Das „Herculane Project“ bräuchte noch etwas Geld

Architektenverein „Locus“: Mit weiteren 22.000 Euro wäre das Kaiserbad vorläufig geschützt

So sah der Eingang zur Empfangshalle des Kaiserbads aus, bevor der Architektenverein „Locus” und seine Freiwilligen aus der Zivilgesellschaft sich an die Säuberungs- und Konsolidierungsarbeiten machten. Sämtlicher Wildwuchs auf dem, im und im unmittelbaren Umfeld des Gebäudes wurde entfernt.

Der Majolikabrunnen mitten in der ehemals wunderschön ausgemalten Empfangshalle (restaurier- und wiederherstellbare Reste sind noch vorhanden) ist von „Locus” abmontiert und sichergestellt worden, bis eine Grundsanierung des Kaiserbads finanziell möglich sein wird. Fotos: der Verfasser

Das wohl emblematischste Gebäude aus den besten Zeiten des Bade- und Luftkurorts Herkulesbad/Băile Herculane/Herkulesfürdö, das heutige Neptun- und frühere Kaiserbad, könnte mit einer zusätzlichen Geldspende von rund 22.000 Euro soweit konsolidiert und winterfest gemacht werden, dass sein weiterer Verfall vorläufig gestoppt wäre. Dies der öffentlich gemachte Befund des Vereins junger Architekten „Locus“, bestehend vorwiegend aus Absolventen der Architekturhochschule Temeswar/Timișoara, die sich die Rettung des Vorzeigebaus aus dem 19. Jahrhundert auf die Fahnen geschrieben haben.

Das mit „Herculane Project” betitelte Vorhaben ist jüngst von einer weiteren Firma unterstützt worden, die sich auf die Liste des Spendervorhabens „30 Unternehmen/30 Spenden” mit der ausgemachten 1000-Euro-Spende eintragen ließ. Der Kommentar des Architektenvereins: „Die Rettung und Inwertsetzung des Kulturerbes ist eine Verantwortlichkeit der Gemeinschaft. Deshalb ist es für uns jedesmal eine außerordentliche Freude, seitens des privaten Unternehmertums finanziell unterstützt zu werden, wenn es um das Projekt und die Baustelle zur baulichen Sicherung des Neptun-Bads geht.”

Nun benötigt man noch 22.000 Euro des ursprünglichen Kostenvoranschlags. Die sind nötig, um das Dachgerüst zu sichern und die Regen- und Schnee-Wasserdrainage mittels Dachrinnen und -rohren zu regeln, die verwundbarste Stelle des langgezogenen Badekur-Komplexes am rechten Ufer des Cerna-Flusses. Zudem müssen Teile des Gebäudes von innen abgestützt werden, bis Dauerlösungen zur Konsolidierung – vor allem der Decken – finanzierbar werden. 

Zur Erinnerung: „Locus” wurde aktiv, als niemand einen Finger rührte, nachdem im Winter 2018-19 ein Teil des Daches des Kaiserbads unter der Last nassen Schnees eingestürzt war. Erst die jungen Architekten weckten das Interesse und die Spendenbereitschaft der Bürger, nachdem sie die Öffentlichkeit mittels eindringlicher Appelle auf die Gefahr des Totalverlustes eines der Vorzeigegebäude des heutigen Rumänien aufmerksam machten. 

Das Haupthindernis zur Erlangung einer Finanzierung zwecks Rettung des Kaiserbads ist eine Folge der (PSD-) parteiinternen und willkürlich sowie quasi-geheim (bis heute sind nicht alle Details bekannt) vom seinerzeitigen Tourismusminister Dan Matei Agathon (PSD, Regierung Adrian Năstase, 2000-2004) durchgeführten „Privatisierung”. Durch diese wurde dem Schwiegersohn des ehemaligen Leibarztes von Ceaușescu (derselbe, der nach der Wende vom Allvater-Präsident Ion Iliescu zum Gesundheitsminister befördert wurde), einem gewissen Iosif Armaș (ehemaliger Türsteher des Herkulesbader Hotels „Roman”), damals Abgeordneter der PSD, der quasigesamte historische Teil von Herkulesbad übergeben. Armaș hat dann „sein” Herkulesbader Vermögen binnen zehn Jahren so heruntergewirtschaftet, dass vom größten Teil des historischen Kurbads nur Ruinen übriggeblieben sind. Zudem hat er Teile davon verkauft und so ein Besitztumschaos geschaffen. Im Falle des Kaiserbads beispielsweise gibt es heute drei Besitzer des Grundstücks, wodurch jedwede EU-Fiunanzierung vom Start an ausgeschlossen ist... Was aber, angesichts der schwindelerregend teuren Grundstücke in dem am Grund eines tiefeingeschnittenen Kalksteintals gelegenen Kurorts, auch eine Erklärung für das Verfallenlassen der historischen Bauten ist... Auch so werden Grundstücke wieder bebaubar gemacht!

Der Architektenverein „Locus” arbeitet, unterstützt von zahlreichen freiwilligen Helfern und Spendern aus dem ganzen Land und vor allem aus der Zivilgesellschaft, beharrlich an der Rettung zumindest des Kaiserbads, das in seiner Architektur an das tschechische Karlsbad/Karlovy Vary erinnert. Es handelt sich um einen der repräsentativen Bauten auch für den epocheprägenden Architekten ihrer Zeit, Carl Wilhelm Christian von Doderer (1825, Heilbronn – 1900, Wien), dem Großvater des Schriftstellers Heimito von Doderer. C. W. Ch. v. Doderer (er prägte als Hochschullehrer den Begriff „Monumentalbauten”) baute auf dem Gebiet des heutigen Rumänien  die Sommerresidenz des Königshauses Rumäniens, der Hohenzollern-Sigmaringen (die sich neuerdings „von Rumänien” genannt haben möchten), Schloss Peleș, und eben die „Bauten aus der Kaiserzeit” in Herkulesbad, gemeint ist die Zeit Kaiser Franz Josephs I. Schon im Gedenken an Doderer fanden die jungen Architekten, dass etwas getan werden müsse zur Rettung des architektonischen Erbes aus österreichischer Kaiserzeit. 

Ihre bisherige Bilanz: „Wir haben an zwölf Stellen eingreifen müssen, vor allem konzentriert auf dem Dach des Kaiserbads. Wir haben aus dem Gebäude 220 Kubikmeter Schutt, Müll und Dreck entfernt – das waren rund 70 Kleinlastwagen. Wir haben den Majolika-Brunnen in der Empfangshalle gesichert. Wir haben alle unübersichtlichen Zugänge zur Immobilie blockiert. Wir haben zwei Abschnitte des Dachgestühls erneuert und vier Decken renoviert. Die Außenterrassen sind gesäubert worden. Wir haben sämtlichen Wildwuchs im, auf dem und rund ums Gebäude entfernt. Wir haben Stukkaturelemente der Außenwände entfernt und konserviert, sofern sie vom Herabstürzen bedroht schienen und eine potenzielle Gefahr für Passanten bedeuteten. Sie lagern nun unterm Dach im Gebäudeinneren. Was rundherum bereits herabgestürzt war, haben wir sorgfältig aufgesammelt und auf Paletten unterm Dach abgestellt. Wir sind uns bewusst, dass all diese Arbeiten reversibel sind und zeitlich begrenzte Folgen haben – dass also etwas Entscheidendes getan werden muss. Unsere Rettungsarbeiten sind eine Notrettung. Wir haben aber zumindest das weitere Eindringen und Einsickern von Wasser vorläufig gestoppt, haben hoffentlich weiteren Einstürzen vorgebeugt. Was wir nicht tun konnten: den Schaden, der von Menschenhand angerichtet wurde, beheben: Diebstähle, Zertrümmerung von Ornamentik, das Zerkratzen und Monogrammieren des Wandschmucks und der Wandbemalung...”