Temeswar: Aufnahmestopp von Patienten aus anderen Kreisen

Reaktionen Reschitzaer Politiker und Krankenhausleiter zur Temeswarer Entscheidung

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Alina Stancovici, die neue Managerin des Notfallkrankenhauses Reschitza, findet, die Entscheidung der beiden Temeswarer Krankenhäuser (die auf Covid-19-Behandlung spezialisiert und ursprünglich vom Ministerium auserwählt wurden, regional zu wirken), keine Patienten mehr aus dem Banater Bergland und aus Hunedoara zu übernehmen, sei weder nachvollzieh- noch durchführbar – es sei denn, die Temeswarer medizinischen Verantwortlichen beschließen den Tod der Patienten aus den Nachbarkreisen.

„Ich wiederhole seit mehreren Tagen gebetsmühlenartig: Wir sind nicht auf eine Behandlung der Patienten mit Covid-19 vorbereitet“, sagte die Krankenhausmanagerin. „Wo ist denn jener Sack voller Schutz- und Vorbeugeausstattungen, der uns von allen Seiten versprochen wurde? Wir reden schon so lange von der akuten Ansteckungsgefahr mit Covid-19 und den Präventionsmaßnahmen – aber wo sind die Lagerbestände mit Schutzmitteln? Wo sind die vielen Schutzmaterialien, von denen in den vergangenen Tagen die Politiker so viel geredet haben? Ich wurstle mich immer noch mit Betteln durch, setze auf die Menschlichkeit, kriege fünf Schutzsachen von einem, drei vom anderen, dann kommen mal 50 vom Katastrophenschutz ISU – und die Präfektur zwingt mich, zehn davon nach Karansebesch abzugeben! Aber bitte, in einem solchen Chaos, bei all den Verrücktheiten, kann man doch nicht allein mit Verständnis und Menschlichkeit durchkommen! Wenigstens jetzt, unter den Notstandsbedingungen, müssten einem Krankenhaus wie dem in Reschitza die gesperrten Bankkonten freigegeben werden – aber sie bleiben blockiert! Mir sind finanziell die Hände gebunden! Deshalb muss ich andauernd die ausgestreckte Bettelhand vorzeigen!“

Außerdem fehle Reschitza ein unterstützendes Krankenhaus, wie es in Temeswar das Tandem Krankenhaus für Infektionskrankheiten – Kreiskrankenhaus ist. Das Reschitzaer Krankenhaus für Infektionskrankheiten – „Stationar III“, im rumänischen Managerjargon – funktioniert in einem Gebäude aus den 1950er Jahren, das dringendst renovierungsbedürftig ist. „Wir könnten höchstens Stockwerk II und III des Infektionskrankenhauses für Notfälle benutzen“, sagt Managerin Stancovici, „und wenn wir noch zwei Abteilungen auf Zeit auflösen, kommen wir auf 90 Betten. Aber unser Krankenhaus für ansteckende Krankheiten hat keine Intensivabteilung für ansteckende Krankheiten. Und zum Einrichten von so etwas braucht man viel Geld. Schnell geht das nie! Selbst wenn das Geld da ist. Außerdem: Personal vom Kreiskrankenhaus für Notfälle in der Neustadt müsste ins alte Krankenhaus in der Altstadt versetzt werden. Vor allem von der Intensivstation in der Neustadt. Was aber, wenn wir diese Leute dann im Notfallkrankenhaus doch dringend brauchen? Man kann viele Kranke jetzt aus dem Spital zur ambulanten Behandlung schicken, aber was machen wir mit der Gynäkologie und der Neonatologie, mit Infarkt und Hirnschlag? Mit Unfällen? Momentan habe ich bei den „Ansteckenden“ fünf Ärzte, von denen einer Ende des Monats in Rente geht...“

Kreisratspräses Silviu Hurduzeu, der Chef der Finanzierungsinstitution des Notfallkrankenhauses, ist ruhiger: „Ich weiß, dass das Krankenhaus für eine Behandlung von Covid-19-Fällen nicht vorbereitet ist. Auch kann das Krankenhaus für Notfälle nicht im Handumdrehen umgewandelt werden in ein Unterstützungsspital. Doch musste ich der Managerin Alina Stancovici auch erklären, dass wir in diesem Augenblick und in der jetzigen Situation keinem dort Oben so etwas begreiflich machen können. Die Ärzte stehen unter dem Eid des Hippokrates, haben die Pflicht, die sich aufdrängenden nötigen Maßnahmen zu treffen und sich anzupassen. Unter den Bedingungen, wo die Temeswarer Krankenhäuser die Erkrankten aus dem Banater Bergland nicht mehr aufnehmen, müssen wir sie eben selber vor Ort behandeln, so gut es geht. Schließlich haben wir ein Kreiskrankenhaus für Notfälle...“

Im Gebäude am Hauptplatz von Reschitza, wo Rathaus, Kreisrat und Präfektur untergebracht sind, scheint Sand im Getriebe zu knirschen, seit die Gesundheitslage ernst ist. Hurduzeu zur Tatsache, dass in der Präfektur Sitzungen zur Lage stattfinden, zu denen er selber nicht eingeladen ist: „Leider werde ich nicht nur nicht zu diesen Sitzungen zur Lage der Verbreitung von Covid-19 geladen, sondern es fragt mich auch keiner etwas – und das ist alles andere als normal. Wenn Entscheidungen zu fällen sind unter Notstandsbedingungen, sollte man schon auch den Präsidenten des Kreisrats zu Wort kommen lassen, zumal sich das Krankenhaus in meinem Zuständigkeitsbereich befindet. Selbst wenn ein fachfremdes Ministerium die letzte Entscheidung über Behandlungszuständigkeiten fällt. Zumindest hätte ich erwartet, gefragt zu werden, ob das Reschitzaer Krankenhaus vorbereitet ist, vielleicht gar, was es braucht... Wir haben als Kreisrat keinerlei Verpflichtung gegenüber dem Munizipalkrankenhaus für Notfälle Karansebesch, und doch haben wir ihnen 800.000 Lei Unterstützung gewährt. Es ging einfach nicht an, dass wir ihnen im Bewusstsein ihrer Notlage nicht unter die Arme greifen. Ähnliches sollte für die Präfektur und das ihr übergeordnete Innenministerium, geführt vom aus Karansebesch kommenden Minister Vela, gelten...“

Der Reschitzaer Bürgermeister Ioan Popa sieht das Problem der Temeswarer Weigerung (mit Segen aus Bukarest) pragmatischer: „Ich weiß, dass heute viele Bewohner von Karasch-Severin wütend reagieren auf die Weigerung des Temeswarer ‘Victor Babeș‘-Krankenhauses, Covid-19-Patienten aus dem Banater Bergland, aus Hunedoara und Arad aufzunehmen. Ich versuche, diese Weigerung allen verständlich zu machen. Die Leute ‘sichern‘ einfach ihre Patienten ‘ab‘, beschränken deren Herkunft auf ein Areal, das sie zu beherrschen vermeinen – und ich bete zu Gott, dass es ihnen gelingen möge! Wir, die anderen, die Ausgeschlossenen, müssen endlich kapieren, dass wir uns selber ‘absichern‘ müssen, so gut wir es können. Italien und viele andere sagen uns seit Wochen: Bleibt zuhause! Kein medizinisches Betreuungssystem der Welt ist auf eine derartige Pandemie vorbereitet gewesen, darauf, Hunderttausende Patienten in topausgestatteten Krankenhäusern aufzunehmen. Unzählige schwerste Fälle darunter. Das kann Frankreich nicht, das kann nicht die Schweiz oder Deutschland, auch nicht Holland, Spanien oder England! Glauben Sie, dass die Schweiz ihre Senioren umsonst aufgefordert hat, rechtzeitig ihr Testament zu machen?! Unsere Aufgabe ist es, jetzt die Krankenhäuser und das medizinische Personal nach Kräften zu unterstützen (auch durch SMS-Aktionen, wie jüngst in Reschitza, wo binnen Kurzem rund 60.000 Lei zusammenkamen zur Unterstützung des Notfallkrankenhauses) und sich mit Kritik zurückzuhalten – jedes Maß an positiver Energie ist dringend nötig, an Optimismus, an Ermutigung! Das Beste, was jeder Banater in der kommenden Zeitspanne machen kann, ist, in Selbstisolation zu verharren. Damit wird der Druck auf ein prekäres Gesundheitssystem verringert, damit wird den Behörden Zeit gewährt, die nötigen medizinischen Ausstattungen anzukaufen, die Schutzsysteme fürs Personal, die entsprechenden Arzneien zur Behandlung.“

Die Stadt Reschitza hat einige entscheidende Schritte getan: Die Haushaltsmittel, die fürs Rockfestival Custom 2020 und für die „Tage von Reschitza“ bereitstanden – fast 900.000 Lei – sind für medizinische Zwecke freigegeben worden. Bürgermeister Popa setzte sich mit den Fachärzten des Notfallkrankenhauses und mit der Managerin Stancovici zusammen und eruierte den genauen Dringlichkeitsstand an Ausstattungen, die Reschitza laut Gesetz anschaffen kann: Ein komplexes Analysegerät für das Krankenhauslabor, das u. a. auch die Antikörper gegen Covid-19 erkennt (weil die Krankheit oft asymptomatisch verläuft), Schnelltestausstattungen für das medizinische Personal, 10.000 Schutzmasken aus China und 2000 Covid-Testausstattungen. All das trifft diese Woche ein, weil bereits vorausbezahlt. Außerdem desinfiziert die Stadt die 1500 Eingänge zu den Treppenhäusern der Wohnblocks, montiert Spender für Desinfektionsmittel und füllt diese regelmäßig. Popa: „Mit fast einer Million Lei kann man viel machen – wer wirtschaftlich damit umgeht...“

Eins verkniff sich Popa nicht: „Vor zwei Jahren habe ich öffentlich angeboten, Kreiskrankenhaus, Seniorenheim, Mehrzweckhalle und die Immobilien der Ex-Militäreinheit vom Kreisrat zu übernehmen – wie in Großwardein mit Erfolg geschehen. Hier hatte man dafür taube Ohren. Deshalb muss die Stadt jetzt mit teilweise gebundenen Händen intervenieren... Jetzt machen wir Krisenmanagement, so gut es geht, und unterstützen das Krankenhaus, soweit uns die gesetzliche Eingrenzung es erlaubt. Fakt ist, dass jedwelche Intervention der Stadt begrenzt ist... Haushaltsressourcen in Infrastrukturmaßnahmen am Krankenhaus dürfen wir keine einsetzen, aber den Rahmen, den das Notstandsgesetz schafft, müssen wir voll nutzen.“