Vulgata – die Übersetzung nimmt Form an

Lateinische Bibelübersetzung des Kirchenvaters Hieronymus wird sowohl ins Deutsche als auch ins Rumänische übersetzt

Die deutsche Übersetzung der Vulgata kommt voran. Das 2010 vom in Chur lehrenden Alttestamentler Michael Fieger ins Leben gerufene Projekt nimmt für sich in Anspruch, eine in theologischer und kulturhistorischer Hinsicht bedeutende Lücke zu schließen. Die Vulgata, die lateinische Bibelübersetzung des Kirchenvaters Hieronymus (347-420), ist nicht irgendeine Übersetzung der Bibel, sondern war für das gesamte abendländische Mittelalter und die frühe Neuzeit maßgebend und so für mehr als ein Jahrtausend die zentral verwendete Bibelfassung. Darüber hinaus weicht die Vulgata in „entscheidenden Teilen“, wie die Herausgeber betonen, von den heute gültigen Bibeltexten ab, sodass eine Übersetzung auch unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheint. An der Übersetzung der Vulgata ist ein Team von fünfundvierzig Philologen und Theologen beteiligt.

Es ist erklärtes Ziel des Herausgebertrios, das sich neben Michael Fieger aus dem emeritierten Berliner klassischen Philologen Widu-Wolfgang Ehlers und dem in Samedan tätigen klassischen Philologen Andreas Beriger zusammensetzt, eine im philologischen Sinn wortgetreue Übersetzung zu erarbeiten. Damit soll eine größtmögliche Nähe zur Textfassung des Hieronymus erreicht werden, um deren sprachlichen und interpretatorischen Eigenheiten so weit wie möglich gerecht zu werden.
Eine erste Standortbestimmung wurde Mitte November in Bukarest an einem gemeinsam mit der Universität Jassy/Iaşi durchgeführten, dreitägigen Kongress vorgenommen. Dass dieser Kongress in der rumänischen Hauptstadt stattfand, ist eine Fügung des Zufalls. Dieser wollte es, dass sich vor rund fünf Jahren auch in Rumänien ein Übersetzerteam rund um den Theologen Wilhelm Tauwinkl formierte, um eine Übersetzung der Vulgata in die rumänische Sprache in Angriff zu nehmen. Insofern war es naheliegend und sinnvoll, einen gemeinsamen Kongress durchzuführen, an dem die Mitarbeiter beider Projekte sich in Vorträgen und Arbeitsgruppen über Methodik und Fragen der Übersetzung austauschen konnten.

Beide Projekte sind auf gutem Weg. Die rumänische Übersetzung wird zeitlich gestaffelt in mehreren Bänden herausgebracht, wobei das Erscheinen des ersten Bandes für 2014 geplant ist. Auch das Projekt der deutschen Übersetzung der Vulgata und ihrer Publikation nimmt Form an. Die Herausgeber rechnen damit, dass die Publikation im Berliner Akademie Verlag wie geplant im Jahr 2018 erfolgen kann. Vorgesehen sind eine vierbändige, zweisprachige Ausgabe in der Reihe Sammlung Tusculum sowie eine broschierte, in deutscher Sprache verfasste Studienausgabe in zwei Bänden in der Reihe Tusculum Studienausgaben.