Warum Buzău nicht gefährlicher sein kann als Hermannstadt

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Während der Pressekonferenz von Staatspräsident Klaus Johannis am Dienstag vergangener Woche wurde dieser gefragt, warum die SARS-CoV-2-Infektionsrate in Hermannstadt bei 11 Ansteckungen auf 1000 Einwohnern liege. Eine Antwort auf die Frage des Journalisten hatte Klaus Johannis nicht, die besseren Ansprechpartner wären freilich auch die Gesundheitsbehörde oder die Präfektur des Landkreises gewesen. Diese hätten dann möglicherweise entgegnet, dass in Hermannstadt mehr getestet wird als in anderen Landkreisen.

Das stimmt natürlich nicht ganz, denn übertragen auf die Anzahl der gemeldeten Bürger werden die meisten RT-PCR-Tests in Bukarest durchgeführt und auch Temesch und Klausenburg stehen noch besser da. Doch laut Gabriel Budescu, dem Leiter der Hermannstädter Gesundheitsbehörde (DSP), können in den öffentlichen und privaten Laboren insgesamt bis zu 800 Test am Tag durchgeführt werden – im Durchschnitt liege die Anzahl hingegen bei rund 600. Ähnlich wie Hermannstadt hat auch der Landkreis Buzău etwa 470.000 Einwohner. Gleichwohl werden dort im Durchschnitt nur 179 Tests am Tag durchgeführt, dies ging zuletzt aus einer Anfrage des Abgeordneten Emanuel Ungureanu (USR) an das Gesundheitsministerium hervor.

Folglich könnte die Infektionsrate für den Landkreis Buzău schon rein rechnerisch gar nicht über 5,33 hinausgehen. Aktuell liegt sie bei 3,28 und im Landkreis Hermannstadt bei 11,88 (Montag). Vernachlässigt wurde bei diesem Überschlag, dass Proben zur Untersuchung natürlich auch in Labore in anderen Kreisen geschickt werden. Aneta Matei, Präfekt für Giurgiu, erklärte, dass aus ihrem Landkreis täglich rund 40 Proben nach Bukarest geschickt und weitere 30 bis 40 Proben vor Ort analysiert würden. Wären nun tatsächlich über 14 Tage lang jeden Tag 80 Proben von Bürgern aus Giurgiu positiv, würde der Landkreis eine offizielle Infektionsrate von 4,15 erreichen. Am Montag stand diese bei 3,48.

Damit sei natürlich nicht gesagt, dass das SARS-CoV-2 in Hermannstadt nicht tatsächlich stärker verbreitet ist als in Giurgiu. Es soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass die täglich von der Strategische Kommunikationsgruppe (GCS) veröffentlichten Zahlen noch in den entsprechenden Kontext gesetzt werden müssen.

Diese GCS setzt sich aus Kommunikationsexperten mehrerer Behörden zusammen und veröffentlicht täglich gegen 13.30 Uhr die aktuellen Zahlen zur Pandemie. Die wichtigste Zahl ist dabei die der Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden (10 Uhr bis 10 Uhr). Jedoch sind die am Sonntag und Montag veröffentlichten Zahlen – aufgrund des Wochenendes – stets bedeutend niedriger als an den Tagen zuvor. Aufgeschlüsselt werden die Neuinfektionen zudem auf die 41 Kreise und das Munizipium Bukarest. 

Eine mittlerweile steigende Zahl ist dabei zunächst noch keinem Landkreis zugeordnet, da die Labore seit kurzer Zeit ihre Ergebnisse direkt an die Strategische Kommunikationsgruppe übermitteln. Die Zuordnung erfolgt stillschweigend in den Berichten der nächsten Tage. Die ebenfalls veröffentlichten akkumulierten Infektionsraten pro 1000 Einwohner in den vergangenen 14 Tagen werden von der Gesundheitsbehörden der Landkreise errechnet. Sie spielten in den vergangenen Wochen eine wichtige Rolle bei der Einführung neuer Restriktionen, wie der Schließung von gastronomischen Betrieben oder des verpflichtenden Tragens von Mund-Nase-Masken im öffentlichen Raum, die dann nur für die entsprechenden Landkreise galten. Durch die am Montag vergangener Woche in Kraft getretenen landesweiten Einschränkungen hat diese Zahl einen Teil ihrer praktischen Relevanz verloren, da neue Restriktionen nicht mehr zwangsläufig eingeführt werden – wie dies zuvor beim Übergang eines Kreises in das gelbe bzw. rote Szenario der Fall war. Sie wird allerdings bei der Entscheidung über die Abriegelung von Gemeinden herangezogen und ist bei den Medien sehr beliebt: „Hermannstadt hat den dritten Tag in Folge die höchste Infektionsrate des Landes“ („Ora de Sibiu“ vom 11. November).

In einer gesonderten Übersicht werden auch die akkumulierte Anzahlen der wiederholt positiv getesteten Menschen angegeben. Ein Aufschlüsselung der Verstorbenen auf die Landkreise veröffentlicht die Strategische Kommunikationsgruppe hingegen nicht. Diese werden von den Präfekturen herausgegeben, welche die Zahl der Infizierten auch noch einmal auf die Gemeinden unterteilen. Auch hier ist es geboten, nicht ohne entsprechenden Kontext mit Superlativen zu hantieren. Denn eine einzige kürzlich bestätigte Infektion in Nucet führt bei dem 56 Einwohner zählenden Dorf zu einer derzeitigen Infektionsrate von 17,86 pro 1000 Einwohner in den vergangenen 14 Tagen (Stand: 11. November). Hermannstadt steht aktuell mit 1950 Infizierten in den vergangenen 14 Tagen auf 171.321 Einwohner bei 11,8 – und 950 aktiven Fällen.  (Stand: 11. November) Aktuell der Höchstwert unter den Großstädten des Landes.

Die Infektionsrate ist folglich auch nur eine Kennzahl unter anderen in der Bewertung der epidemiologischen Lage, erklärte beispielsweise der Klausenburger Präfekt Mircea Abrudean in der vergangenen Woche, als in der Presse die Möglichkeit der Abriegelung der Stadt in Aussicht gestellt wurde. „In Bezug auf eine mögliche Quarantäne im Munizipium Klausenburg schauen wir auf die Entwicklung der Zahlen in den kommenden Tagen. Wir überwachen täglich alle Indikatoren der von der lokalen Gesundheitsbehörde durchgeführten Risikoanalyse und werden gegebenenfalls entscheiden, wann diese erforderlich sein wird.“ Dazu gehören laut Abrudean – neben der Infektionsrate – auch andere Kriterien wie die Anzahl der täglichen Tests, die Anzahl der Todesfälle, die Anzahl der verfügbaren Intensivbetten sowie die medizinische Handlungsfähigkeit.