Lob und Tadel vom Regierungschef

Florin Cîțu auf PNL-Wahlkampftour im Kreis Temesch

Foto: gov.ro

Temeswar (ADZ) – Während sein Gegenkandidat für den PNL-Vorsitz, Amtsinhaber Ludovic Orban, bei seinem Wahlkampf-Besuch in Temeswar vor einer Woche auch die Nähe zu den Vertretern des Koalitionspartners USR gesucht hat, zeigte sich Premierminister Florin Cîțu am Donnerstag eher kühl gegenüber Bürgermeister Dominic Fritz und der USR, zu denen er auch relativ deutliche Worte der Kritik fand. Dagegen gab es starken Lob für die PNL-Leitung des Temescher Kreisrats, insbesondere der Kreisratsvorsitzende und starke Mann des liberalen Kreisverbands, Alin Nica, scheint in der Gunst des Regierungschefs zu stehen. Vor einer Woche hatte Nica erklärt, dass sich sein Kreisverband noch nicht entschieden hatte, welcher Kandidat unterstützt werden soll. Um die Stimmen des relativ starken Temescher Verbands wird also noch gekämpft; Kritik an dem wenig geliebten Koalitionspartner USR kommt bei den Liberalen gut an.

Der Premierminister kritisierte die Temeswarer Stadtverwaltung in erster Linie in Hinsicht auf die gravierenden Finanzierungsprobleme des Fernwärmelieferanten Colterm, dem vor wenigen Wochen von der Verwaltung des Umweltfonds (AFM) eine millionenschwere Strafe verhängt wurde. Geld für die Bezahlung der Strafe gibt es nicht, die Idee einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern scheint Bürgermeister Fritz inzwischen aufgegeben zu haben. Cîțu sagte in diesem Zusammenhang, dass die Stadt Temeswar wohlhabend sei und über im Landesvergleich sehr hohe Einnahmen verfüge. Vielleicht müsse man überprüfen, wie die Gelder der Stadt im ersten Halbjahr ausgegeben wurden, zumindest weil es andere Städte gäbe, wie Konstanza zum Beispiel, die aus dem eigenen Haushalt CO2-Zertifikate erworben hätten, behauptete Cîțu. Die Regierung habe den Antrag der Stadt auf Unterstützung aus dem Staatshaushalt zu spät erhalten, Geld aus Bukarest werde es deshalb nicht mehr geben. Die Stadt könne aber wann immer einen Kredit aufnehmen, die Gesetzgebung im Bereich der öffentlichen Finanzen erlaube dies, sagte Cîțu. Andererseits ist zu vermerken, dass vor wenigen Wochen Nica öffentlich erklärt hatte, dass die Regierung mit 45 Millionen Lei einspringen werde, dies habe er mit Cîțu einfädeln können. Davon war am Donnerstag nicht mehr die Rede.

Ferner kritisierte Cîțu den Temeswarer Bürgermeister auch dafür, dass er im Zusammenhang mit dem seit Jahresanfang akut gewordenen Problem der sich in Temeswar aufhaltenden Flüchtlinge aus dem Nahen und Mittleren Osten überhaupt keinen Antrag bei der Regierung, d.h. bei ihm persönlich, eingereicht hat. Fritz hätte bei ihm um zusätzliche Ressourcen anfragen müssen. Wie die ADZ berichtete, hatte der Bürgermeister Anfang des Jahres selbst Gespräche mit Regierungsverantwortlichen geführt und mehrmals seinen Vizebürgermeister Cosmin Tabără (ein Parteikollege von Cîțu) nach Bukarest geschickt. Auch Innenminister Lucian Bode (ebenfalls PNL) kam nach Temeswar und versprach Unterstützung. 

Der Premierminister traf sich ferner mit einigen PNL-Mitgliedern, wo er auf das Problem der fehlenden Leitung des Temeswarer Stadtverbands hingewiesen wurde. Im Rektoratsgebäude der Technischen Universität beriet er dann mit Vertretern der Wirtschaft und des Bildungswesens und sagte unter anderem auch, dass der Kreis Temesch einen Spitzenplatz bei der Impfung belege, dafür müsse er den Kreisratsvorsitzenden Alin Nica beglückwünschen. Fakt ist jedoch, dass der Kreisrat bei der Organisierung der Impfaktion keine Zuständigkeiten hat und entsprechend auch nicht dazu beitragen konnte. Zur bevorstehenden Einführung des EU-weit geltenden Covid-19-Impfpasses sagte Florin Cîțu ferner, dass jene Bürger, die eine Coronavirus-Infektion überstanden haben, ohne sich in medizinische Behandlung zu begeben und sich unter Umständen selbst kuriert haben, keinen Pass bekommen werden. Dieser gelte nur für Geimpfte und Getestete sowie für jene Genesene, die als solche behördlich erfasst wurden.