Wertentscheidend ist, von wo das Lob kommt

„Rumänien verfügt über eine Gesetzgebung in diesem Bereich, (...) die Dringlichkeitsverordnung OUG Nr.1/1999, und die Verfügungen dieser Normativakte müssen wortgetreu respektiert werden.” Das verkündete kämpferisch die Ombudsfrau Rumäniens, Renate Weber, am 12. März, inmitten der Diskussionen, was zu tun sei, um der (damals) drohenden Pandemie zu begegnen. Ombudsleute (auch Volksanwalt, direkt übersetzt ins Rumänische als „avocatul poporului”, Bürgerbeauftragter) kommen als Institution aus Nordeuropa (der namensgebende Begriff „Ombud” ist abgeleitet von altnordisch umbođ = „Auftrag, Vollmacht“ ) und verbreiteten sich im Rahmen der Festigung demokratischer Strukturen ab den 1970er Jahren, um nach der Wende in Osteuropa mit zittriger Hand (aber hochpolitisiert und sehr attraktiv bezahlt) in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts übernommen zu werden. In Rumänien ist der Volksanwalt allmählich zu einem Posten für noch nicht pensionsreife Politik-Methusalems geworden, die als Ombudsmann aktiv werden, wenn die Partei, die sie hochgehievt hat, es fordert.

Das galt für den vorletzten Ombudsmann Rumäniens, Ex-Premierminister und Ex-Chef der Nationalen Bauernpartei PNȚCD, den Wendehals Victor Ciorbea, in dessen Amtszeit die massive Beugung der Gesetzgebung Rumäniens unter Federführung von Justizminister Tudorel Toader im Windschatten einer überwältigenden PSD-Parlamentsmehrheit untätig und mit Buddha-Lächeln mit angesehen wurde. Das gilt offensichtlich gleichermaßen auch unterm Regime der nicht weniger wendehalsigen Renate Weber (Ex-PNL), der von der ALDE mit PSD und Pro România aufs Fauteuil der Ombudsfrau gesetzten Pensionärin des Europaparlaments (2007, 2009 und 2014), die politisch dienend auf Draht ist und die ihre Grundmission – eine unparteiische Schiedsstelle für die Bürger zu sein – völlig ignoriert. Ihre politische Linie heißt: Sperrfeuer für die PSD/ALDE im „Krieg” gegen die in Minderheit regierende PNL.

Wie anders könnte man die Eingabe der Ombudsfrau Renate Weber verstehen, die sich 36 Tage nach dem einleitend zitierten kämpferischen Ausspruch (am 16. April) ans Verfassungsgericht (VG) wendet mit der Beanstandung, die Notstandsverfügung, die sich auf den von ihr selber empfohlenen Eilerlass (und dessen Novellierung mittels Dringlichkeitsverordnung 32/2020) stützt, sei wegen einem der darin enthaltenen Artikel verfassungswidrig? Weil sie dem Präsidenten erlaube, gesetzgebend in Bereichen aufzutreten, für welche das Parlament laut Verfassung zuständig wäre.

Es soll hier aber nicht weiter auf diverse rechtliche und legislative Spitzfindigkeiten eingegangen werden, sondern ein bisschen näher auf die Politikerin, die laut Definition des Volksanwalts als neutrale Anwältin des RECHTS auftreten sollte. Mal ganz abgesehen davon, dass ursprünglich Ombudsmänner/-frauen und Volksanwälte auf unbezahlten Posten – in einer Art hochrespektiertem und bedingungslos befolgtem Volontariat – tätig waren... Unvorstellbar, dass in einem Wahljahr ein Volksanwalt sich dermaßen unverblümt politische Eingriffe erlaubt hätte!

Man überlege: Mehrere Hunderttausend Bürger haben die Notstandsgesetzgebung übertreten und dafür hohe Strafen gekriegt, die vom Verfassungsgericht (VG) annulliert wurden, aufgrund des Eingreifens der Ombudsfrau. Hunderttausende. Wähler. Für wen stimmen die jetzt? Schlimmer noch: Die von der Ombudsfrau und dem VG Reingewaschenen können hunderttausende Bürger mit Sars-Cov-2 angesteckt haben, weil sie sich unerlaubterweise unters Volk mischten. Die unausbleibliche Rechnung bezahlen die PNL und der Präsident, nicht die „gute” Ombudsfrau oder das weise ergebene, PSD-hörige Verfassungsgericht... Putins Propagandaorgan „Sputnik” nennt Renate Weber eine „distinguierte Juristin und Verteidigerin der Menschenrechte”.

Man muss schon schauen, von wo Lob kommt!