Coder Dojo im „Haus des Töpfers“

Programm wird im Kreis Temesch ausgeweitet

Für viele Kinder und Jugendliche in Europa gehört Programmieren zum Pflicht- oder Wahlfach an den Schulen, nicht so in Rumänien. Die Interessenten können jedoch einige der zurzeit am meisten verwendeten Programmiersprachen im Rahmen des Projektes „Coder Dojo“ erlernen.
Foto: Coder Dojo

Kinder, die aus sozial schwachen Familien stammen, können nun gratis Programmieren lernen: Das Programm „Coder Dojo“ wird seit zwei Wochen in Temeswar auch im „Haus des Töpfers“ (Casa Olarului) angeboten, einer Tagesstätte für Minderjährige, die aus sozial benachteiligten Milieus kommen. „Es handelt sich dabei um Kinder, die entweder nur von einem Elternteil oder von den Großeltern großgezogen werden, weil die Eltern im Ausland arbeiten, die also zu einem gewissen Grad sozial marginalisiert, die aber nicht institutionalisiert sind“, hat Radu Ticiu, der Vorsitzende der nichtstaatlichen Organisation „Banat IT“ der ADZ erklärt, eines Vereins, der sich um die Einführung und Entwicklung des Programms „Coder Dojo“ in der Metropolregion Temeswar kümmert.

Die Welt des Codes

„Coder Dojo“ ist ein weltweites Projekt, das 2011 in Irland gestartet wurde und zurzeit in 63 Ländern der Welt in über 850 Coder-Clubs angeboten wird. Dabei lernen Kinder und Jugendliche, das Mindestalter beträgt sieben Jahre, die Kunst, den Computer zu beherrschen: Unter professioneller Anleitung von Mentoren, meist Studenten oder junge Programmierer, die sich als Freiwillige anmelden, lernen die Kids, kostenfrei das Programmieren. Nur ein Laptop muss jeder mitbringen. Die Teilnehmer entwickeln Websites, Apps, Programme und Spiele. Die jüngsten Anfänger steigen mit dem Programm „Scratch“ in die Welt des Programmierens ein. Die erfahreneren Teens arbeiten dann in HTML, CSS, PHP, aber auch JavaScript, Python und andere Minecraft mods sind für die jungen Teilnehmer interessant. Die Atmosphäre ist kreativ, das Angebot ist breit gefächert, so bieten die „Dojos“ in Temeswar mittlerweile auch Roboterentwürfe an. 2012 wurde das Programm bereits in Bukarest initiiert, die aktivste Coder-Dojo-Gemeinde Rumäniens ist aber zurzeit die in und um Temeswar. „Es gibt 22 Veranstaltungsorte im ganzen Land, wo Coder Dojo angeboten wird, einige davon in der Hauptstadt, andere wiederum in kleineren Orten wie etwa in Siret, in der Nähe der Grenze zur Ukraine. Einige der Jugendlichen, die das Programm vor drei Jahren begonnen haben, sind ihrerseits Mentoren geworden“, erklärte uns Radu Ticiu.

Viel Interesse

Bereits an 14 Orten wird „Coder Dojo“ in und um Temeswar angeboten: in Dumbrăviţa, Sackelhausen/Săcălaz, Moschnitza/Moşniţa und Girok/Giroc. Die „Dojos“ finden dabei an Schulen, in Firmensitzen, im Banat Business Center, an Universitäten, aber auch in einem Restaurant statt. Seit zwei Wochen wird das Programm auch in der Tagesstätte „Haus des Töpfers“ angeboten, einer Tagesstätte, die von der Stiftung „Chosen“ Rumänien betrieben wird und wo auch pädagogische Projekte des Vereins „Impreuna ajungem mari“ (Wir wachsen zusammen auf) durchgezogen werden. „Beim ersten Treffen im Haus des Töpfers haben elf Kinder und vier Mentoren teilgenommen, ein wunderbares Verhältnis, viel besser als in den anderen Veranstaltungsorten“, findet Radu Ticiu. Die Kinder sind zwischen 10 und 14 Jahre alt. „Ob sie zu Hause über Internet verfügen oder nicht, wollen wir herausfinden. Sollte dies nicht der Fall sein, wollen wir durch Spenden, um deren Heranziehung wir uns bemühen werden, in diesem Bereich Nachhilfe leisten, um auch dieses Problem zu lösen, so dass sich die Kinder kontinuierlich mit dem Programmieren beschäftigen können. Erst muss noch die Situation jedes einzelnen Kindes analysiert werden“, offenbart uns Radu Ticiu die Zukunftspläne.

Angeregt wurden die Veranstalter von den Mitgliedern des Vereins „Wir wachsen zusammen auf!“. „Viele Freiwillige, die Programmierer sind und von „Coder Dojo erfahren hatten, waren der Meinung, dass es schwierig ist, diese Kinder, in die Veranstaltungsorte zu bringen, wo das Programm abgewickelt wird, aber wir könnten das Programm dort anbieten, wo sich die Kinder gewöhnlich einfinden. Ehrlich gesagt, bin ich nicht sehr glücklich darüber, besser wäre es die Kinder aus dem Milieu herauszuholen und in die Veranstaltungsorte mit den anderen Kindern zusammenzubringen, damit sie interagieren. Aber es ist ein guter Ansatz und sie gehören auch so zur Coder-Dojo-Gemeinde“, meint Radu Ticiu.
Die erste Reaktion der Kinder spricht von dem Erfolg des Projektes: „Sie waren einfach begeistert, sie haben das Programm sehr ernst genommen und auch schon kleine, aber gute Apps entwickelt. Sie stehen den anderen Kindern, mit denen wir gewöhnlich arbeiten, in keiner Hinsicht nach“, so Radu Ticiu.