Museums-Nacht in der Synagoge

Aus Hermannstadt wurden im Holocaust keine Juden deportiert

Der Hermannstädter Otto Czekelius (1895-1974), in München und Berlin ausgebildet sowie von 1925 bis 1943 Stadtarchitekt von Madrid, war von 1954 an bis Ende seines Lebens auf gleicher Position im Dienst seiner Geburts- und Heimatstadt tätig. Ihm verdankt die Synagoge in der Salzgasse, dass alle zu Beginn der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts in direkter Nachbarschaft zu ihr errichteten Wohnblocks sie um nicht mehr als nur eine gefühlte Handbreit überragen und gebührenden Abstand zu ihr halten. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Sie steht seit 1899 am östlichen Altstadtrand in der Salzgasse/Constituției und kann zu allen Jahreszeiten an den ersten fünf Tagen der Woche jeweils bis um die Mittagszeit besucht werden. Trotzdem schenkt kaum eine andere öffentliche Veranstaltung der Synagoge von Hermannstadt so viel Achtung wie das Internationale Theaterfestival Sibiu (FITS). Findet dort ein Konzert, eine Lesung oder eine spannende Präsentation unter dem Logo der zehntägigen und größten Massenbegegnung in gesamt Hermannstadt und Region statt, bezieht auch schon mal gerne ein TV-Reporter mit Kamera und Mikrofon Stellung an ihrem Eingang zur vierspurigen Straße hin. 

Die Geschichte der örtlichen jüdischen Gemeinde und ihres recht gut erhaltenen Tempels hingegen wird dabei eher marginal oder überhaupt gar nicht berührt. Zur Nacht der Museen soll endlich damit aufgeräumt werden: Samstagabend, am 13. Mai, informiert das Brukenthalmuseum ab 18 Uhr mit einer Sonderausstellung in der Hermannstädter Synagoge über ihren Bau und den gemeinschaftlichen Alltag der Juden vor Ort seit über 200 Jahren. 

Die erste Erwähnung von Juden in Hermannstadt lässt sich auf 1492 datieren, wobei das Bürgerrecht ihnen sehr viel später um die Mitte des 19. Jahrhunderts zugestanden wurde. Der Baubeginn der Synagoge 1899 stimmt mit der Wahl und Berufung von Armin Horowitz zum ersten städtischen Rabbiner überein. 

Bei Recherche im Bildband „Hermannstadt. Porträt einer Stadt in Siebenbürgen“ von Hermann und Alida Fabini (2020, Monumenta und Honterus Verlag, 5. Auflage) hält eine bis 1880 rückverfolgbare Statistik fest, dass Hermannstadts Jüdische Gemeinde zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs auf ihre größte Mitgliederanzahl angewachsen war. 

Den 1905 geschlossenen und bis einschließlich heute öffentlich unzugänglichen Friedhof in der Elisabeth-Vorstadt/Lazaret hatten die jüdischen Einwohner noch im frühen 19. Jahrhundert zu einer Zeit angelegt, als die siebenbürgisch-sächsisch besetzte Verwaltung Hermannstadts ihnen eine Wohnungsnahme und Beisetzung in der Innenstadt verweigerte. 

Die jüdische Abteilung des 1907 eröffneten urbanen Friedhofs am Jungen Wald/P˛durea Dumbrava jedoch ist historisch genauso alt wie die Areale aller Gemeinden christlicher Konfessionen.

Heute leben etwa 50 Juden in Hermannstadt. Mit Förderung durch das örtliche Konsulat der Bundesrepublik Deutschland haben vor wenigen Jahren Handwerks-Gesellen auf der Walz Säuberungen am Dachboden und Reparaturen an den Fenstern und Türen der Synagoge durchgeführt. Otto Deutsch, in dessen Mandatszeit die Reinigung und Nachbesserungen vorgenommen worden waren, und der 2022 zu Familienangehörigen nach Übersee emigriert ist, hat den Vorsitz der Jüdischen Gemeinde Hermannstadts seinem jüngeren Stellvertreter Tiberiu Baruch übergeben. 

Die Nacht der Museen in der Synagoge schließt laut Plan eine halbe Stunde vor Mitternacht.