Eine Hommage an die Wiedersehensfreude

Ausstellung zur 500-Jahrfeier der Schäßburger Bergschule

Auch Ariane Ambrosius findet sich auf den Bildern wieder.
Fotos: George Dumitriu

Alte Schultheater-Plakate

Professorenkollegium mit Ludwig Schuller, dem Vater der bekannten siebenbürgischen Malerin Betty Schuller

Weißt du noch, der strenge Mathelehrer – wie hieß der noch – Julius Ambrosius? Und kannst du dich an diesen oder jenen Schulball erinnern? Schau mal, das Plakat von unserer Aufführung „Hänsel und Gretel“! So ähnlich werden die Stimmen am Samstag durch die Ausstellungsräume hallen – freudig, erstaunt, manchmal auch etwas wehmütig.

Man wird sich selbst auf Fotos entdecken – und sich suchend umsehen nach alten Bekannten, mit denen man einst die Schulbank gedrückt, auf der Bühne gestanden, in der Blasmusikkapelle gespielt oder im Sommer bei der Weinlese oder Hopfenernte mitgeholfen hat – „Schülerpraktika im Kommunismus“, erinnert sich Frank Peter Ambrosius, der die Ausstellung konzipiert hat, schmunzelnd. Der Name ist kein Zufall: Sein Vater war der berüchtigte Mathematikprofessor, vor dem auch seine Frau Ariane einst erzitterte: „Es war schon besonders, als ich ihm später als Schwiegertochter vorgestellt wurde...“

Peter Ambrosius ist ein begeisterter Sammler – wie schon sein Vater. Die meisten Stücke der Foto- und Dokumentenausstellung „Die Bergschule als Mittelpunkt der Stadt“, die am 3. September im Haus mit dem Hirschgeweih auf dem Burgplatz in Schäßburg/Sighi{oara eröffnen soll, stammen aus dem Fundus der Familie. Andere, etwa die Plakate zu den Schulaufführungen, haben ehemalige Mitschüler ausgeliehen. Hinzu kommen Zeitungsausschnitte und Archivleihgaben.

Es fällt Peter Ambrosius nicht schwer, einige Highlights herauszusuchen: Den Briefumschlag von 1872, der aus Washington kam, adressiert nur mit „Gymnasium Schäßburg“. Man hatte ihn zuerst ratlos nach New York geschickt, und weil man dort auch nichts damit anzufangen wusste, weiter nach Wien. „Dort hat man dann gewusst, wo Schäßburg ist“, begeistert sich Ambrosius und fügt an, nur drei Wochen habe dieser Brief gebraucht. Der Inhalt ist nicht überliefert.

Noch sind die Ausstellungsräume fast leer. Erste Journalisten und Blogger sehen sich suchend um, stellen dem Ehepaar Ambrosius Fragen, knipsen. Auf dem Burgplatz tobt Ende August der letzte Tag des ProEtnica-Festivals. Am darauffolgenden Wochenende ist dann Kulissenwechsel angesagt: Dann wird es dort von ehemaligen Bergschülern und Professoren wimmeln, herbeigeeilt aus aller Herren Länder, zum 500. Jubiläum des berühmten Lyzeums, benannt nach dem Volkskundler, Pfarrer, Lehrer und späteren Direktor, Joseph Haltrich.

Im Vordergrund des Jubiläumsprogramms steht das freudige Wiedersehen, das Erinnern und die Gemeinsamkeit: „Es soll eher wie ein Schulball sein“, deswegen gibt es nicht viele offizielle Punkte, erklärt Ariane Ambrosius. Am Freitag trifft man sich zum Feiern in der Villa Franka, am Samstag zum Festgottesdienst in der Bergkirche, und neben dieser Hauptausstellung wird es wohl noch ein paar kleinere in den Klassenzimmern der Bergschule geben. Auch die Ende Mai zu den Deutschen Kulturtagen Schäßburgs eröffnete Ausstellung im Gewölbe unter dem Zeichensaal (siehe ADZ-Online vom 4. Juni: adz.ro/artikel/artikel/von-hirsekoernern-und-maulbeerbaeumen-deutsche-kulturtage-schaessburg-im-zeichen-der-bergschule-und-klosterkirche) wird noch zu sehen sein.

Von den Paneelen lächeln bezopfte Mädchen und Jungs in Schwarzweiß. Schuluniformen. „Mit Nummer dran, so war das üblich im Kommunismus“, erinnert sich Peter Ambrosius. Was zählt, ist das visuelle Element. „Wir wollten die Ausstellung nicht historisch überladen“, erklärt Ariane Ambrosius, das könne man ja alles in Büchern nachlesen. Erzählend geleiten uns die beiden von Foto zu Foto: Hier – Zaharia Boiu, der erste rumänische Schüler, später orthodoxer Pfarrer und Religionslehrer an der Bergschule, denn „vor 150 Jahren gab es auf dem evangelischen Gymnasium auch schon rumänisch-orthodoxe Schüler“. Boiu war „die rechte Hand“ von Andrei [aguna, dem Gründer des rumänischen Gymnasiums, er hat selbst eine der ersten Fibeln geschrieben... Dort – Ludwig Schuller, der die Fotografie aus Frankreich nach Schäßburg gebracht hat, auf einem Gruppenbild des Professorenkollegiums. „Er war der Vater der berühmten siebenbürgischen Malerin Betty Schuller, von ihr gibt es im Brukenthal-Museum riesige Bilder“, klärt Peter Ambrosius auf.

Geschichten und Anekdoten – und die Welt der vielen kleinen Rahmen in Schwarzweiß füllt sich mit Form und Farbe, Gerüchen und Geräuschen, als lebte man sie plötzlich mit, die kostbaren Momentaufnahmen: Lampenfieber, Schülerlachen, scheue Blicke, gestrenge Lehrer, stolzgeschwellte Eltern, Flüstern, erster Schülerball… Ach, schau mal – hier! Weißt du noch? Wie schön!