Pack schlägt sich...

Die acht-Stunden-Farce, die uns vom Vorstand der PSD vergangenen Freitag vorgegaukelt wurde, nach langem und viel Spannung schaffendem medialen Vorlauf, hat zwei Tatsachen klargemacht: erstens, dass Liviu Dragnea, der PSD-Chef, ein hervorragender Taktiker (oder ein begnadeter Intrigant) sein muss, der jede politische Konfiguration umbiegen kann, wenn es seine Interessen erfordern; und zweitens, dass die gesamte PSD-Führung, die „Daddy” um sich geschart hat, sich einfach wie ein Pack benimmt, das sich mal schlägt, mal verträgt – halt je nachdem, wie es an der Leine gehalten wird. Von „Daddy”. Dass die Spitzen einer starken politischen Organisation in eine Beratung gehen, wo das Kräfte- und Meinungsverhältnis beim Beratungsstart auf eine Patt-Situation hindeutet und dass sie dann mit einem klaren 60 zu 8-Ergebnis rauskommen, heißt, dass die Spitzen der PSD mehrheitlich rückgrat- und charakterlos und von ihrem Gängelbandführer in höchstem Maß manipulier- und erpressbar sind. Damit soll an dieser Stelle kein weiteres Wort fallen zum Verhalten dieser Möchte-gern-Rebellen am vergangenen Freitag.

Die Bukarester Oberbürgermeisterin Gabi Firea hat im Vorfeld viel aus der Schule geplaudert, unter anderem, dass Dragnea „Entscheidungen aufgrund der Beratung mit bloß ein paar Menschen trifft, er berät sich nur mit einigen wenigen Vertrauten“. Mit dem strafrechtlich verurteilten Oberberater der Regierung der Hampelfrau Vasilica Dăncilă, Darius Vâlcov, mit Innenministerin Carmen Dan, der Ex-Schulsekretärin, die er zur Senatorin machte, mit Arbeitsministerin Olguța Vasilescu, der Ex-Bürgermeisterin von Craiova (der folgenlos nachgewiesen wurde, dass ihre Doktorarbeit über weite Teile abgekupfert ist), einem ehemaligen Mitglied der rechtsextremen România Mare-Partei, mit dem Finanzminister, Dandy Eugen O. Teodorovici. Firea unterstrich, dass der exzessive Kampf Dragneas für Änderungen im Rechtssystem bloß sein persönliches Reinwaschinteresse ist. Das Damoklesschwert einer mehrjährigen Haftstrafe hängt über ihm. Darüber brachte er die Partei an den Rand des Abgrunds. „Liviu, du hast uns unglücklich gemacht!”, so ein früherer Vertrauter. EU-Kommissarin Corina Crețu, aus dem selben Parteitiegel wie Dragnea, hat die Geduld verloren.

Momentan blocken zwei Bremsen das zerstörerische Wirken des Dämons Dragnea in seinem Allfrontenkrieg (gegen Justiz, Geheimdienste, Sicherheitsdienste für Prominente, den Präsidenten, die EU, die ausländischen Firmen, die bei Privatfirmen Angestellten, sogar gegen seine eigene Wählerschaft): die Anhörungen im EU-Parlament, geplant im Oktober, und die forcierte Volksbefragung zum Thema der „traditionellen Familie” am 6. und 7. Oktober (diesem eindeutig demokratischen Vorgehen mit zweifelsfrei illiberalem und anti-säkular - antidemokratischem Ziel kann ein verantwortungsvoller Bürger nur mit Boykott begegnen, denn verfolgt wird dasselbe, wie es das Parlament Rumäniens vorlebt: eine Diktatur/ein Diktat einer Mehrheit über eine Minderheit – und wer garantiert uns denn, dass das nächste Referendum nicht eine Kriminalisierung der Homosexualität im Namen eines überlebten Konservatismus und einer falschen Demokratie verfolgt, wie im Kommunismus erlebt?).

Inzwischen gehen die Untersuchungen der Gewaltexzesse der Gendarmerie vom 10. August, vorangetrieben von Generalstaatsanwalt Augustin Lazăr (bis er vom PSD-hörigen Justizminister abgesetzt wird...) weiter. Diese neue Schlinge schnürt die PSD ein, während der Inlandsgeheimdienst die Masche mit dem „Staatsstreich” einfach wegargumentiert hat.

Trotz allem: Die kritische Masse für den Sturz Dragneas gibt es nicht. Dass sich nach der Anhörung im EU-Parlament oder nach dem „Familien-Referendum" etwas entscheidend ändert, scheint heute Illusion. Vor allem: Es gibt keinen glaubhaften Gegenspieler. Gabi Firea, die Ex-Nachrichtensprecherin, ist es nicht.