Friede, Freude ...

Die Abteilung zur Untersuchung von Justizverbrechen (SIIJ) ist laut Gründungsdokument „eine operative Struktur im Rahmen der Staatsanwaltschaft des Hohen Kassations- und Justizhofs“. Sie wurde am 23. Oktober 2018 gegründet, wobei ihre „exklusive Kompetenz in der Strafverfolgung von Rechtsbrüchen und -beugungen besteht, die von Richtern und Staatsanwälten begangen werden, einschließlich Militärrichtern und -staatsanwälten sowie von denjenigen, die Mitglieder des Obersten Magistraturrats sind“. Auch verfügt SIIJ über Kompetenzen zur Strafverfolgung von anderen Personen, wenn diese Gesetzesübertretungen an Seiten der Zielgruppe der SIIJ begangen haben.

Diese in der rumänischen Zivilgesellschaft und in den Kreisen der Justizbeamten gleichermaßen umstrittene (und von den Justizorganen und -gremien der EU wiederholt scharf kritisierte) Institution dürfte bald, aber spätestens in der Herbst-Winter-Session des Parlaments zu einem Stolperstein des heterogenen Regierungsblocks PNL/USR-PLUS/UDMR werden. Im Senat steht ein Votum an über die Auflösung der SIIJ – für die Zivilgesellschaft einer der Glanzpunkte im USR-PLUS-Wahlprogramm. Dagegen möchte der egomanische Koalitionspartner Ungarnverband die SIIJ lieber in die Generalstaatsanwaltschaft integrieren, was heißt, ihre Vollmachten zu stutzen und nicht, sie aufzulösen – ein konfliktballender Unterschied.

Für die USR-PLUS wäre das, nach ihrem imageschädigenden Nachgeben in der Causa des geschassten Gesundheitsministers Vlad Voiculescu, ein weiterer schändlicher Kompromiss und ein Beweis mehr, dass die Partei der Zivilgesellschaft völlig der Machtgier verfallen ist. Ein Kommentator auf Spotmedia meinte zur „Lösung“ im April: „… das endete ... mit dem Niederpressen der USR-PLUS mit den Schultern auf die Matte, wobei eine siegreiche Koalition von PNL und den Massenmedien den Druck ausübte.“ Dass auch Premier Cîțu einen Rückzieher machen musste und seinen Transportminister Drulă nicht entließ, der ihn einen „politischen Zombie“ genannt hatte, wiegt den beschämenden April-Kompromiss der USR-PLUS nicht auf. Aber dass „die Dinge in der Koalition gut stehen im gegenwärtigen Augenblick“ – nur Naive glauben dieser Aussage des Noch-PNL-Vorsitzenden Ludovic Orban.

Würde sich die USR-PLUS unter ihren Koalitionspartnern umsehen, käme sie zur Erkenntnis: Der einzig gangbare Weg in der rumänischen Politik (wo politische Ideale einfach schnurz sind) ist ... jener des Ungarnverbands UDMR. Die Demokratische Union der Magyaren Rumänien hat sich gleich nach der Wende (wenn nicht schon vorher...) klare Ziele gesetzt und verfolgt Punkt für Punkt deren Umsetzung. Sie geht jeden politischen Kompromiss ein (was bei der Vielfalt der politischen Strömungen, die diese „Union“ umfasst, überhaupt nicht schwierig ist) – wenn dadurch eines der Ziele, die sie sich gesteckt hat, konkretisiert wird. Moralisch ist das zwar nicht, aber wann war Realpolitik je moralisch? Fröhlich im Hintergrund: Machiavelli!

Von der GroKo in Deutschland könnte die USR-PLUS lernen: Der Friede einer Koalition ist es nicht wert, auf die politischen Ideale, die dich groß gemacht haben, zu verzichten – es würde reichen, dass die Partei der Zivilgesellschaft Rumäniens auf den Sturz der Umfragewerte der SPD seit Kanzler Gerhard Schröder blickte.

Das Dilemma der Partei der rumänischen Zivilgesellschaft, von Kompromiss zu Kompromiss zu stolpern für Friedenserhalt in der Koalition, führt nur zur Entfremdung ihrer Wählerschaft. Das Risiko des Vorwurfs, durch das Verlassen der Koalition die Koalitionäre zu schwieriger Stunde alleingelassen zu haben, scheint weniger gefährlich als ein Verbleiben. Kompromisse verwässern nur die Identität einer Partei. 

PNL und USR-PLUS haben Stellung bezogen in den Schützengräben, die das Land von Temeswar bis Jassy und Bukarest spalten.

Fällt der erste Schuss oder schwindet der Unterschied?