Politikprofis

Haben Sie sich schon mal vergegenwärtigt, wie schnell sich Parteien vor der Wählerschaft behaupten können, einfach, weil sie von sich behaupten, aus anderen Politikern zu bestehen, als alle vor ihnen existierenden Parteien, andere Politiker zu sein, „neuen Wind” in die Politik zu bringen? In Rumänien ist dafür die Union Rettet Rumänien, USR, ein überzeugender Beweis – ähnlich wie es vor Jahren die Öko- und Hausbesetzer-Partei der Grünen in Deutschland war.

Das hat sicher mit Parteienverdrossenheit zu tun, mit dem (zurecht!) schlechten Ruf derer, die mittels „etablierter Parteien” in die Politik einsteigen, mit den Vertrottelungen der Zukunft der Gemeinschaft, die von den Politikern abgesegnet werden und, wahrscheinlich entscheidend, mit der Selbstbedienungsmentalität derjenigen, die von der Wählerschaft zwecks Regieren zum Allgemeinwohl delegiert werden. 

Das geflügelte „Sämtliche Politiker – derselbe Mist” ist tief im Allgemeinbewusstsein eingenistet – und erleichtert den Schnelleinstieg neuer Parteien/Politiker (siehe auch AUR). Die Hoffnung auf das Kommen des/der Idealpolitiker(s) und der geläuterten Partei(en) ist von der demokratiehungrigen Wählerschaft noch nicht (ganz) aufgegeben worden. Aus diesem Grund werden auch von den Neu- und Quereinsteigern in die Politik keinerlei Visionen (sprich: Parteiprogramme aufgrund von Ideologien) erwartet oder gar gefordert, bevor man ihnen den Kredit des Glaubens an sie - also seine Stimme – anvertraut, während man zeitgleich den „althergebrachten” Parteien jederlei Schlingern zwischen rechts und links nachsieht. Mehr noch: dieses Schlingern wird als ein Charkteristikum der Gegenwartspolitik empfunden. Und verdammt.

Ist die Politik also zum Spielfeld der Illusionen geworden, von Kunstbauten zu einem einzigen Zweck: den Baumeistern zu dienen? Zum Großhandelsinstrument für Illusionen zwecks Ent-Fesselung von Emotionen? Wo die konkreten und zukunftsweisenden Ergebnisse nebensächlich sind, so lange es gelingt, die angepeilten Emotionen auszulösen? Emotionen, ausgelöst von der Idee, dass irgendein von vielen gewünschtes Resultat erreicht werden könnte.

Es gibt wahrscheinlich auf keinem menschlichen Tätigkeitsfeld etwas Vergleichbares: man erklärt einen Bereich für korrupt, nichtswertig, keineswegs erstrebenswert – und steigt genau in diesen Bereich ein. Mit Erfolg. Allein in der Politik ist es möglich, zu behaupten, Politiker zu sein sei ein Job, des es gar nicht geben dürfte, weil er so viel Verdorbenheit voraussetzt – und Politik zu machen, indem man behauptet, „kein Politiker” zu sein. Als Variante taucht neuerdings der Profi aus anderen Bereichen auf (man denke per exemplum an Dr. Rafila von der PSD), der sich als alleinig glaubhafter Politiker ausgibt – und (zumindest von den Medien) akzeptiert wird. Auch die behaupten immer – mit Erfolg – keine Politiker zu sein und auch ihnen wird blind nachgesehen, dass sie weder eine Ideologie vertreten, noch konkret etwas bewegen, noch, dass sie im Politikeralltag „öffentlich Wasser predigen” und „heimlich Wein trinken” - frei nach H. Heine. 

Diese überlangen Überlegungen zielen auf die PNL-Vorstandswahlen vom Herbst ab. Da steht einerseits Ludovic Orban, „die alten Liberalen”, die „wahre PNL”, der sich auf seine über die Jahre gebauten innerparteilichen Netzwerke stützt (Paradebeispiel: Bergland-PNL mit Ion Marcel Vela). Ein Politikerprofi. Ihm stehen „Abweichler” (Ex-PDL), „Arrivierte” und „Opportunisten” (aus Siebenbürgen und der Bukowina) um Premier Florin Cî]u gegenüber, Quasi-Quereinsteiger („eine neue Brise”). Orban verspricht Vorhersehbarkeit („alles bleibt beim Alten”), Cî]u Veränderung, Reform, Verjüngung des Kaderbestands. Er verlässt sich hierzu auf die präsidiale Unterstützung von Klaus W. Johannis. Neues bringt keiner. Machtgeilheit beide. 

Schwierig, das mit dem „kleinsten Übel”!