Die Giftsaat der Illiberalität geht auf

Im Banater Bergland gab es am vergangenen Wochenende mächtig Enttäuschung in der Clique der Regierungspartei PNL, weil keiner der beiden Kandidaten für den Parteivorsitz, weder der amtierende Parteichef und Präsident der Abgeordnetenkammer Ludovic Orban, noch der Senator und Regierungschef Florin Cîțu sich Zeit genommen hatten, an der Kreiskonferenz in Reschitza teilzunehmen und eine Art „zweite Garnitur“ von EU- und Parlamentsabgeordneten sowie den eh nicht sehr hoch angesehenen Kreischef von Temesch, Alin Nica, nach Reschitza delegiert hatten.

Orban und Cî]u geht´s knallhart um den Wahlsieg im Oktober. Der Erstgenannte hatte bereits die Zusage der Wählerstimmen der Karasch-Severiner PNL-Führung, während Cîțu das Banater Bergland in der Folge wohl als für ihn verloren ansehen musste… Ergo zeigten sich beide in Großwardein, wo noch nicht so eindeutig Stellung bezogen war.

Eigentlich sollten die ehrlichen unter den PNL-Gefolgsleuten des Banater Berglands darüber froh sein, Orban nicht Gelegenheit zu weiteren katastrophalen Aussagen geboten zu haben, wie er sie wahlkämpferisch (??!!) kurz vorher in der Moldau gemacht hatte, nationalismusstrotzend, rechtsextrem sowie die Regierungspartner von der (nennen wir sie, unter Schluckauf, „bürgerlichen“) USR-PLUS beleidigend, indem er ihre Bodenständigkeit einfach unter Zweifel stellte („als wären die nicht hier geboren“). Klar, auf welche der PNL-Mitglieder die Honigspritze gerichtet war, denn nicht umsonst brüstet sich Ludovic Orban dauernd, hinter ihm stünden „die Senioren der Partei, die bisher alle PNL-Wahlkämpfe entschieden haben“. Aber es steht außer Zweifel, dass für deren An-der-Stange-Halten unzählige andere oratorische Überzeugungsmittel verfügbar gewesen wären, statt des nationalistischen Primitivismus, den man von Orban so nicht kannte. Oder ist das der wahre Orban? Hoffen wir, dass es nie zu einer realen Probe aufs Exempel ankommt!

Die andere hässliche Seite des amtierenden PNL-Chefs ist eine dick aufgetragene Orthodoxiehörigkeit – im selben Angriff auf die Regierungspartner: „Sie sind nicht gesehen worden, dass sie auf die Bibel geschworen und dass sie sich bekreuzigt hätten“. Damit haben wir wieder mal die Quintessenz des rumänischen Faschismus, denn Orban setzte noch eins drauf: die älteste Partei Rumäniens, die PNL, sei eine christliche und traditionsgebundene Partei, „geboren aus den Urfasern des rumänischen Volkes“ – alle älteren Semester müssten da irritiert aufmerken: Das ist, auf den Ton genau, die nationalistische Aufbaupropaganda der Ceaușescu-Treuen, Protochronismus in Reinkultur! Sind PNL und RKP austauschbar geworden? Solche Aussagen erfordern klare Worte des Präsidenten zum amtierenden Chef jedweder Partei, um so mehr „seiner“…. 

Auch fällt auf, wie inhaltlich nah der ungezügelte Rumäne Ludovic Orban seinem ungarischen Namensgenossen Viktor Orbán zu kommen vermag… Zu verstehen war (der wirkliche?) Ludovic Orban so: Der „wahre Rumäne“ muss „christlich“ sein und das auch, möglichst plakativ, bei jeder Gelegenheit zeigen! 

An dieser Stelle wurde schon oftmals auf den immer ungenierter eingeschlagenen antieuropäischen Diskurs rumänischer Politiker aufmerksam gemacht. Id fecit cui prodest, würden die Römer sagen, was in diesem Fall allerdings auch ein sehr schiefes Licht aufs Wahlvolk wirft: Wer sind diejenigen, die solchen Politikern nutzen? Oder will Orban der AUR Wähler ausspannen? Ehren wird ihn eine derart „flexible“ Haltung auf keinen Fall.

Genauso besorgniserregend ist die Gleichmütigkeit, mit der solcherart „Ausrutscher“ eines Spitzenpolitikers von der Öffentlichkeit „ignoriert“ wurden. Soll es das Zeichen sein, dass die Saat der Illiberalität aufgeht?