„Das Herz von UNICEF schlägt in den Länderbüros“

Interview mit dem UNICEF-Deputy Representative für Rumänien Gabriel Vockel

Gabriel Vockel 2017 in einem Camp für Binnenflüchtinge in Kikwit, Demokratische Republik Kongo
Foto: UNICEF

Ein Blue Dot in Kronstadt
Foto: UNICEF / Alex Nicodim

Mehrere Kinder spielen in einem Blue Dot. Diese Hubs stehen auch rumänischen Kindern und Familien offen.
Foto: UNICEF / Alex Nicodim

Auch mit Videospielen können sich die Kinder in den Anlaufstellen beschäftigen.
Foto: UNICEF / Adrian Catu

Ein ukrainisches Mädchen spielt im Kronstädter Blue Dot.
Foto: UNICEF / Alex Nicodim

Buhu{i 2019: Der damals 12-jährige Leonard leidet unter spastischer Parese und Hydrocephalis. Durch das Minimum Package of Services bekommt seine Familie finanzielle Unterstützung, außerdem wird ihm Hausunterricht angeboten.
Foto: UNICEF/Adrian Holerga

Gabriel Vockel ist der stellvertretende Landeschef von UNICEF für Rumänien. Der ausgebildete Volljurist begann seine Laufbahn bei den UN schon während des Studiums. 2002 absolvierte er ein Praktikum beim UNICEF Standort in Gambia, im gleichen Jahr war er im Alter von 23 Jahren mit den UN beim Kriegsverbrechertribunal von Ruanda in Tansania. Es folgten weitere Praktika im UNICEF Länderbüro von Indien und im UNOffice on Drugs and Crime in Kairo. Nach Ende seiner juristischen Ausbildung fand er seine erste UN-Stelle als ziviler Mitarbeiter auf einer UN-Friedensmission mit der Hauptaufgabe, die Menschenrechtslage in Gefängnissen und Polizeistationen zu beobachten. Nachdem er einer ähnlichen Arbeit in Burundi nachging, wechselte er 2010 ins UN-Hauptquartier nach New York, wo er für das UN-Development Program als beigeordneter Sachverständiger arbeitete. Anderthalb Jahre später folgte der Wechsel zu UNICEF in den Bereich Kinderschutz. Nach anderthalb Jahren im UNICEF Hauptquartier wechselte er ins Länderbüro von Kirgistan. Nach einem weiteren Wechsel in die DR Kongo, wo UNICEF eines seiner größten Länderbüros mit knapp 500 Mitarbeitern betreibt, trat er vor viereinhalb Jahren seine Stelle in Rumänien an. Das Interview führte ADZ-Praktikant Viktor Miehe.

Herr Vockel, was sollte man für die Arbeit bei UNICEF mitbringen?

Ja, gute Frage! Ich glaube, Neugier, Flexibilität und Offenheit, denn für mich ist immer wichtig zu unterstreichen, es gibt ein Headquarter in New York, aber das Herz von UNICEF schlägt in den Länderbüros, also man kann jetzt nicht einfach davon träumen, dass man in New York arbeitet, in einer coolen Stadt, man muss eben immer wieder bereit sein, in neue Länder zu gehen.
 Es ist wichtig, dass man in die Länder schaut, in die Kulturen, damit man einiges mitnehmen kann zur nächsten Mission. Zum Beispiel habe ich vieles gelernt im Kongo, im Bereich Katastrophenschutz, Vorbereitung, Koordination und dann kann man sagen: Na gut, das kann man so gut nicht in Rumänien benutzen, aber auf einmal, ohne dass jemand damit gerechnet hat, gibt es den Krieg mit der Ukraine, und man kennt dann gewisse Dinge, man weiß, wie die Koordination läuft, man kann gewisse Dinge einschätzen und man weiß, wie es abläuft.

In puncto Offenheit ist eben zu sagen, dass die Teams bei UNICEF immer sehr gemischt sind, also verschiedene Disziplinen und auch Menschen aus verschiedenen Kulturen, die auch anders arbeiten als man selber, und da muss man schon diese Offenheit haben, um ein guter Teamplayer zu sein.

Zum Thema Hintergrund, also „was muss ich studieren damit ich mal bei UNICEF landen kann“: Da gibt es nicht das eine Rezept. Ich glaube, bei UNICEF werden alle Berufsfelder gebraucht.

Was war in den ersten Jahren bei UNICEF eine Herausforderung, oder ist vielleicht heute noch eine?

Ich hab immer das Gefühl gehabt, dass ich in all den Missionen sehr viel lernen konnte, und das fand ich super. Die Herausforderung ist, dass man eben alle paar Jahre sich auf ein neues Land, ein neues Team, ein neues Programm und eine neue Kultur einlassen muss. Und das ist eine Herausforderung, aber das ist eben auch die Chance, alle paar Jahre unglaublich viel zu lernen. Und natürlich macht es Arbeit, alle vier Jahre umzuziehen zwischen verschiedenen Kontinenten. Eine He-rausforderung ist natürlich auch für viele Menschen, unter solchen Umständen eine Familie zu haben.

Ich glaube ich kann mich da glücklich schätzen, ich bin seit zehn Jahren verheiratet mit meiner Frau aus Burundi, wir haben zwei Kinder und das klappt super, weil ich glaube, dass meine Frau und ich beide offen sind und neugierig und sagen, wir machen das gerne, das Immer-wieder-Umziehen. Also ich finde das super,  es ist Herausforderung, aber es ist auch Reiz, es ist beides.

Welche Aufgaben sind es konkret, die UNICEF hier in Rumänien erfüllt?

Unser Hauptfokus besteht darin, dass wir den rumänischen Staat stärken, damit er besser die Rechte aller Kinder verwirklichen und schützen kann.

Und konkret geht es um die drei großen Bereiche Gesundheit, Bildung und Kinderschutz. Wie in anderen Ländern auch gibt es Nachholbedarf, und Rumänien ist eben geprägt von Ungleichheiten. Das heißt also, manche Kinder und Familien haben wesentlich schlechtere Chancen gesund, gut ausgebildet, gut geschützt zu sein. Das versuchen wir eben, positiv zu beeinflussen.

Ich könnte vielleicht noch eins dazusetzen, neben Lobbyarbeit geht es oft um technische Beratung. Es geht bei der Lobbyarbeit darum, gewisse Dinge aufzuzeigen, der Regierung auf nationaler Ebene, auf Landeskreis-Ebene. Also, wir sagen: „Wir als UNICEF finden, das und das muss passieren“. Aber eben auch technische Unterstützung, wir haben in den letzten Jahren ein Modellprogramm erfolgreich aufgezogen, um lokale Lösungen aufzuzeigen, und dieses Modell wird jetzt auf nationales Niveau heraufgehoben. Konkrete Ergebnisse sind dann zum Beispiel, dass durch das Programm effektiv Armut verringert wurde, deutlich weniger Kinder haben die Schule frühzeitig verlassen und viel mehr Kinder hatten Zugang zur lokalen ärztlichen Versorgung, vor allem über Hausärzte.

Das Ganze wurde dann evaluiert, dann gab es Lobbyarbeit und dann wurde ein nationales Gesetz festgelegt, dass dieses Programm in ganz Rumänien eingeführt werden soll.  Auf Englisch nennen wir das Programm „Minimum Package of Services“. (Anm. d. Red.: Bei dem Programm gehen ein Sozialarbeiter, eine Gemeindeassistentin  und jemand von der Schule von Tür zu Tür, um die Bedürfnisse der verschiedenen Haushalte zu registrieren. Diese werden dann in einem Onlineportal vermerkt, wodurch schnellere Beratung ermöglicht wird. Für die Ausweitung auf nationale Ebene wird damit gerechnet, dass das Programm pro Kind jährlich 100 Euro kosten wird.)

Was tut UNICEF jetzt zusätzlich seit Ausbruch des Ukraine-Krieges? Da ist ja eine große Aufgabe dazugekommen.

Seit Beginn der Flüchtlingskrise geht’s sehr speziell darum, wieder den Staat dabei zu unterstützen, die Bedürfnisse der Flüchtlinge aus der Ukraine zu decken. Beispielsweise ging es da-rum, Kinder, die von ihren Familien getrennt wurden, mit dieser wieder zusammenzuführen. Es ging auch darum, Kinder, die allein über die Grenze kommen, adäquat im rumänischen Kinderschutzsystem unterzubringen.

Dann Gewaltprävention. Prävention von Gewalt und Ausbeutung und Menschenhandel, da eben die große Mehrheit der Flüchtlinge aus Müttern und Kindern besteht. Somit haben wir jetzt eben auch hier in Rumänien ganz stark Hand angelegt, auch lokal, an den verschiedenen Grenzübergängen und auch den größeren Städten, wo jetzt auch Flüchtlinge durch gehen oder bleiben.
Ein spannender Bereich sind unsere  „Blue Dots“, das sind sogenannte „Familien- und Kinder-Support-Hubs“, wo es darum geht, dass Kinder registriert werden, um dann zu sehen, wie sind die Ströme, wer geht wohin?


Wir haben verschiedene, mittlerweile zwölf. Ich kann vielleicht ganz kurz sagen, diese Blue Dots gab es erst an Grenzübergängen, weil da die Menschen ankommen, und da gab es, eben gerade in den ersten Wochen, das größte Bedürfnis, Menschen zu registrieren und Schutz zu gewährleisten. Aber dann gibt es natürlich jetzt eine steigende Anzahl von Flüchtlingen, die sich dazu entscheiden müssen, dass sie eine Zeit lang hier bleiben müssen, deswegen gibt es diese Blue Dots jetzt zum Beispiel in Bra{ov, in Bukarest, in Konstanza. Da ist dann die Idee, dass eben nicht nur Flüchtlinge versorgt werden, sondern dass die Angebote für alle Kinder bereit stehen, und wir haben das schon erlebt, dass auch rumänische Kinder hinkommen.

Das passiert auch in den Schulen, wo ukrainische Kinder einen Platz finden: Es ist natürlich wichtig, dass Flüchtlinge sich willkommen fühlen, dass sie die Sprache lernen können, dass sie dann natürlich auch mit rumänischen Kindern spielen können. Aber es ist auch wichtig, dass dann nicht lokale Familien sagen – Moment, wir sind doch auch arm, wieso bekommen nur die Leute aus der Ukraine da Unterstützung? Insofern wollen wir, dass für alle, die Hilfe brauchen, auch Hilfe angeboten wird. Das hilft dann eben der Social Cohesion.

Wann begann die Arbeit mit ukrainischen Flüchtlingskindern in Rumänien?

Am ersten Tag nach Kriegsbeginn, sofort.

Es gibt ja einige Helfer hier in Rumänien, viele Freiwillige, ich habe auch gehört, dass innerhalb von UNICEF aufgestockt wurde. Von wo kommen denn die Helfer?

Intern sind wir von  35 Leuten vor der Krise auf jetzt 90 gewachsen. Unter diesen 90 gibt es acht internationale und 90 Prozent rumänische Arbeiter, die wir hier lokal finden und einstellen, denn um den Staat zu stärken, ist es eben wichtig, dass man das Land kennt, die Sprache und das System.

Wir arbeiten als UNICEF sehr eng mit der Regierung zusammen, national, auf Kreisebene und auch lokal, aber wir arbeiten auch sehr viel mit NGOs zusammen, das heißt wir sagen z.B.: Das rote Kreuz kann gewisse Dinge verteilen und wir haben jetzt nicht die Kapazitäten, das zu machen, wir haben die Gelder, wir wissen von der Regierung, das hier wird gebraucht und wir geben dann eine gewisse Summe ans Rote Kreuz und machen einen Arbeitsplan, und die setzen den um. So sehen eben Kooperationen mit NGOs aus.

Wir arbeiten mit minde-stens 20 lokalen und internationalen NGOs, um gemeinsam so viele Menschen wie möglich zu erreichen mit unseren Programmen, d.h. wir haben das Geld und wir teilen das mit den NGOs, damit wir gemeinsam mehr erreichen können, das ist unser „Businessmodell“, sozusagen. Wenn jetzt bspw. im Norden des Landes was ist, dann könnten wir hinfliegen, mit lokalen Mitarbeitern, und die machen das. Wenn wir aber fünf NGOs finden, in fünf Gebieten, im Norden, im Osten, im Westen, im Süden, im Zentrum, dann können die das alles für uns machen und wir erreichen fünfmal so viele Menschen, und das ist ja auch gut für alle.

Die lokalen Organisationen haben es oft sehr viel schwerer, Finanzmittel zu akquirieren und insofern helfen wir den lokalen Organisationen, das zu tun, was sie gut können. Weil sie eben auch lokal verankert sind – die kennen dann den Bürgermeister und die lokale Polizei, den Grenzschutz, soziale Mitarbeiter – ist es so einfach viel besser, das ist die effektivste Form der Zusammenarbeit.

Wie, würden Sie sagen, unterscheidet sich dieses Projekt mit den Flüchtlingen aus der Ukraine von anderen Projekten?

Also es geht eben normalerweise in Rumänien um die systematische Stärkung von Strukturen. Und in der Flüchtlingskrise ging es in den ersten Monaten um sehr konkreten Katastrophenschutz und das Finden von schnellen, lokalen Lösungen. Mittelfristig geht es wieder darum, dass man diese beiden Blickwinkel miteinander verbindet. Das heißt, diese beiden Lösungen sollten dann in die existierenden Strukturen übernommen werden, damit Feuerwehr, Ärzte, Polizei, soziale Mitarbeiter, im Prinzip alle Akteure, besser gewappnet sind für mögliche zukünftige Ereignisse.

Man kann sich auch vorstellen: wenn man eine kleine Krise gut meistert und daraus Lehren schließt, dann kann man sich vorbereiten auf neue, zukünftige Krisen.

Wir hatten ja schon Schwierigkeiten angesprochen: Was, würden Sie sagen, ist dabei derzeit die größte Herausforderung für UNICEF?

Also ich glaube, das Wichtigste ist, dass Lösungen gefunden werden, die systematisch funktionieren. Im Kongo ist es z.B. manchmal erforderlich, wenn es Bürgerkrieg gibt, Flüchtlingslager zu bauen. Jetzt sind wir hier in der EU, da geht es eben nicht um das Bauen eines neuen Systems, sondern darum, das System, das es hier gibt, zu stärken.

Es geht also darum, dass die staatlichen Angebote für alle Menschen effektiv funktionieren. Das heißt, wenn Kinder medizinisch versorgt werden sollen, wäre es jetzt ja nicht zielführend, 5000 medizinische Kräfte ins Land zu holen, die dann das für den rumänischen Staat übernehmen und diesen dann ersetzen.

Sondern es geht darum ihn zu stärken, es geht ums Impfen, es geht um Kinderschutz, es geht um solche Dinge, und da muss man eben das bestehende System stärken. Das braucht eben Zeit, und insofern gibt es immer diese Reibung, Geschwindigkeit und Qualität.

Und was dann noch spannend ist, ist die Frage: Wie kann man die Flüchtlingskinder und Familien am besten lokal einbinden? Das ist so die größte Herausforderung vielleicht. Für die Kinder vor allem Schule, für Mütter oft Betreuung der Kinder, Finden einer Arbeit und das Finden von Lösungen, wie sich die Flüchtlinge selbst helfen können.

Beispiel: Wenn jemand traumatisiert ist und einen guten Psychologen braucht, dann ist das schwierig auf Rumänisch. Es gibt Psychologen, Ärzte, Lehrer, Sozialarbeiter aus der Ukraine, die sind jetzt Flüchtlinge, die sind jetzt hier.  Dass man es eben schaffen kann, dass der rumänische Staat diese Menschen einstellt, damit der Psychologe, der jetzt Flüchtling ist, die anderen Flüchtlinge unterstützen kann. Das ist schwierig, wenn man sagt, der ist ukrainischer Psychologe oder Arzt, kann man denn in Rumänien das Diplom von dem anerkennen? Und da helfen wir dann mit technischem Dialog zwischen Rumänien, der EU und all diesen Dingen.

Sehen Sie irgendwo Verbesserungsbedarf beim UNICEF-Projekt in Rumänien?

Wir sind noch dabei zu wachsen, und es ist schwierig, vor Ort Spezialisten zu finden, weil eben viele der gut ausgebildeten Leute das Land verlassen haben. Für gute Arbeit braucht man gute Leute, und es ist nicht so leicht, die zu finden, das ist eine Sache.

Vielleicht, was wir eben verstärkt noch machen wollen, ist der Austausch mit anderen Ländern, wie Moldawien, Ungarn, Bulgarien, damit Probleme, die über Grenzen hinweg gehen, transnationale Antworten finden können.

In welchen Ländern unterstützt UNICEF denn noch Flüchtlinge aus der Ukraine?

In allen Ländern, die um die Ukraine herum liegen. Also in allen Anrainerstaaten.

Auch in Russland?

In Russland haben wir nur ein Verbindungsbüro, in Moskau. Und insofern ist das kein volles Programm wie sonst überall, in Belarus, in Polen, in der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Moldawien. Hier (zeigt auf der Karte auf Russland) ad hoc ist die Arbeit schwierig, aber ansonsten funktioniert sie überall.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem rumänischen Staat? Also fördert denn Rumänien auch die Unterstützung durch UNICEF?

Ja, super! Also sehr eng, vertrauensvoll, offen. Und wir haben eine über 30 Jahre lange Partnerschaft, das Büro besteht seit dem Ende des Kommunismus und wir haben mit allen Regierungen bisher immer sehr gut zusammengearbeitet.

Ich bin überzeugt, dass UNICEF als neutraler und unabhängiger Partner in Rumänien anerkannt ist. Und als Stimme für Kinderrechte.

Man hat ja am Anfang gesehen, dass die Hilfsbereitschaft der Leute sehr groß war, viele sind an die Grenze gefahren, um zu helfen. Würden Sie sagen, dass die Hilfsbereitschaft seit Beginn des Krieges abgenommen hat, oder ist sie konstant geblieben?

Man kann erst mal sagen, die Hilfsbereitschaft und Solidarität mit den Flüchtlingen war überwältigend, herausragend. Viele Menschen haben Zeit, Geld und Sachgegenstände gegeben. Und ich glaube, dass es immer noch eine große Bereitschaft gibt.  Aber teilweise haben die Leute beispielsweise Urlaub dafür genommen, auch über Wochen. Irgendwann ist der Urlaub eben aufgebraucht. Insofern kann man das auch nicht erwarten, dass es jetzt für Jahre oder Monate so weiter geht.

Bislang gibt es, würde ich sagen, immer noch eine ganz tolle Hilfsbereitschaft. Klar kann man sagen, das hat abgenommen, aber das ist auch irgendwie normal und die Hilfsbereitschaft ist immer noch sehr hoch, das ist schon super. Was ich auch finde, auch auf der Seite der lokalen staatlichen Bediensteten, z.B. Sozialarbeiter: Die machen massig Überstunden und sind weiterhin sehr motiviert und engagiert, und das ist echt schön zu sehen.

Die Vereinten Nationen hatten ja die UN-Kinderrechtskonvention herausgebracht, die hatte ja auch Russland unterschrieben und ratifiziert. Es ist natürlich immer schwierig, von außen in die Ukraine reinzugucken, was da passiert, aber gibt es denn schon konkrete Verstöße, also von russischer Seite, von denen man ausgehen kann?

Wir haben in der Ukraine auch ein großes UNICEF- Programm, das auch gerade gestärkt wird, und wo auch mehr Mitarbeiter reinkommen. Und dort, wo UNICEF eben ein klares Mandat hat, gibt es den „Monitoring and Reporting Mechanism“, den Mechanismus des UN-Sicherheitsrates, der UNICEF das Mandat gibt, die schwersten Verstöße gegen Kinderrechte zu dokumentieren.

Beispielsweise das Töten und Verstümmeln von Kindern, Angriffe gegen Schulen und medizinische Einrichtungen. Und diese Arbeit wird in der Ukraine jeden Tag gemacht und die Ergebnisse werden dann auch mit dem UN-Sicherheitsrat in New York geteilt. Natürlich ist der Endgedanke dabei, dass der UN-Sicherheitsrat diese Verstöße auch ahnden kann.

Darunter fällt auch die Bombardierung von Städten, weil dabei auch Schulen getroffen und Kinder getötet werden?

Genau, wenn sowas verifiziert wird als Verstoß, und es gibt genug Belege und Beweise dafür, dann würde das darunter gezählt werden.

Vielen Dank für das Interview!