Rezession am Horizont

Symbolbild: pixabay.com

Die 2020 ihr 94. Lebensjahr erreichende britische Queen rief Sonntagabend ihre Untertanen dazu auf, der Coronavirus-Pandemie „mit charakteristisch britischer Selbstdisziplin und stiller Entschlossenheit” zu begegnen. „Ich hoffe”, so die ewige Königin von Großbritannien und des Commonwealth, „dass in den kommenden Jahren alle stolz darauf sein können, wie sie mit dieser Herausforderung umgegangen sind.”

Wie von ihr hinreichend gewohnt, ist diese Rede eigentlich etwas anderes als ein Gemeinplatz, den sie vordergründig allen gutgläubigen Untertanen vorspiegeln will: Sie ist der Ausdruck einer wachsenden Besorgnis der Königin – ergo auch der Beunruhigung der britischen Regierung – über die rasant wachsende Zahl der Todesfälle auf der Insel durch die Lungenkrankheit Covid-19. Wohl auch darüber, dass Struwwelkopf Boris Johnson überlange – seinem Pendant Donald Unberechenbar folgend – das Vorhandensein der Epidemie einfach weggeleugnet hat, bis er dran glauben musste, indem er selber an Covid-19 erkrankte.

Inzwischen ist die USA Spitzenreiter in der Verdoppelungszeit (5,4 Tage) während das glaubwürdigste Land in der Corona-Bekämpfung, Südkorea, bei 69,7 Tagen lag (China ignorieren wir, weil da anscheinend staatlicherseits mit der Statistik gemauschelt wurde und die Corona-Pandemie offensichtlich propagandistisch genutzt wird, zum Nachweis der Überlegenheit des Staatskapitalismus und zur Rechtfertigung der Parteiautokratie der KP).

Die anfänglichen Befürchtungen der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen treffen nicht zu, was den „prekären Zusammenhalt” des EU-Staatenbunds betrifft. Zwar haben die Einführung der Grenzkontrollen und die Behinderung des freien Reiseverkehrs, vor allem durch die autokratischsten der EU-Länder, Ungarn und Polen, einiges zerrüttet (vor allem die diktatorischen Vollmachten, die sich Ungarns Orbán huldvoll vom Parlament reichen ließ, haben eine viel zu milde und verständnisvolle Reaktion aus Brüssel ausgelöst), aber die anfänglich extreme Abschottung hat eigentlich nichts gebracht. „Wir haben anfangs in den Abgrund geschaut, aber wir haben in dieser Krise auch wieder rasch das Positive und den Zusammenhalt gesehen. Ich sehe viele ermutigende Zeichen, dass die Europäer erkennen, wie kostbar unsere Gemeinschaft ist”, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

Leider ist der Schaden, den die Corona-Krise nahezu allen Firmen, vor allem aber den globalen Lieferketten zugefügt hat, mit Langzeitfolgen. Zwar ist die Wirtschaftskrise noch nicht auf dem Rezessionsniveau von 2003 oder 2008/09, aber wenn allein in Deutschland (bisher) 470.000 KMU schließen oder auf Kurzarbeit übergehen, kann eine Auswirkung von „nur” minus drei bis minus sechs Prozent des Bruttosozialprodukts noch als „gut” bezeichnet werden – wenn die Arbeitsunterbrechung höchstens sechs Wochen dauert.

Dass der Binnenmarkt der EU, „der die EU so wohlhabend und stark gemacht hat” (v. d. Leyen), praktisch am Zusammenbruch war, konnte durch Vernunft noch abgewendet werden. Auch die horrenden Finanzstützen, die von der Europäischen Zentralbank zur Verfügung gestellt werden, temperieren die drohende Rezession, aber ob sie abgewendet werden kann? Und ob die „Chance”, die die EU-Kommissionspräsidentin sieht, „dass sich Europa noch einmal neu erfindet”, auch wahrhaftig genutzt wird – davon muss uns die Zukunft überzeugen.

Verhalten positiv bewerten Psychologen inzwischen die Heimarbeit (neudeutsch: „Homeoffice”): Burn-out geht zurück. Aber die Unzufriedenheit mit der Arbeit und dem Job steigt, die Langeweile nimmt zu, weil „bei Büroarbeitern Langeweile, abnehmende Lernmöglichkeiten (Weiterentwicklung des Ich) und eine Sinnkrise im Job zusammenkommen” (Ruth Stock-Homburg).

Überleben bleibt erste Priorität der Unternehmen. Dazu bedarf es psychisch und physisch gesunder Arbeitnehmer. Gibt es die nach der Krise noch?