„Die Aufgabe der Kinder ist es, gesegnet zu werden“

Vierter „Runder Tisch zum Schutz von Minderjährigen vor Missbrauch“

Dass die Kinder der Generation Z, die sogenannten „digital Natives“, in der Online-Welt zu Hause sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Digitale Kompetenzen sind das Alpha und Omega unserer Zeit. Digitale Geräte, mit und ohne Touchscreen, soziale Medien, Chat-Programme, Cracks usw. sind für diese genau so normal wie sie in vielen Fällen für ihre Eltern fremd sind. Doch ist längst nicht alles im Netz nur „Friede, Freude, Eierkuchen“: „Das, was wir Internet nennen, stellt eigentlich nicht mehr als die oberen zehn Prozent einer Pyramide dar, die Spitze; darunter befindet sich das sogenannte Deep Web, welches den größten Teil ausmacht, und weiter unten das Dark Web“, erklärte Dr. Marius George }inca vergangenen Freitag in der Evangelischen Akademie Siebenbürgen in Hermannstadt/Sibiu. Dabei dürfen und sollen die Gefahren, denen die Kinder im World Wide Web ausgesetzt sind, nicht ignoriert oder kleingeredet werden.

„Die Aufgabe der Kinder ist es, gesegnet zu werden. Segnen heißt mehr als die Handauflegung, es bedeutet auch lieben, lehren und schützen“, erläuterte Reinhart Guib, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, ausgehend vom zehnten Kapitel des Römerbriefs, bei der Eröffnung des vierten „Runden Tisches zum Schutz von Minderjährigen vor Missbrauch“.
Der Runde Tisch 2016 wurde von Erika Klemm, Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche, ins Leben gerufen. Die ersten Runden Tische setzten sich mit der Problematik der Migranten in Rumänien auseinander und vereinten um den gleichen Tisch christlich motivierte Einrichtungen in Rumänien, welche die Arbeit mit Migranten im Fokus hatten. Ziel war die Vernetzung derselben, aber auch, diesen Einrichtungen eine gemeinsame Stimme zu verleihen.

Seit 2020 beschäftigt sich der Runde Tisch hauptsächlich mit dem schwierigen Problem des Menschenhandels, da Rumänien sich in diesem Bereich zusammen mit Bulgarien auf europäischer Ebene die unrühmlichen ersten Plätze teilt. Im Allgemeinen wird Menschenhandel mit Zwangsprostitution in Verbindung gebracht, doch reicht das Spektrum von Kinderhandel bis hin zum Handel mit Arbeitskräften.

Der vierte Runde Tisch, welcher im Tagungs- und Konferenzhaus „Hans Bernd von Haeften“ am 23. September 2022 stattfand, beschäftigte sich in erster Linie mit der Sicherheit im Internet und dem Schutz von Minderjährigen. Zu den Teilnehmern gehörten Vertreter staatlicher Einrichtungen aus drei Verwaltungskreisen (Sibiu, Hunedoara und Alba), sowie Entsandte und Fachleute der wichtigsten Kirchen Rumäniens. Insgesamt 45 Zuhörer fanden sich im Festsaal der Evangelischen Akademie Siebenbürgen in Neppendorf zusammen.

Zufällig war das gewählte Datum auch ein symbolisches für das Thema: Der 23. September markiert jedes Jahres den Internationalen Tag zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und des Handels von Frauen und Kindern.

Der Hauptreferent Dr. Marius George }inca ist Fachmann für Cybersecurity, was er auch an der Babe{-Bolyai-Universität in Klausenburg/Cluj-Napoca unterrichtet. Er führte die anwesenden Zuhörer durch die Vielfalt von Gefahren, die das Internet für Kinder unsicher machen. Dr. }inca meint, dass die Internetsicherheit einer der zukünftigen Pfeiler in der Bekämpfung des Menschenhandels sein wird. Zugleich wies der Referent darauf hin, dass „Sextortion“ (Erpressung mittels der Drohung von Veröffentlichung kompromittierender Bilder) eine neue und sich immer stärker verbreitende Online-Bedrohung darstellt, wobei diese als Cyber-Crime einzustufen sei und es sich dabei um eine neue Form des sexuellen Missbrauchs handle. Als problematisch betonte Dr. Marius George }inca die große Diskrepanz zwischen den offiziellen Verbrecherquoten in diesem Bereich und den Dunkelziffern, die leider katastrophal sind. Die Veranstaltungen des „Runden Tisches zum Schutz von Minderjährigen vor Missbrauch“ sind ein Projekt der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, der Arca Binecuvânt²rii und der Evangelischen Akademie Siebenbürgen und werden von Hoffnung für Osteuropa gefördert.

Wie brennend die Thematik ist und auf was für ein großes Interesse die Ausführungen des Referenten gestoßen sind, merkte man auch an der Tatsache, dass die für den zweiten Teil geplanten drei Arbeitsgruppen in eine einzige zusammengelegt wurden, um dadurch mehr Raum für den Dialog zwischen Referent und Publikum zu schaffen.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde ein weiteres konkretes Produkt vorgestellt: Es handelt sich dabei um das Arbeitsbuch: „Ajutor pentru ap²rare“ (Hilfe zur Verteidigung). Dieses wurde in etwa eineinhalb Jahren in fünf Arbeitsgruppen von 25 Experten entwickelt und ist eine praktische Handreichung für Lehrkräfte. Dabei handelt es sich um Unterrichtsmaterialien, welche sich mit Menschenhandel und den dazugehö-renden Gefahren beschäftigen. Die insgesamt sieben Hefte sprechen altersgerecht Kinder und Jugendliche vom Kindergartenalter bis hin zur zwölften Klasse an. Sie sind zur Zeit in Druckfassung vorhanden, in Kürze soll auch die Online-Fassung freigeschaltet werden. 


Die Veranstaltungen des „Runden Tisches zum Schutz von Minderjährigen vor Missbrauch“ sind ein Projekt der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, der Arca Binecuvânt²rii und der Evangelischen Akademie Siebenbürgen und werden von Hoffnung für Osteuropa gefördert.