Erasmus-Partnerschaft ermöglicht Studium im Ausland

Theaterworkshop mit Temeswarer Schauspielstudenten

Andrei Valea im Hof der Kunsthochschule Temeswar. Der Schauspielstudent interessiert sich auch für die bildenden Künste.

Werner Strenger als Baron von Instetten in Fontanes „Effi Briest“
Fotos: privat

Letzter Workshoptag der Studenten der Deutschen Schauspielabteilung in Temeswar/Timişoara mit Werner Strenger, Schauspieler und Professor an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Graz. Drei Tage hat der Theaterworkshop mit den Studenten der deutschen Schauspielabteilung an der Musik- und Theaterhochschule der West-Universität Temeswar gedauert. Alle Studenten der drei Studiengänge der deutschen Schauspielabteilung sind daran beteiligt. Ein Klavier links auf der Bühne, eine schwarze Jacke auf einem Kleiderbügel hängt an einer Tafel mit Notenlinien und ein paar Stühle auf der Bühne ergänzen das spärliche Bühnenbild. Alles Improvisation für die Arbeit während des Workshops, kann jedoch für einen plötzlich Eingetroffenen als eine Szene aus einem modernen Theaterstück gelten. Geprobt wird in einer konzentrierten Atmosphäre im Konzertino-Saal der Musikhochschule.

Der bearbeitete Text ist nicht, wie vielleicht erwartet, der eines Bühnenstücks, sondern eines Romans. „Im deutschsprachigen Theater ist es ein großes Thema zurzeit, Romane auf die Bühne zu bringen“, so Werner Strenger dazu. Für die Werkstatt mit den Temeswarer Schauspielstudenten hat der Grazer Hochschullehrer den Roman „Holzfällen“ von Thomas Bernhard ausgesucht. „Er hat viele Elemente, die das Theater berühren, zum Beispiel diese lange Rede des Burgschauspielers am Ende. Die Thomas-Bernhard-Sprache ist sehr von der Physiologie des Atmens getragen und ich finde, sie eignet sich sehr, um gesprochen zu werden“, begründet Strenger seine Textauswahl.

Die Tätigkeit während der dreitägigen Werkstatt erfolgte etappenweise: „Wir haben uns zuerst dem Roman als Ganzes genähert, dann haben wir zentrale Themen und Themenstränge benannt und danach konnten sich alle Studierenden einen kurzen Abschnitt aussuchen, mit dem sie sich gern beschäftigen wollen“, erläutert der Hochschullehrer die Arbeitsphasen. Es folgte eine genaue Analyse dieser Textabschnitte, um festzustellen, in welcher Weise sie sich für eine szenische Umsetzung eignen. Auch wurde untersucht, „was genau in diesem Abschnitt passiert, welche Personen und was man vielleicht noch für eine szenische Umsetzung braucht“, fügt Strenger hinzu. Eine kurze Sprachanalyse wurde ebenfalls unternommen.
Bei der Arbeitsweise wurden die Kernbewegungen im Raum, die in jedem Abschnitt stattfinden, berücksichtigt. „Dann haben wir, ohne den Romantext zu verändern, Dialogsituationen geschaffen, die aber nicht mit dialogischem Text arbeiten, sondern mit einem monologisch-episch-narrativen Text“, erklärt Strenger den Vorgang. Der Text wurde dann aufgeteilt, sodass sich dialogische Situationen ergeben. Zwei der vier Abschnitte durften die Studenten selbst erarbeiten und anschließend wurde alles in einen Bogen gesetzt und geprobt.

Werner Strenger – Schauspieler und Hochschullehrer

Der dreitägige Workshop erfolgte über die Erasmus-Partnerschaft der West-Universität mit österreichischen Schauspielschulen wie der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Graz oder der Anton-Bruckner-Privatuniversität in Linz. Strenger war somit der dritte Schauspieler und Hochschullehrer, der im Studienjahr 2014-2015 über die Erasmus-Partnerschaft mit den Temeswarer Schauspielstudenten arbeiten konnte. Martin Woldan, Bewegungspädagoge ebenfalls an der Kunstuniversität in Graz (KUG), und Verena Koch, Dozentin für darstellende Kunst an der Anton-Bruckner-Privatuniversität in Linz, waren die anderen zwei Leiter von Theaterworkshops in Temeswar.

Werner Strenger ist ein gebürtiger Grazer und studierte ebenda Geschichte und klassische Philologie an der Karl-Franzens-Universität. Sein Schauspielstudium absolvierte er an der KUG. Er war am Tiroler Landestheater Innsbruck, dem Deutschen Theater in Göttingen, dem Schlosstheater Moers, dem Schauspiel Essen und dem Schauspielhaus Bochum tätig. 1992 erhielt er den Würdigungspreis des österreichischen Bundesministers für Wissenschaft und Forschung für herausragende künstlerische Leistungen und wurde 1995 mit dem Publikumspreis der Freunde des Tiroler Landestheaters ausgezeichnet. Zu den interpretierten Rollen gehören unter anderem: Tartuffe, Graf Wetter vom Strahl, Baron von Instetten, Orest, Hamlet und Woyzeck. Zwischen 2008-2013 unterrichtete Strenger Rollengestaltung an der Folkwang-Universität der Künste in Essen und trägt seit 2013 Dramatischen Unterricht an der Kunstuniversität in Graz vor.

Deutsche Schauspielabteilung bietet Erasmus-Stipendien

Einer der Studierenden, der am Theaterworkshop in Temeswar teilnahm, ist Andrei Valea, Student im zweiten Jahrgang an der Deutschen Schauspielabteilung der West-Universität Temeswar. Dies war nicht seine erste Zusammenarbeit mit Werner Strenger. Über ein Erasmus-Stipendium konnte der 22-Jährige ein Semester lang von Oktober 2014 bis Februar 2015 an der Kunstuniversität in Graz studieren. Laut eigenen Aussagen war er der erste Erasmus-Student an der Theaterhochschule überhaupt. Einer seiner Professoren an der KUG war Werner Strenger, der auch für den zweiten Jahrgang mit zehn Studenten, in dem Valea mitmachte, zuständig war. Mit Werner Strenger lernte Andrei Valea Szenenstudium, das auch von anderen Dozenten vorgetragen wurde. Bewegung, Tanz, Gesang, Fechten gehörten noch zum Unterricht an der KUG, und Sprecherziehung gab es dreimal in der Woche, im Einzelunterricht und Tandem. Durchschnittlich wurde zehn Stunden am Tag unterrichtet. Valeas Lieblingsfach war der Gesangsunterricht, der von einem schottischen und einer kroatischen Lehrerin geleitet wurde. Während des Semesters in Graz hat Andrei Valea sehr viel gelernt: „In einem Monat habe ich dort so viel wie hier in einem Jahr gelernt.“

Begeistert war Andrei Valea über die zehntägige Exkursion in Deutschland, die seine Studentengruppe mit Werner Strenger unternommen hatte. In deutschen Städten wie Dortmund, Köln und Bochum wurden Theateraufführungen besucht, etwa sechs-sieben Vorstellungen insgesamt, gefolgt von intensiven Diskussionen. Der Temeswarer Student erinnert sich auch an das Feedback, das Strenger jedesmal nach den Studentenaufführung den mitwirkenden Studenten gab. Seine Worte nach einer „Macbeth“-Aufführung, in der Valea mitgespielt hat, sind ihm haften geblieben. „Du musst es nur zulassen“, wobei sich der Professor auf das, „was auf der Bühne geschah“, bezog und dass er sich Zeit nehmen solle. Er entsinnt sich aber auch seiner größten Hemmungen. „Ich habe Angst beim Sprechen gehabt, weil ich so einen Akzent habe und ich ihn nicht loswerden konnte, aber durch die Sprecherziehung ist es besser geworden“, behauptet der Student aufrichtig.

Andrei Valea besuchte acht Jahre die Nikolaus-Lenau-Schule und absolvierte anschließend das William-Shakespeare-Lyzeum in Temeswar. Dem Abitur folgte ein einjähriges Architekturstudium in Wien, nachdem er sich für das Schauspielstudium entschied. Seine Vorliebe zum Theater zeigte sich schon recht früh im Kindesalter: „Als ich klein war, habe ich mit meinem Bruder mit den Puppen Rollenspielen geübt. Als Teenager habe ich immer so Theater mit Freunden gespielt“. Die ersten richtigen Erfahrungen mit dem Theater waren im Shakespeare-Lyzeum innerhalb des Schauspielkurses mit dem kanadischen Lehrer Wade Coldwell. Der Student interessiert sich nicht nur für das Theater, sondern auch für die bildenden Künste. „Ich male Bilder, mache Plastiken, Collagen, 3-D Collagen“, erzählt Valea. Möbelstücke und eine Lampe hat er auch angefertigt. An einer Kunstausstellung in Krakau wird er sich mit seinen Kunstwerken beteiligen. Auch hofft er, durch seine Arbeiten, die er vielleicht einmal verkaufen kann, berühmt zu werden. Was seine Zukunft betrifft, steht nach seinem Hochschulabschluss noch alles offen, aber über eine Anstellung am Deutschen Staatstheater würde er sich freuen.