Sprengung des PNL-PSD-Blocks Von Werner Kremm

Randbemerkungen

Kein Zweifel: die PSD und ihr Frontmann Marcel Ciolacu spekulieren darauf, binnen acht Monaten den Steuerknüppel der Regierung zu übernehmen. Nicht umsonst droht Ciolacu immer öfter (im abgelaufenen Monat zweimal) mit Neuwahlen, wenn es in der Regierungskoalition knistert und knackt. Zudem lässt er durchblicken, dass ihn der Spitzenposten in der Regierung langfristig stärker interessiert als eine Kandidatur für die Präsidentschaft – wohingegen der farblose und in der Öffentlichkeit mit „Kommunikationsschwierigkeiten“ kämpfende amtierende Premierminister, der plagiatsverdächtige General a.D. Ciuc², immer häufiger als PNL-Präsidentschaftskandidat genannt wird. In diesen Spekulationen zur politischen Zukunft der beiden scheint noch etwas spezifisch Rumänisches durch: Man belauert sich gegenseitig, weil jede der Seiten fürchtet, von der Gegenseite übers Ohr gehauen zu werden (wobei wieder mal der Ungarnverband UDMR als lachender Dritter dasteht…).

Der glitschige und schwer durchschaubare Ciolacu hat eigentlich noch nie offen mit vorgezogenen Wahlen gedroht. Jedes Mal aber, wenn Spannungen zwischen den beiden Hauptpartnern in der Regierung, der vom Staatspräsidenten gehegten PNL und seiner PSD öffentlich werden, lässt Ciolacu dunkel durchblicken, dass im Falle der Überforderung der Spannungsduldung seine Leute die Dinge bis zu Neuwahlen pressen würden. Das geschähe faktisch und laut rumänischer Gesetzeslage, wenn sich die PSD aus der Regierungskoalition zurückzieht und zwei Versuche zu einer Regierungs-Neubildung scheitern. Zudem müsste der Präsident die Kammern auflösen. Oder wenn die PSD eine Mehrheit schmiedet, die Präsident Johannis absetzt (der inzwischen ausreichend Fehler gemacht hat – das kann niemand leugnen…).

Alles in allem aber sind die angedrohten vorgezogenen Wahlen des Marcel Ciolacu jedoch eher als Fiktion und als nicht zu befürchtende Alternative anzusehen. Zu viele Voraussetzungen dazu scheinen heute unerfüllbar. Zumal – laut Umfragen – Neuwahlen kaum eine andere Rangfolge im Parteienspektrum erbrächten. Wohl aber in der Sitzverteilung im Parlament. In der Mandatsverteilung im Parlament käme es zu leichten quantitativen Verschiebungen. PSD – PNL – USR – AUR – UDMR wäre die Reihenfolge, haargenau wie jetzt. Nur dass die PSD nach gegenwärtigen Prognosen um sechs bis sieben Prozent mehr Stimmen erhielte gegenüber 2020, die PNL allerbestenfalls auf dem damaligen Stand verbliebe, die USR fünf Prozent Stimmen verlöre und die Rechtsextremen um zwei bis drei Prozent mehr bekämen, während der Ungarnverband auf seinen seit 1990 konstanten fünf bis sechs Prozent der Stimmen beharren würde. Da zirka 20 Prozent der Stimmen umzuverteilen wären, erhielte die PSD einen Löwenanteil und käme letztendlich auf etwa 45 Prozent der parlamentarischen Sitze – was mehr als überwältigend und sorgenbereitend ist. Die PSD erreichte in etwa ihren Stand von 2016, mit dem sie sich wie eine alleinherrschende Partei benahm. Den einzigen Herrschaftspartner, den sie dann bräuchte, um mehrheitlich zu sein, kann sie sich von jeder Seite auswählen – nach bisherigen PSD-Usus wahrscheinlich der Ungarnverband. Oder die heterogene Gruppe der Minderheitenfraktion…
Die Ausgangsposition der PSD im Superwahljahr 2024 – Präsidentschafts- und Kommunalwahlen in Rumänien, Wahlen fürs EU-Parlament – wäre dann ideal, also wären vorgezogene Wahlen aus Sicht der PSD trotz aller Hürden nicht abwegig. Oppositionismus würde dann wohl PNL und USR wieder zum Näherrücken zwingen (was ohne die Einmischung von Johannis auch bisher das Beste gewesen wäre) und der Rechtsdrall der PSD würde wahrscheinlich den AUR-Zulauf temperieren. Ein Mircea Geoan² (als PSD-Präsidentschaftskandidat) wäre nicht die schlechteste Alternative (gemessen am mit Leseschwierigkeiten kämpfenden General Ciucă…).

Das Beste: der Abzockerblock PSD-PNL wäre gesprengt.