Elektrischer Nahverkehr bevorzugt

Reschitzaer wollen mittelfristig umsteigen auf Straßenbahnen oder Trolleybusse

Obwohl auf der rund 16 km langen Strecke der Straßenbahnlinie von Reschitza die Infrastruktur trotz Einstellung des Verkehrs vor 15 Jahren noch ziemlich intakt ist – wie hier, in der Nähe der evangelischen Kirche in der Reschitzaer Altstadt – wird die Einführung von Trolleybussen in Reschitza als die realistischere Option angesehen.
Foto: Zoltán Pázmány

Es ist bei Weitem nicht alltäglich, dass eine Stadt wie Reschitza, die bis zum heutigen Tag von der Wende schwer gezeichnet ist, plötzlich mit einer Perspektive von zwei-drei Dutzend Jahren zu planen beginnt. Und doch: Nach der Bürgerumfrage vom Jahresbeginn stellte sich der als Bürgermeister agierende Vizebürgermeister Ioan Crina den Medien in der Frage der Zukunft des Nahverkehrs in dieser Ortschaft in Tallage (also lang gezogene Besiedlungsstrukturen, große Entfernungen) und mit fünf Vororten, wo das Nahverkehrsproblem seit Menschengedenken nie zufriedenstellend gelöst wurde. An seiner Seite steht ein Beratungsteam aus Bukarest von Metroul SA, die zum Thema eine 300-Seiten-Studie ausgearbeitet hat und sich nach der Bevölkerungsbefragung einmal mehr in ihrer Schlussfolgerung bestätigt fühlt: Die Zukunft des Nahverkehrs von Reschitza liegt in elektrischen Transportmitteln.

Trolleybusse wären ideal für Reschitza

Ioan Crina, seit November 2015 Bürgermeisterstellvertreter, ist von Beruf Ingenieur. Und er legt Wert darauf, seinen Überlegungen Nachdruck zu verleihen, indem er auf sein Ingenieurwissen und -denken verweist. Die Mobilitätsstudie über die Zukunft der Stadt aus der Perspektive des Nahverkehrs hat er bereits vor zwei Jahren initiiert. In einem mittelfristigen Zeithorizont 2030 – mit der längerfristigen Perspektive 2050 – sieht auch er den Reschitzaer Nahverkehr auf elektrischen Antrieb umgestellt. „Aber nicht auf elektrisch betriebene Autobusse, weil deren Zukunft noch unklar ist, so lange sie sich allzu sehr auf der Ebene des Experimentellen bewegen und der Markt leider von aggressiven Angeboten aus China dominiert wird – die technisch noch sehr viel zu wünschen übrig lassen und störanfällig, wenn auch verhältnismäßig kostengünstig sind“, meinte er kategorisch. „Aber über eine Wiedereinführung von Straßenbahnen, deren Infrastruktur – Hochleitungen und Schienen – zum Großteil noch steht, viel lieber jedoch von Trolleybussen, sollte man ernsthaft nachdenken. Trolleybusse, weil ich einstweilen keinen Anlass zur Annahme habe, dass die Zahl der Passagiere in Reschitza spektakulär steigen wird, hingegen gehe ich von der Gewissheit aus, dass die Anzahl der Fahrzeuge mit geringerer Transportkapazität, als die Straßenbahnen sie haben, gesteigert werden muss.“

Der jetzt vorliegende Mobilitätsplan für Reschitza wird die Stadtleitungen bis gegen 2050 beschäftigen, wenn er denn in seiner gegenwärtig skizzierten Form umgesetzt wird. Pauschal gerechnet wird seine Umsetzung nach aktueller Preislage rund 135 Millionen Euro kosten. Eine Bagatelle für eine reiche Stadt, hingegen ein Unding für Reschitza. Die Stadt rechnet nämlich in der Perspektive bis 2020 mit einem (aus Eigeneinkommen) gesicherten Gesamthaushalt von 40 Millionen Euro, fünf Millionen pro Jahr. Aber es gibt auf dem „Haushalts-Finanzierungsmarkt“ verschiedenste Arten von Fonds, die auf diverse Weise akquiriert werden können, sodass sich die düstere Aussicht etwas aufhellt, wenn die Finanzierungsfrage mit Mut und Kreativität angegangen wird. Das meinten nicht nur die (durchaus interessierten) Berater, das meinte mit Zurückhaltung auch Crina. Dass es nicht geht, dass Reschitza keine Eigenmittel aufbringt, das sei auch klar, hieß es.

Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit

Aber die Mobilitätsperspektive gehört nun mal zu jedem Finanzierungsantrag, der an die EU gerichtet wird, und schon deshalb war es goldrichtig, sie auch in der gegenwärtig miesen Lage der Stadt ausarbeiten zu lassen. Ohne Elektrizitätsantrieb sollen mittelfristig bloß die Verbindungen zu den Vororten bleiben, darüber war man sich einig, weil ansonsten die Kosten von Oberleitungen oder Ladestationen nur in Generationen gedeckt werden können. Aber neben den elektrisch angetriebenen Nahverkehrsmitteln soll es auch zu einem massiven und praktisch nutzbaren Ausbau von Fahrradwegen kommen. Betont wurde, dass dies nicht als Modetrend oder Erfüllung von Forderungen der EU geschehen soll (wie bisher), sondern konkret und praxisbezogen, zur realen Nutzung. „Ich gehe mal davon aus, dass die Machbarkeitsstudie, die bei einem Finanzierungsgesuch beigelegt sein muss, sich auf Trolleybusse und Fahrradverkehr stützen wird“, sagte Ioan Crina.

Die Bukarester von Metroul SA sehen ebenfalls Trolleybusse und nichtmotorisierten Verkehr im künftigen Reschitza. „Ein Hauptkriterium“, so Ioan Crina, „muss die Wirtschaftlichkeit sein, wobei zu verstehen ist, dass auch jedes schnellere Fortbewegen mit öffentlichen Verkehrsmitteln und guten Fahrradpisten durchaus zum Kapitel Wirtschaftlichkeit zu rechnen ist. Es muss auch uns endlich bewusst werden, dass Zeit auch hierzulande Geld ist.“ Ana-Maria Mitroi-Ciobîcă, die Projektleiterin des Nachhaltigen Städtischen Mobilitätsplans (so die offizielle Bezeichnung des Projekts), meint, dass die Befragung der Bevölkerung zum Thema deutlich hervorghoben hat, dass die Reschitzaer auch auf den Umweltschutz achten, wenn sie über die Zukunft des Nahverkehrs nachdenken. „Nahverkehr muss der Umwelt gegenüber freundlich sein“, sagt sie.

„Auf der strategischen Ebene, auf der wir uns bewegt haben, konnten wir natürlich keine konkreten Empfehlungen machen: Nehmt Trolleybusse, nehmt Straßenbahnen, oder so. Nachhaltigkeit heißt aber auch Zugänglichkeit für alle sozialen Klassen – einerseits, dass sie sich den Transport leisten können, andererseits, dass sie ihn ihren eigenen Autos vorziehen, dass er von möglichst breiten Schichten der städtischen und vorstädtischen Bevölkerung angenommen wird. Erst dann wird der Nahverkehr wirklich nachhaltig und umweltfreundlich. Daran muss die Stadt, müssen aber auch ihre Bürger arbeiten.“