Würzige Kritik am Eingemachten

Gesellschaftskritische Zeichnungen schütteln den Thaliasaal durch

Dieses „Testament“ von Gert Fabritius haben Dr. Irmgard Sedler und Dr. Alexandru Constantin Chituță für eine Ecke des Foyers bestimmt. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Der scharfe Kontrast zwischen oftmals rotem Stift und weißem Papier in den Zeichnungen von Gert Fabritius (Jahrgang 1940) hat es nicht schwer, von den roten Innenwänden im Foyer und Treppenhaus des Thaliasaales Hermannstadt/Sibiu direkt in die Besucheraugen zu treffen. Noch bevor Pianist und Jury-Vorsitzender Csíky Boldiszár (Klausenburg/Cluj-Napoca) Samstagabend, am 10. Juli, auf dem klanglich eher mittelmäßigen Steinway-Konzertflügel der Staatsphilharmonie Hermannstadt die bereits 25. Auflage des Internationalen Carl-Filtsch-Wettbewerbs für Klavier und Komposition mit Solo-Literatur von Franz Liszt, Ernst von Dohnányi, George Enescu und selbstverständlich auch Carl Filtsch in routinierter Abgeklärtheit eröffnete, betraten Dr. Irmgard Sedler, Dr. Alexandru Constantin Chituță und Hans Erich Tischler, scheidender Konsul der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, die Bühne, um einige Anleitungen zum Verstehen der Ausstellung „O tempora, o mores“ (Was für Zeiten, was für Sitten) zu artikulieren.

Gert Fabritius selbst konnte leider nicht dabei sein, wird aber bis zum 31. August 2021 eigens für Gäste des Thaliasaales aus seinen Zeichnungen der letzten zwei Jahre sprechen. Und die strotzen nur so vor lauter bissigem Humor und zynischem Spott auf die Welt des 21. Jahrhunderts. Auch wenn das ein oder andere Exponat die Menschen einer für Gert Fabritius ungewöhnlich schonenden Kritik aussetzt, zählt Feinfühligkeit nicht eben zu den Hauptzutaten der Bilderreihe. Man muss sie schon selbst mitbringen. Nur wer sich diesen scheinbar radikalen Zeichnungen mit feinsinniger Geduld nähert, kommt ihrer nuancierten Gesellschaftskritik auf die Spur. „Künstler haben die Gabe, die Zeit anders zu sehen, also auch mit ihren Problemen in Farbe und auch in Schwarzweiß“, schickte Dr. Alexandru Chituță, Referent des Brukenthalmuseums für Bildung, Vertrieb und Öffentlichkeitsarbeit, voraus. Und Gert Fabritius sei schließlich „ein 80 Jahre alter Mann, der sich für wirklich alles rings um ihn interessiert“, versicherte Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins Siebenbürgisches Museum Gundelsheim e.V.