Nicht nur in der Theorie Brückenbauer

Bericht des DFDR-Vorsitzenden bei der Deutsch-Rumänischen online-Regierungskommission für Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Rumänien am 12. Oktober 2020

Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender des DFDR hielt die hier abgedruckte Rede.

Wie in jedem Jahr seit Abschluss des Freundschaftsvertrags zwischen Rumänien und Deutschland wurde die deutsche Minderheit in Rumänien auch 2019 von beiden Staaten finanziell (und nicht nur) konsistent unterstützt. Dafür möchte ich bei dieser Gelegenheit den beiden Regierungen über die hier anwesenden Vertreter unseren herzlichsten Dank aussprechen. Die Tatsache, dass wir uns heute zum 23. Mal zu diesem Zweck treffen, ist ein beredter Beweis für das Gesagte.

Betreffend den Unterricht in deutscher Muttersprache, muss gesagt werden, dass dieser bei uns sehr alte Tradition hat, selbst unter Ceaușescu weiter erhalten blieb und ein hohes Qualitätsniveau hatte und hat. Dieses weiter zu erhalten ist eines der Hauptziele des DFDR, und dabei werden wir von beiden Regierungen voll unterstützt. Der Lehrberuf ist leider in Rumänien wegen der niedrigen Löhne nicht besonders attraktiv, sodass vor allem Deutsch sprechende Lehrerinnen und Lehrer viel zu oft in rentablere Gebiete abwandern. Das hat den Bundestag bewogen, für die Gehaltsaufbesserung der Lehrerkräfte, die an muttersprachlichen Schulen unterrichten, auch für das letzte Schuljahr die Summe von 1,35 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Dieses Geld wurde gerecht und transparent, in Form von zwei Jahresprämien, zur Zufriedenheit der Zielgruppe, verteilt. Es ist dies eine Voraussetzung dafür, dass die Anzahl unserer Lehrkräfte nicht weiter fällt, also eventuell Klassenzüge oder sogar Schulen in einigen Jahren geschlossen werden müssten, was zur Folge hätte, dass in weiteren Jahren die Anzahl der Deutschsprachigen fallen würde, was letztendlich auch auf die in Rumänien ansässigen deutschen Wirtschaftsunternehmen negative Auswirkungen hätte. Für das DFDR ist der Erhalt der muttersprachlichen Schulen aus all diesen Gründen von vitalem Interesse!

Ein Problem, das weiter besteht und bei dem das rumänische Unterrichtsministerium gefordert ist, ist die Neuauflage von verschiedenen Schulbüchern in deutscher Sprache, von denen einige seit 15-20 Jahren nicht mehr frisch aufgelegt wurden. Voriges Jahr wurden immerhin bedeutend mehr Lehrbücher übersetzt und gedruckt als im Jahre davor.

Andere Probleme wurden zufriedenstellend gelöst. So gibt es in Reps und Großkarol keinen Simultanunterricht gemäß dem Bildungsgesetz betreffend die Minderheitenförderung mehr. Zur Zeit ist die Renovierung des Rebreanu-Lyzeums in Bistritz prioritär. Es wurde an dieses Lyzeum jedoch kein Gastlehrer mehr entsandt und wir bitten, diese Stelle wieder einzurichten. Auch die Restaurierung der Fassade der Lenauschule in Temeswar wurde vom dortigen Bürgermeisteramt noch immer nicht durchgeführt, aber seit wenigen Tagen hat Temeswar einen neuen Bürgermeister, sodass wir hoffentlich dieses Problem nicht auch bei der nächsten Regierungskommission ansprechen müssen.

Ein anderer Aspekt, den wir voll und ganz unterstützen, ist die duale Ausbildung, die an einigen Orten (Kronstadt, Temeswar, Hermannstadt, Mühlbach) vor allem durch Initiative der deutschen Wirtschaftsklubs und der Deutschen Botschaft Bukarest schon gut funktioniert. Sicher ist da auch das rumänische Unterrichtsministerium gefordert – und das nicht nur die duale Ausbildung betreffend, sondern auch die Wiedergründung der Berufsschulen, die nach 1989 leider praktisch eingegangen sind. In den letzten Jahren sind diesbezüglich aber bedeutende Fortschritte zu bemerken.

Ein sehr lobenswerter Aspekt ist, dass an verschiedenen Hochschulen (Klausenburg, Temeswar, Bukarest u. a.) verschiedene Studiengänge in deutscher Sprache unterrichtet werden. An der Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg wird heuer das 25-jährige Jubiläum des deutschsprachigen Zweiges gefeiert, was neben den rumänischen und ungarischen Studienlinien europäischen Modellcharakter hat!

In Hermannstadt wurde zu unserer Zufriedenheit, der gesetzlichen Vorgabe Folge leistend, Ende 2019 die Stelle eines stellvertretenden Generalschulinspektors wieder durch einen Vertreter unserer Minderheit besetzt.

Betreffend der Kultur haben wiederum beide Regierungen konsistent zum Erhalt unserer Kulturgüter beigetragen. Leider ist die Rückgabe an Kirchen in den letzten Jahren fast zum Erliegen gekommen, während die Rückgaben an das Forum mit mehr oder weniger fadenscheinigen Gründen abgelehnt wurden.

Erwähnenswert ist die Stiftung Kirchenburgen, die als Schirmherren die beiden Staatspräsidenten hat. Anlässlich des Besuchs von Bundespräsident Gauck wurde symbolisch die Kirchenburg Heltau von beiden Präsidenten besucht. In unmittelbarer Nachbarschaft wurde in der berühmten Burg von Michelsberg eine private Terrasse errichtet – obwohl Bürgermeisteramt, Präfektur und Denkmalschutz diese als illegal bezeichnet haben, ist leider nichts geschehen. Es gibt außerdem seit Juni 2017 keine Antwort auf die parlamentarische Anfrage unseres Abgeordneten Ovidiu Ganț betreffend die Sanierung des Kirchturmes in Meschen/Moșna, bzw. die Übernahme der Kosten durch das rumänische Kulturministerium von 10 technischen Gutachten von Kirchenburgen (20 technische Gutachten übernahm die deutsche Seite, 10 die evangelische Kirche, ist beides geschehen).

Dann gibt es ein Problem, das schon seit über 15 Jahren besteht: Das Brukenthalmuseum in Hermannstadt wurde 2005 der rechtmäßigen Eigentümerin, der evangelischen Kirchengemeinde in Hermannstadt, zurückerstattet. Es wurde damals zwischen Kulturministerium und dem evangelischen Bischofsamt ein Abkommen unterzeichnet. Diesem sollte ein Regierungsbeschluss folgen, was aber bis heute leider nicht passiert ist, weshalb dieses auch in den letzten Jahren bei diesen Regierungskommissionen immer wieder zur Sprache kam. Inzwischen ist die gesetzliche Lage geändert worden, die die Voraussetzung für einen solchen Regierungsbeschluss darstellt. Es ist aber trotzdem Eile geboten, denn Ende Dezember läuft das Abkommen ab.

Die Wirtschaftsförderung des Bundesministeriums des Innern (BMI) zur Gründung von klein- und mittelständischen Unternehmen funktioniert, zu günstigen Bedingungen für die Geförderten, seit vielen Jahren sehr gut. So wurden im Laufe der Zeit Zehntausende Arbeitsplätze geschaffen. Wichtig für das DFDR ist nicht nur diese Förderung, sondern auch die Rückflussgelder, die zum Teil für gemeinschaftsfördernde bzw. ethnokulturelle Maßnahmen verwendet werden können, was äußerst nützlich ist. Es ist übrigens der einzige investive und nicht nur konsumptive Sektor und sollte unter allen Umständen auf demselben Niveau erhalten bleiben. Leider ist die Zusammenarbeit zwischen unseren Stiftungen und dem BMI bzw. der Mittlerorganisation Baden-Württemberg-International (BWI) ein wenig ins Stocken geraten, da alle Mitarbeiter im Referat für Rumänien neu sind – man hat oft den Eindruck, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut.

Die Sozialarbeit ist aufgrund der Altersstruktur unserer Gemeinschaft für das DFDR ein wichtiges Problem. Von beiden Regierungen gefördert, sind unsere Altenheime bzw. andere soziale Einrichtungen (z. B. Küche auf Rädern) voll in Anspruch genommen. Hilfe kommt auch von den Sozialwerken der Landsmannschaften, bzw. über die diakonischen Einrichtungen der katholischen und evangelischen Kirche. Die konsistente Aufstockung der Gehälter im staatlichen Gesundheitswesen hatte aber zur Folge, dass ein Großteil der Pflegekräfte abgewandert ist oder es tun will. Deshalb droht eine ähnliche Tendenz wie im Schulwesen. Auf eine parlamentarische Anfrage unseres Abgeordneten Ovidiu Gan] zur Erhöhung des rumänischen Anteils an der Finanzierung der Altenheime erfolgte leider eine abschlägige Antwort.

Es werden weiterhin die ehemals als Zwangsarbeiter in die UdSSR Deportierten von beiden Staaten unterstützt. Lobenswert ist die Tatsache, dass inzwischen durch das Gesetz Nr. 130/2020 auch deren Kinder unterstützt werden, inklusive derer, die im Ausland lebenden.

Last but not least versucht das DFDR im politischen Bereich, wie schon seit seiner Gründung, nicht nur theoretisch Brückenbauer zwischen unseren beiden Ländern zu sein, sondern diese Funktion tatsächlich mit Leben zu füllen. Die aktive Teilnahme von Forumsvertretern bei Arbeitsbesuchen rumänischer Regierungsdelegationen, wie etwa bei Besuchen verschiedener Delegationen von Politikern aus Deutschland in Rumänien (Bundespräsident, Bundeskanzlerin, Bundesminister, Bundestagsabgeordnete, hohe Vertreter von Bundesländern u. a.), ist dadurch gekennzeichnet, dass das DFDR immer Ansprechpartner ist.

Die bis voriges Jahr anhaltende Hetzkampagne gegen das DFDR seitens der damals regierenden PSD hat mit dem Sturz von deren letzter Regierung aufgehört. Die Deutschen aus Rumänien waren schon immer loyale Bürgerinnen und Bürger ihres Staates und wollen es auch weiterhin bleiben.