Siebenbürgische Illumination im 18. Jahrhundert durch Brukenthal

Neueste Ausstellung im Blauen Haus schließt am Reformationstag

Im Blauen Haus Hermannstadt ist es derzeit unmöglich, das große Ölbild vom Dorf Sâmbăta am Ufer des Alt und Fuß des Fogarascher Gebirges nicht zu bemerken. Franz Neuhauser hat es 1802 gemalt. Es zeigt die aufgehende Sonne im Osten, die ihre Strahlen gemäß dem Geist der Aufklärung in alle Richtungen entsendet. In der Bildmitte erklärend und gestikulierend Kuratorin Dr. Iulia Mesea. | Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Für das Plakat der Ausstellung „Living the Enlightenment. Brukenthal 300“ im Blauen Haus am Großen Ring/Piața Mare in Hermannstadt/Sibiu hat Grafiker Chris Balthes ein verblüffend einfaches, doch philosophisch einleuchtendes Motiv gewählt. Eigentlich lautet eine Grundregel beim Fotografieren als Profi im Terrain, Überbelichtung zu vermeiden. Trotzdem ist es möglich und sogar erlaubt, erfinderisch mit Verboten zu operieren, wie Orchestererzieher Herbert von Karajan einmal narzisstisch richtigstellte: „Es lohnt sich, mit der Tradition zu brechen, wenn dabei etwas Künstlerisches herauskommt.“ Chris Balthes, stiller Arbeitnehmer des Brukenthalmuseums, hat vom offenen Portal des Hermannstädter Brukenthal-Palais aus eine hell in sich selbst ruhende Längs-Perspektive durch den doppelten Innenhof des berühmten Barockbaus am Großen Ring ausgespäht. Ihr Ende ist nur für jene sichtbar, die es aus der lebendigen Erfahrung vor Ort kennen.

Was aber in keinster Weise bedeutet, dass erfahrene Vielbesucher des Brukenthalmuseums von dieser Ausstellung, die Donnerstag, am 23. September, eröffnet wurde, nicht profitieren können. Auch die aufklärerische Epoche des 18. Jahrhunderts eignet sich sehr gut für gedankliches Fortspinnen bis in die Unendlichkeit. Man kann von ihr einfach nicht satt werden. Kuratorin Dr. Iulia Mesea hält fest, im Blauen Haus die erste temporäre Samuel von Brukenthal gewidmete Ausstellung konzipiert zu haben, die allein mit Bildern aus dem hauseigenen Museumsinventar auskommt. Entscheidend mitgeholfen haben Dr. Daniela Dâmboiu und Dr. Alexandru Sonoc. Letzterer gab ohne Umschweife zu, dass auch die ein oder andere Kunstfälschung unter die Exponate gemischt worden sei. Um zu zeigen, dass es durchaus üblich war, Kupferstiche durch Färbung in Ölbilder umzuwandeln und mit dem Monogramm Albrecht Dürers zu versehen – „so konnten sie besser verkauft werden.“ Ohne das Team um Bildrestaurator Ioan Muntean hätte die Ausstellung über die Aufklärung vor und zur Zeit Brukenthals nicht geplant werden können.

Aus pandemischen Gründen müssen Vernissagen leider im Hof des Brukenthalpalais beginnen. Ansprachen und Erläuterungen dürfen vorerst nur unter freiem Himmel erfolgen, und sei es draußen auch zuweilen grimmig kalt. Erst wenn die Gastgeber alles Wichtige und Nötige gesagt haben, folgt der alles entschlüsselnde Gang in den Ausstellungsraum. Und selbst dort möchte oft eine Entscheidung getroffen sein. Ob man sich von Dr. Iulia Mesea oder Dr. Alexandru Sonoc von Exponat zu Exponat führen lässt, spürt man immer wie eine He-rausforderung, die niemals vollständig erfüllt werden kann. „Brukenthal hat seine Epoche durcheinander gewirbelt und wirbelt auch uns durcheinander. Nicht geschrien, aber gesucht hat er“, gab Museumsdirektor Prof. Dr. Sabin Adrian Luca zu Protokoll. „Auch ein Flugzeug weiß, dass es landen muss.“