Rechtsordnungsverzicht der Rechten

Dass sämtliche Parteien dieses Landes strategielos sind, ist an dieser Stelle wiederholt unterstrichen worden. Daran hat sich nichts geändert. Geändert hat sich aber die Einstellung der Rechten zur Problematik der Justiz.

Leider gibt es seit geraumer Zeit in Rumänien keine Partei mehr, die auf irgendeine Weise versucht, die Rechtsbeugungen des Ex-Justizministers und Ex-Verfassungsrichters Tudorel Toader (Verfassungsrichter 2007 bis 2016, Justizminister Februar 2017 bis April 2019 – während der PSD-Regierungen unter Grindeanu, Tudose und Dăncilă) rückgängig zu machen oder wenigstens in ihren Auswirkungen dem europäischen Rechtsempfinden korrigierend anzugleichen. Seit die Koalition PSD-PNL-UDMR an der Macht ist, ist keine Rede mehr vom Ersetzen der Toader-„Novellierungen“ durch die Rechtsprinzipien, die in den von Rumänien beim EU-Beitritt akzeptierten (und zum Umsetzen verpflichtenden) Empfehlungen des Mechanismus für Zusammenarbeit und Überprüfung (englisches Kürzel: CVM) vermerkt sind.

Also bleibt die Sektion zur Untersuchung von Justizverbrechen (SIIJ) Tabu und Sinekure für Juristen, die Söldner von Parteien sind, was auf keine Weise – weder moralisch, noch rechtlich – zu rechtfertigen ist. Es wird kein Finger gerührt für die Wiederherstellung der Vollmachten der Nationalen Direktion zur Korruptionsbekämpfung DNA – damit sie wieder die Großkorruption bekämpfen kann (inklusive korrumpierbare Richter). Nichts wird unternommen, um die Rolle und den Einflussbereich der Direktion zur Bekämpfung des Bandenverbrechens und des Terrorismus DIICOT klarer zu umreißen. Auffallend sind die Hinauszögerungen aller Entscheidungen in dieser Richtung, die Unfähigkeit zu politischen Beschlussfassungen und die Neigung zu skandalumwitterten Ernennungen (etwa, jüngst, an der Spitze von DIICOT).

Der Oberste Magistraturrat CSM hat sich zeitgleich zu einem Hort des Autochthonismus gehäutet (kein Unterschied zu Polen!), der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ignoriert (oder umschleicht) und das „spezifisch Nationale“ in der Justiz vorschiebt. Mittels der CSM-Entscheidungen wird die Kaste der Richter geschützt, ihre inhärente Korruption untern Teppich gekehrt und ihr jede Menge Immunität zugesprochen, die verfassungsmäßig nicht rechtfertigbar ist. Die Justizinspektion wurde zur politischen Polizei, zur Moral- und Gedankenpolizei für Richter und Staatsanwälte (siehe jüngst das Vorgehen gegen den Klausenburger Richter C. Danileț).

Sämtliche Parteien – und der Präsident mit –, die sich, in die Brust hämmernd, als „reeechts!“ deklarieren, haben diese Entwicklung hingenommen. Aus Ignoranz, fehlender Kompetenz, Nachlässigkeit, aus Komplizenhaftigkeit oder aufgrund des Wunsches, ihre politische Kontrolle über die höchsten Justizgremien weiter zu festigen.

Auch die intellektuelle Rechte weigert sich neuerdings beharrlich, sich für die Unabhängigkeit der Justiz zu verwenden. Seit der Wende hat die intellektuelle Rechte unaufhörlich für die „Verwestlichung Rumäniens“ plädiert, für mehr Menschenrechte, für mehr Rechtsstaat, für freie Marktwirtschaft. Für die Befreiung der Justiz von politischer Kontrolle und Bevormundung, die Festigung der Unabhängigkeit der Richter und Staatsanwälte, für eine kompromisslosere Bekämpfung der Korruption. Weil es ohne die Vorherrschaft des Rechts keine Demokratie geben kann, weil ohne die uneingeschränkten Vollmachten der Justiz die Autokratie und die Tyrannei gleich hinter der Ecke lauern. Heute fehlt jener Konsens der Rechten bezüglich der Richtigkeit von Reformen unter Koordination Brüssels. Das „polnische Modell“ des Rechtsverständnisses konnte sich so durchsetzen.

Der Autochthonismus der Justiz, autoritär und obrigkeitshörig, geht von der Ungleichheit der Bürger vor der Justiz aus.

Gleichheit vor dem Gesetz ist zum (zu) rechten Prinzip geworden.