Neubau-Projekt verhindert, politisches Vertrauen verletzt

Die historische Villa an Hausnummer 11 in der Josefgasse im alten Hermannstadt – weniger als zehn Gehminuten von der unbebauten Grünfläche zwischen der Fleischergasse und der Brukenthalgasse entfernt. Eine Geschichte sprechende Immobilie stattlicher Größe, die aktuell renoviert wird. Auf Rumänisch trägt die Josefgasse den Namen des siebenbürgischen Rechtsanwalts Ioan Rațiu (1828-1902). Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt - Die mögliche Errichtung einer Immobilie für kommerzielle Zwecke auf der 330 Quadratmeter großen Grünfläche in direkter Nachbarschaft des innerstädtischen Parkplatzes hinter dem Hotel „Zum Römischen Kaiser“ und dem Brukenthalmuseum ist bekanntlich vom Tisch und somit die Gefahr eines allerersten Präzedenzfalls für das Auslösen der Verunstaltung des historischen Kerns von Hermannstadt/Sibiu gebannt. Vorerst zumindest. Denn die politisch ausdauernde Lobby und der zähe Investitionsdruck gewisser Kräfte der privatwirtschaftlichen Unternehmerwelt auf das noch freistehende Gelände zwischen den alten Häuserzeilen der Fleischergasse/Mitropoliei und der Brukenthalgasse/Xenopol werden bestimmt nicht widerstandslos nachlassen. Verfechter der Richtlinie, das Zentrum von Hermannstadt immobil unverändert beizubehalten, haben einstweilen jedoch allen guten Grund zu Erleichterung und wohl auch etwas Freude, wo doch der Stadtrat jüngst während seiner Sitzung von Donnerstag, dem 26. Mai, der Beschlussvorlage für das Bewilligen der Projekt-Dokumentation „P.U.Z.C.P. - Construire clădire birouri, in Municipiul Sibiu, str. Xenopol nr. 16“ durch offene Abstimmung per Handzeichen die von nicht wenigen Anrainern erhoffte und durch eine schriftliche Petition angemahnte Verweigerung erteilt hat. Es ist anzunehmen, dass Investor Iancu-Sebastian Boncuț als Grundstück-Eigentümer und Auftraggeber der nicht unumstrittenen Projekt-Dokumentation sowie Architekt Alexandru Găvozdea als ihr Ersteller das Nein des Stadtrates als eine Abfuhr aufgefasst haben dürften, die in keinem Verhältnis zu dem steht, was von ihnen in den letzten zwei Jahren beworben und im Kontakt mit regionalen bis nationalen Behörden erreicht wurde.

Für die 42 Unterzeichnenden der Petition hingegen, ihre Familien und Freundeskreise fühlt sich der Entscheid gegen das Bauen eines Bürogebäudes mitten im alten Hermannstadt wie ein zielsicher und zur rechten Zeit ausgeworfener Rettungsring an.  22 von insgesamt 23 Mitgliedern des Stadtrates waren am genannten Donnerstag, dem 26. Mai, während der ordentlich einberufenen Sitzung anwesend. Die zweiköpfige PSD-Fraktion, die vierköpfige USR-PLUS-Bündnis-Fraktion und die neunköpfige PNL-Fraktion waren vollzählig zum Verlesen, Debattieren und Abstimmen aller Punkte der Tagesordnung angetreten, während die Fraktion des DFDR für die Dauer der Sitzung auf eines ihrer acht Mitglieder verzichten musste.

Den fünfzehn Stimmen für das Nein zu dem Neubau-Projekt von Iancu-Sebastian Boncu] und Alexandru Găvozdea standen genau drei Enthaltungen von der Abstimmung – zwei von der PSD und eine von Wolfgang-Alexander Guib (DFDR) – sowie vier Stimmen zum Ja gegenüber, die alle auf das Konto des DFDR gehen: Corina Bokor, Helmut Lerner, Paul-Constantin Mezei und Zeno-Karl Pinter.

Die PNL-Fraktion stimmte geschlossen gegen das Neubau-Projekt, die USR-PLUS-Bündnis-Fraktion auch. Uneinigkeit herrschte allein in der DFDR-Fraktion, um es mit gewählt diplomatischer Politesse auszudrücken. Schwere Wermutstropfen auf der Zunge allgemein und eigentlich zufriedener Wähler, die zu schlucken einen sauren Nachgeschmack erzeugen könnten.