior-Stiftung, sowie Cristina und Detlev Pastior bei der Gedenkfeier

Klaus Ramm und Ernest Wichner, der Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende der Oskar-Pastior-Stiftung, sowie Cristina und Detlev Pastior bei der Gedenkfeier

Die Gedenkplatte für Oskar Pastior am heutigen Haus Nr. 6 in der Reißenfelsgasse
Fotos: Hannelore Baier

Die Gedenkplatte für Oskar Pastior am heutigen Haus Nr. 6 in der Reißenfelsgasse
Fotos: Hannelore Baier

Hermannstadt - „Mami fragen, wann Übersiedlung in die Reißenfelsgasse 4?“ Die handschriftliche Notiz stamme aus der Zeit, als Oskar Pastior gerade in Berlin Fuß zu fassen begann. Rund 40 Jahre später stand eine Menschengruppe vor diesem Haus, in dem Oskar Pastior mit Großeltern und Patentante, Eltern und Geschwistern gewohnt hat.

Und von dessen Rundgang im Innenhof die Großmutter ihm nachgerufen hatte „Ich weiß, du kommst wieder“, als er als 17-Jähriger deportiert worden war. Am Donnerstagnachmittag wurde an dem Haus, heute Strada Gheorghe Lazăr Nr. 6, eine Platte zum Gedenken an Oskar Pastior enthüllt. An dem Haus, in das er nach fünf Jahren Zwangsarbeit zurückkehrte und von dem aus er 1955 nach Bukarest, jenseits der Karpaten aufbrach, wie der Literaturwissenschaftler Klaus Ramm, der Vorsitzende der Oskar-Pastior-Stiftung, in seiner Würdigung sagte. Die versammelte Gruppe, der auch Bruder Detlev und Schwägerin Cristina Pastior angehörten, wohnte in der vollgeparkten und dicht befahrenen Reißenfelsgasse nach der Enthüllung der Gedenktafel einer kurzen Lesung einiger Werke von Oskar Pastior bei.

Vorgetragen wurden sie in rumänischer Sprache von Corina Bernic und in Deutsch von Urs Allemann, Oswald Egger und Ernest Wichner.
Vielleicht wäre man mit dieser Feier Oskar Pastior „schon viel zu nahe getreten“, denn er machte um seine Person nicht das geringste Aufheben, so Klaus Ramm. Er lebte in äußerster Anspruchslosigkeit und brachte das „jahrzehntelang jedem einzelnen kleinen Honorar abgesparte Geld heimlich und erst nach seinem Tod am 4. Oktober 2006 in die Oskar-Pastior-Stiftung ein“. Diese Stiftung ließ die Porzellantafel anfertigen und brachte sie aus Berlin nach Hermannstadt. Bei den Formalitäten zum Anbringen half das Hermannstädter Deutsche Forum mit.

Pastior habe sich stets dagegen gewehrt, seine Herkunft, sein Leben, seine Biografie vor seine Dichtung, wie vor einen Karren spannen zu lassen, sagte Ramm. Dennoch war es selbstverständlich und unausweichlich bedingt, dass in jedem seiner Gedichte auch das Biografische mitsprechen musste. Die Reißenfelsgasse, die Heimatstadt Hermannstadt, die siebenbürgische Landschaft waren ein reichhaltiges Reservoire für seine Dichtung vom ersten bis zum letzten Buch. Das 1960 in Bukarest Erstveröffentlichte trug den Titel „Fludribusch im Pflanzenheim“, das letzte, 2007 in Basel erschienen, „Speckturm“. Dieser Begriff könne auch als Fremdwort gelten, aber auch „für die im eigenen Sprachschatz eingemauerten und beteiligten Vorräte lebenswichtiger Erinnerung“ stehen, so Klaus Ramm.

Die Enthüllung der Gedenktafel stellte den Auftakt dar zu einer zweitägigen Veranstaltung aus Anlass der Vernissage der Ernst-Jandl-Ausstellung in der Galerie für zeitgenössische Kunst des Brukenthalmuseums. (Dazu mehr auf der Kulturseite nächste Woche.)