Gerichtliches Verbot des Holzfällens

Forstamtsbezirk Franzdorf/Văliug verharmlost weiterhin das Holzfällen in streng geschützten Arealen

Etwa so soll der Buchenwald im Bârzăviţa-Tal einmal aussehen, wenn die Forstleute ihren in den 1950er Jahren geplanten 120-jährigen Erneuerungszyklus abschließen.
Fotos: der Verfasser

Die gesunden, dichten, dem Konkurrenzwuchs überlassenen Buchenwälder an den Hängen des Semenik-Bergstocks sollen einem Kulturwald weichen - und dagegen sind die Umweltschützer

Wie bereits berichtet hat die Umweltschutzorganisation „Agent Green“ ein Gerichtsurteil erstritten, infolgedessen es der staatlichen Forstbehörde Romsilva verboten wurde, weiterhin im Nationalpark Semenik – Karasch-Schluchten Holz zu schlagen. Gabriel P˛un, der inzwischen für seine spektakulären Aktionen und sein selbstloses Streiten für die Urwälder Rumäniens international bekannt gewordene Geschäftsführer der 2004 gegründeten „Agent Green“: „Eindeutiger Sieg von Agent Green vor dem Bukarester Amtsgericht: Der Einschlagplan von Romsilva ist suspendiert, durch den beabsichtigt war, 68 Prozent der Fläche des Nationalparks zu fällen. Eine Fläche, größer als die von Reschitza, sollte kommerziell genutzt werden: Als zu erntende Holzreserve – das unter Sonderschutz stehende Reservat Bârzăviţa. Auch die Karasch-Schluchten und der Raum der Forste um Buhui-Mărghitaş bei Anina sollten Opfer der Motorsägen werden.“

Zur Erklärung des von der Umweltschutzorganisation für dringend nötig angesehenen gerichtlichen Vorgehens, noch ein Zitat des Geschäftsführers von Agent Green: „Der Nationalpark Semenik – Karasch-Schluchten brüstet sich mit dem größten menschlich unberührten Waldgebiet in der EU, mit seinen Buchen-Urwäldern. Im Juli 2017 sind bestimmte ringförmige Gebiete dieses Buchenurwaldgebiets zum Weltnaturerbe der UNESCO erklärt worden. Leider sind aber nach wie vor zahlreiche andere urwaldähnliche oder gar richtige Urwaldräume der riesigen Forste an den Hängen des Bergstocks des Semenik unzureichend unter Schutz gestellt, angesichts des Holzhungers und der Skrupellosigkeit der Holzernteunternehmen – und der staatlichen Forstbehörde, die von deren Holzhunger lebt –, die nur gerichtlich gestoppt werden können.“

In der Euphorie des kürzlichen – in Rumänien sehr vereinzelt dastehenden – gerichtlichen Triumphs der Umweltschützer kamen die Verurteilten vom Forstamtsbezirk Franzdorf/Văliug in den Medien nicht zu Wort. Eine Anfrage bei der Kreisdirektion von Romsilva in Reschitza blieb – erwartungsgemäß für jeden, der die Arbeitsweise dort einigermaßen kennt – unbeantwortet. Hingegen meldete sich der Leiter des Forstamtsbezirks Franzdorf, Mihai Bona, mit einem relativ ausführlichen Statement.

„Im Raum von Bârzăviţa sind seit Beginn der 1950er Jahre Arbeiten zur Umwandlung in einen Pflegewald, einen Kulturwald im Gange“, sagte Oberförster Bona. „Ausgelöst wurde das Vorhaben durch den Bau des Stausees Gozna oberhalb von Franzdorf, der die Bersau aufstaut. Als die Förster den Beschluss zur Umwandlung der dortigen Wälder – aufgrund einer Forsteinrichtung – fassten, war die Lage der Wälder keine sehr glückliche: Der gesamte Raum war mit gleichaltrigen Buchen besetzt, was im Falle einer Holzernte Kahlschlag bedeutet hätte. Damals ist zum ersten Mal in Rumänien eine Forstarbeit gestartet worden, bei der die Holzernte zur Nebensache wurde. Im Rahmen einer Forsteinrichtung (= alle zehn Jahre) konnten 13 bis 15 Prozent der Bäume pro Hektar gefällt werden, nie von einer kompakten Fläche. Vorausgeplant wurde ein forstwirtschaftlicher Zyklus von 120 Jahren. Bis zum heutigen Tag haben wir im dort eingeschlossenen Reservat Bârzăviţa nie diese damals entschiedene Quote überschritten. Dafür haben wir nach wie vor die Genehmigung des einschlägigen Ministeriums. Aber als Folge des Bukarester Gerichtsurteils tun wir in dieser Hinsicht ab sofort überhaupt nichts mehr.“

Bona schlüpfte danach in die Rolle des Unwissenden, des Unschuldslamms: „Ich kann nicht verstehen, woher so viel Feindschaft seitens der Umweltschützer kommt. Wir hatten mehrere Konferenzen, an denen sich alle Fachleute, Vertreter der Umweltbehörden und sonstiger beteiligter  Organismen teilgenommen haben. Es gab keinerlei Meinungsverschiedenheiten. Alle waren damit einverstanden, dass das in den 1950er Jahren begonnene Programm fortgesetzt werden muss. Um jetzt fortzufahren damit, brauchen wir bloß noch das Plazet der Behörde für Umweltschutz. Ich kann nicht verstehen, warum die von Agent Green sich so hartnäckig widersetzen: Es sind dort keinerlei Urwälder – wie schon gesagt: Es sind Wälder, wo seit über 60 Jahren (schonende) Eingriffe vorgenommen werden. Dort gibt es keinerlei Kahlflächen oder -schläge. Wenn Holz herausgeerntet wird, sind es vereinzelte Stämme. Verfolgt wird, dass mit der Zeit alle Altersklassen Holz dort existieren und dass der Wald vielgestaltiger wird (von der Klasse I der Regenerierung bis Klasse VI der Nutzung), Misch-Wald eben, in jeder Hinsicht. Wenn einmal in zehn Jahren zehn Bäume pro Hektar gefällt werden, dann kann das doch keine solche Katastrophe sein. Und jedes Mal wird an deren Stelle nachgepflanzt, jeweils immer Bäumchen anderer Baumsorten, wegen der anvisierten Vielfalt.“

Dann sprach Oberförster Bona von den Verlusten, die sein Forstamtsbezirk aufgrund des Holzernteverbots schreibt. Denn das Verbot des Fällens erstreckt sich auch auf Wind- und Schneebrüche, weswegen sein Forstamtsbezirk „blockiert“ sei. „Und wer wird unsere Verluste wohl je ersetzen?“ Denn in diesem Jahr und als Folge des Gerichtsurteils habe es 2021 keine Ausschreibung für die Holzernte im Forstamtsbezirk Franzdorf gegeben. Mehr noch: Der überlange Winter 2020/21 mit Schnee bis im Mai habe den Forstamtsbezirk Franzdorf im angebrochenen Jahr gezwungen, Brennholz vom benachbarten (und hauptsächlich im schneearmen Hügelland gelegenen) Forstamtsbezirk Reschitza zu kaufen, weil sie nicht einmal umgefallene Bäume nutzen durften. 

Alles hier Erläuterte spielt sich in den Staatswäldern ab, die von der staatlichen Forstbehörde Romsilva verwaltet werden – während in den Privatwäldern nach Herzenslust und -laune die Bäume versilbert werden. Sicher: Romsilva ist mit vielen Sünden belastet, die alle aus der Zwitterstellung des Forstunternehmens resultieren: Einerseits ist es der größte Hege- und Pflegebetrieb der rumänischen Forstwirtschaft, andrerseits auch der größte Holzlieferant von Rumänien. Und das ist an sich ein Widerspruch, zumal auf dem staatlichen Forstbetrieb immer, wenn auch nicht immer direkt, ein Rentabilitätsdruck lastet. Und in seiner ganzen Geschichte hat Romsilva immer „Rentabilität“ bloß mit „Holzverkauf“ – dito das Fällen der Wälder – gleichgesetzt. Wie man aus den vom Oberförster Bona Gesagten (auch) schlussfolgern kann: Sobald der staatliche Forstbetrieb kein Holz fällen darf, sieht er seine Pleite und Handlungsunfähigkeit in greifbarer Nähe...