Proteste in Ferdinandsberg

Kälte zwang Protestler nach Hause

Ferdinandsberg - Die bereits vergangene Woche angekündigten Protestkundgebungen vor den Werktoren des Stahlwerks Ductil Steel in Ferdinandsberg /Oţelul Roşu, das zu den fünf rumänischen Schwerindustriestandorten gehört, die unlängst von der russischen Mechel-Gruppe verschenkt wurden und wo jetzt radikale Sanierungsvorgänge infolge der Insolvenzerklärung laufen, haben begonnen. Montag versammelten sich etwa 200, der vor der Entlassung stehenden Arbeitnehmer und forderten „zumindest eindeutige Aufklärung“ über ihr weiteres Schicksal.

Die Protestkundgebung war bereits eine Woche vorher angemeldet worden, als bekannt wurde, dass 430 der 460 Arbeitnehmer ihre Arbeit verlieren sollten und im Personalbüro mit der Ausstellung der Kündigungsbriefe begonnen wurde. Was wegen juristischer Verwirrungen gestoppt wurde. Montag allerdings hatten sich bloß 200 der Betroffenen eingefunden und auch die hielten es wegen des eiskalten Windes und der schneidenden Kälte nicht länger als drei Stunden vor den Werktoren aus. Allerdings wollten sie Dienstagfrüh, dicker angezogen, wiederkommen. Was auch geschehen ist.
Am schlimmsten sei die Ungewissheit, in welcher sie die Werkführung und die neuen Besitzer (eine Zwei-Manderl-Firma ukrainischer Staatsbürger, die beim Handelsregister in Bukarest registriert ist) lasse, sagte Gewerkschaftschef Victor Sabău den Medien: „Nichts ist in den vergangenen Tagen passiert. Wir wissen keinerlei Details über das, was geschehen wird. Das Stahlwerk soll konserviert werden – darauf deuten die 30 Arbeitnehmer hin, die nicht entlassen werden sollen. Alle warten darauf, dass der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter die Entscheidung trifft, eine Massenentlassung vorzunehmen, wie dies in unserem Tarifvertrag steht. Also hätten wir ein grundsätzliches Recht auf Abfindungen, drei durchschnittliche Brutto-Monatslöhne, bemessen am Landesdurchschnitt. Das muss im Kündigungsbrief vermerkt sein. War es aber nicht. Das hieße aber auch, dass wir eine Kündigungsfrist von 30 Tagen haben – nicht 15, wie es in den ersten Kündigungsbriefen stand und wie es auch im Insolvenzgesetz steht. Wir haben es also auch mit einer Kollision zweier Gesetze zu tun, die sich widersprechen. Unser prioritäres Interesse, die Abfindungen, sollen die neuen Besitzer nicht aufbringen können. Ist uns auch egal. Dafür gibt es ja noch das Gesetz 200/2006, jenes mit dem Garantiefonds...“

Der Ferdinandsberger Bürgermeister Luca Mălăiescu schien von der Situation ziemlich überfordert – zumal er kaum über Eingriffsmöglichkeiten verfügt, es sei denn politischer Natur: „Der Impakt, den Mechel im ganzen Bistra-Tal hervorruft, ist sehr groß, momentan aber noch weitgehend unübersichtlich. Sozial, wirtschaftlich, finanziell wird die Stadt Ferdinandsberg schwer getroffen. Der Arbeitsmarkt wird durcheinandergewirbelt. Für mich ist es schon eine große Freude, dass ich kommende Woche eine Investition mit 20 neuen Arbeitsplätzen mit eröffnen darf. Und das geschieht zum ersten Mal, seit ich Bürgermeister bin.“  Marian Apostol, der Präsident der Gewerkschaft Cartel Alfa Karasch-Severin: „Ich habe feststellen müssen, dass die Werkleitung – die ja auch mehrheitlich entlassen wird – vor denselben Fragezeichen steht wie die Belegschaft. Einvernehmlich sind die Meinungen nur in einem: Wir müssen die Gelegenheit bekommen, um mit dem Insolvenzverwalter ein ernstes Wort zu reden, denn am besten wäre es, in der gegebenen Lage eine gemeinsame Strategie zu verfolgen. Die wir aber erst mal haben müssen...“.

Nach langen Jahren des öffentlichen Schweigens hat sich auch Iancu Muhu, der Chef der Reschitzaer Gewerkschaft „Vatra“ des Stahlwerks TMK in der Causa Ductil Steel Ferdinandsberg zu Wort gemeldet, diesmal in seiner relativ neuen Position des Nationalsekretärs der Föderation „Solidaritatea Metal“: „Nur zu gern wäre ich schon am ersten Tag der Proteste in Ferdinandsberg mit dabei gewesen. Jedoch war ich leider gezwungen, zeitgleich an einer anderen Begegnung teilzunehmen. Aber in den kommenden Tagen werden wir in Ferdinandsberg sein. Kollegen muss man in schweren Augenblicken unterstützen. Mehr noch: Da es klar ist, dass wir es mit einer langwierigen Sache zu tun haben, werden wir ab dem 15. April vor dem Regierungsgebäude Mahnwachen aufstellen. Denn es gibt nicht nur lösungsbedürftige allgemeine Fragen und Probleme der Metallurgie und des Maschinenbaus, es gibt auch ungelöste Fragen der Renten in der Schwerindustrie. Das muss den Regierenden bewusst gemacht werden.“