Der Unterschlagungstrick mit der Null

Enthüllungs-Pressekonferenz des Kreisratspräsidenten von Karasch-Severin

Schwerwiegende, das Eingreifen der Staatsanwaltschaft erfordernde Vorwürfe gegen die anlässlich der Wahlen von 27. September abgelöste Führung des Kreisrats und gegen die Leitung der ihr untergeordneten Kreisdirektion für Straßen- und Brückenbau brachte Kreisratspräsident Romeo Dunca (PNL) auf seiner jüngsten Pressekonferenz hervor. Er stehe unter Schock, nachdem er dieser Tage jüngst durchgeführte Straßenbauarbeiten an Kreisstraßen in seiner Anwesenheit von Fachleuten begutachten ließ. Ohne jede diplomatische Verschleierung sprach er von „furt“ („Diebstahl“) und „hoție“ („Räuberei“), und dass er diese Art des „vandalischen Umgangs mit den öffentlichen Geldern“ der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis bringen wird – wenn diese aufgrund seiner jetzigen Pressekonferenz nicht von sich aus aktiv werde –, verbunden mit der Hoffnung, dass darauf die Strafverfolgung der Schuldigen gestartet werde.
Dunca versicherte, dass seine Überprüfung der Straßenbauarbeiten absolut zufällig mit der DJ 581 (Reschitza-Lupak, Dunca nannte nur deren Zifferncode) begonnen habe, welche die letzte Straße war, die vom abgewählten Kreisrat und dessen Vorständen finanziert wurde, es sich um 500.000 Lei gehandelt hat, was bei der beschränkten Menge an Haushaltsgeld, das dem Kreisrat Karasch-Severin in einem Jahr zur Verfügung steht, durchaus nicht wenig ist.

Dunca: „Ich hätte nie erwartet, dass die Praktiken und die Art des Ausgebens öffentlicher Gelder hier in der Verwaltung in einer solchen Manier abläuft. Natürlich wusste ich, wie wohl jeder Normalbürger dieses Landes, dass der Umgang mit öffentlichen Geldern diverse Versuchungen in sich birgt, auf der gesamten Verteilungslinie: Auswahl der Arbeiten, Ausschreibungen, Zuschlag, Vertragsabschluss, Durchführung und Abnahme der fertigen Arbeit, überall kann etwas ,kleben‘ bleiben an den Händen, die beruflich damit direkt zu tun haben. Aber die barbarische Weise, in der das hier abgewickelt wurde, das hat mich entsetzt.“

Der Vorgang, den Dunca schilderte, geht von einem Dringlichkeitsantrag aus: Man brauche 50.000 Lei, schrieb die Behörde für Straßen- und Brückenbau Karasch-Severin an die ihr übergeordnete Behörde, den Kreisrat, um einen Schaden als Folge eines Unwetters an der Kreisstraße DJ 581 zu beheben. Eine Kommission der Präfektur soll sich den Schaden angeschaut haben, weil in solchen Fällen – Unwetter mit Schadensfolgen, also Naturkatastrophen – die Behebungskosten beim Staat (aus dem „Reservefonds der Regierung“) abgerechnet werden können und die Präfektur dazu den Vorschlag macht.

Die Chefs der Straßen- und Brückenbaudirektion schrieben also einen Finanzierungsantrag an den Kreisrat, in welchem den bereits angeforderten und von der Präfektur aufgrund des Berichts der Überprüfungskommission genehmigten 50.000 Lei eine Null angehängt wurde: 500.000 Lei sollte die Reparatur nun kosten. Der Kreisrat genehmigte die Summe, der Kreisratsvorsitzende, Silviu Hurduzeu (PSD), unterschrieb die Geldzuweisung, die auch umgehend getätigt wurde. Ausschreibungen sind in solchen Dringlichkeitsfällen nicht üblich (und auch nicht unbedingt Pflicht).

Die Arbeit wurde aber (noch) nicht ausgeführt. Die Abnahmekommission der „fertigen“ Straßenreparatur wurde aber, zum vertragsmäßig festgelegten Fertigstellungstermin, an eine andere Reparaturstelle geführt, die ihr als die jüngst durchgeführte Arbeit vorgestellt wurde. Die Kommission unterschrieb und bestätigte damit, dass alles in Ordnung sei.
Heute (erst) sagen die, die ihre Unterschrift aufs Abnahmeprotokoll gesetzt hatten, sie seien irregeführt worden. Eine andere Firma führte schließlich, zu einem viel geringeren Preis, die Reparatur durch, rechnete aber größere Mengen Beton und Asphalt ab, als reell und wirklich nötig waren – also überhöht angesetzte Materialkosten.

Zuletzt wird ein Inspektor des Katastrophenschutzes ISU „Semenic“ an die Reparaturstelle geführt, wo nun, vordergründig, „alles“ in Ordnung ist. Der unterschreibt kommentarlos. In Wirklichkeit war der Inspektor nie dort, fand Kreisratspräses Dunca heraus. Doch die 500.000 Lei Gesamtkosten sind als „in Ordnung“ umgehend („instant“, sagte Dunca) abgerechnet worden.

Dunca ließ die Reparatur von Fachleuten nachprüfen. Das Ergebnis: Vor Ort fehlen Straßenbaumaterialien im Wert von etwa 150.000 Lei. Zwischen den Abrechnungspapieren und der Realität vor Ort klaffen also Unterschiede. Dunca: „Wir reden da ja von nicht gerade umwerfenden Summen, wie man sie oft in unseren Medien lesen kann. Aber die 150.000 Lei zusätzlich kassierte Materialkosten – ohne dass die Materialien konkret beschafft und verbaut worden wären – machen immerhin fast ein Drittel der Gesamtkosten dieser Reparaturarbeiten aus, so hoch sie durch die angehängte Null auch aufgebläht wurden. Die Tatsache, dass die Abnahmekommission an eine andere Straßenbaureparaturstelle geführt wurde, ist der beste Nachweis für die Vorsätzlichkeit des Vorgehens. Wir haben es mit sehr intelligenten Dieben zu tun. Aber sie könnten nie auf diese Weise umgehen mit den Staatsgeldern, wenn sie keinen „gestärkten Rücken“ hätten, wenn nicht jemand im Hintergrund für Ruhe sorgt. Und das können nur diejenigen sein, die die Chefs der Straßenbaudirektion eingesetzt und diese fürsorglich bei ihren Diebereien gedeckt haben, oder gar diese in ihr eigenes Werkzeug für Gesetzlosigkeiten umgewandelt haben. Was hier vorgefallen ist, übertrifft alles, was ich mir bisher in dieser Richtung so vorstellen konnte.“

Dunca wiederholte seine Versicherung, entschlossen zu sein, für „Sauberkeit“ im Kreisrat zu sorgen und dabei jedwelche Parteizugehörigkeit zu ignorieren: „Einer von denen, die das erste Fertigstellungsprotokoll unterzeichnet haben, die die Abnahmekommission in die Irre geführt haben, ist Mitglied der PNL. Das interessiert mich aber nicht. Wer mit öffentlichem Geld Schindluder treibt, muss zur Rechenschaft gezogen werden. Der muss die Verantwortung übernehmen für das, was er tut, wie jeder andere Bürger dieses Landes auch. Auch, dass vier Monate lang die Verantwortlichen im Kreisrat keinerlei Kontrollen bei der Straßenbaubehörde durchgeführt haben, interpretiere ich als Stillhalten, als Gras-Drüber-Wachsen-Lassen. Oder einfacher: Als stillschweigende Deckung, um dem zeckengleichen Aussaugen öffentlicher Gelder (Dunca verwendete den im rumänischen Sprachgebrauch der Gegenwart dafür gängigen Begriff „căpușare“) Vorschub zu leisten. Ich übernehme die volle Verantwortung für das, was ich da öffentlich mache. Anders haben wir keine Chance, die Dinge zu verändern. Die Geschwüre in der öffentlichen Verwaltung müssen beseitigt werden.“

In den kommenden Wochen sollen unter Duncas Aufsicht alle Direktvergaben von Aufträgen, die der Kreisrat in den letzten Jahren tätigte, überprüft werden. Womöglich gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft.