Land der Frühstücksdirektoren

„Sine cura animorum“ vergab man zur Hoch-Zeit der Kirchenherrschaft an mehr oder weniger „Verdiente“, um ihnen Einkünfte ohne ernsthafte Amtsverpflichtungen zuzuschanzen, im Falle der Pfarrer: ohne Seelsorge. Zu deutsch würde man statt „Sinekure“ (im heutigen Sprachverständnis) „Pfründe“ verwenden. Eine Sinekure hat ihre Anziehungskraft und ihr Versuchungspotenzial in allen hierarchisch aufgebauten Systemen, weswegen das Phänomen bald aufs gesamte Zivilwesen überschnappte und auch das Militärwesen nicht ausließ: Es sind ab dem späteren Mittelalter zahlreiche Beispiele von „verdienten Militärs/Offizieren“ bekannt, denen von den Regierenden Sinekuren zugeschanzt wurden. In neuerer und mehr zu lockerer Ironie neigender Zeit hat sich im Deutschen für die „Sinekuristen“ der Begriff „Frühstücksdirektoren“ durchgesetzt, vor allem in der Wirtschaft und in Verbänden.

Hierzulande hat Ex-Präsident Emil Constantinescu sich im Schweiße seines Angesichts den Titel eines „Sinekuristen“ erworben, seit Ex-Premierminister Călin Popescu-Tăriceanu für ihn das „Institut der Levante“ erfand (die Bezeichnung ist ein Volltreffer, allein wegen der semantischen Sphäre des Wortes „Levante“). An dieses haushaltsgeldfressende Institut (ohne greifbare Leistungen in Form von wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Bestand) hätte sich auch nach zwölf Jahren seiner Existenz niemand erinnert, wenn die tolpatschige PSD-Premierministerin Vasilica Dăncilă nicht zur Vollverbotszeit von Anstellungen an haushaltsfinanzierten Institutionen 38 Anstellungen am Institut der Levante genehmigt hätte.

Das hat eine Welle von journalistischen Recherchen ausgelöst, die dann aufs Rumänische Kulturinstitut stießen, einst DIE Prestigeinstitution der rumänischen Kulturdiplomatie (unter H.-R. Patapievici/Tania Radu/M. Mihăieș) – so lange sie unter der Ägide des Präsidialamtes funktionierte, was dann unter Premier Victor Ponta und der ominösen USL-Regierung durch Überpolitisierung zum exponentiellen Anstieg der Zahl der Führungsposten und zur Niveaunivellierung der Auslandsvertretungen für kulturelle Diplomatie führte.

Die Zeit der „Nichten“ brach an: ICR-Chef Andrei Marga (mit peinlichster Vorstellung auf diesem Posten) schanzte seiner Nichte einen Referentenposten in einer Auslandsvertretung zu und veröffentliche mit ICR-Mitteln eines seiner Bücher, eine gewisse Liliana Țuroiu aus dem „Intelligenzreservoir“ des Ex-PSD-Chefs Dragnea, Teleorman, kam ohne Fremdsprachenkenntnisse an die Leitung des ICR (Margas Nichte hatte auch keine Ahnung von der Sprache des Landes, in das er sie „versetzte“...). }uroiu durfte zwei Jahre lang ihr Unwesen beim ICR treiben, um dann brüsk als „Direktorin“ nach Brüssel geschickt zu werden, natürlich im Interesse des Vaterlandes... Eine Pupille von Tăriceanu, Mirel Taloș, stellte als Interim-Chef des ICR die Nichte des amtierenden PSD-Parteichefs Marcel Ciolacu an. Die Saat der „Frühstücksdirektorinnen“ ging beim Rumänischen Kulturinstitut (Jahresfinanzierung aus dem Haushalt: 13-16 Millionen Euro) prächtig auf. Die elf Beraterposten der/des ICR-Vorsitzenden und der/des Stellvertretenden werden als Abstellgleise und Joker für zeitweilig ohne Sinekuren dastehende Parteigenossen genutzt. Wo keine Anstellung ohne Wettbewerb möglich war, wurde im „dienstlichen Interesse“ transferiert – auch, nachdem die Tudose-Regierung das für öffentliche Ämter verboten hatte – laut einem Aide-Memoire an den Senat, zwischen 2017-2019 rund 70 Personen mit Vollzeit- und elf mit Halbstagsbeschäftigung, Lohnaufkommen dafür: 848.000 Lei/Monat. All das zur PSD-Zeit.

Wen wundert´s, wenn in der Ära PNL-UDMR-USR-PLUS, Ähnliches passiert? Laut Senator Ion Mocioalcă (na ja... PSD) stellt die Koalition monatlich 1000 Leute auf Sinekurenposten an, weil in der Ex-Opposition der „Hunger nach Sinekuren“ übermächtig sei...