Wo ist der Marktplatz?

Die zahlreichen Ereignisse am Kronstädter Marktplatz sind ermüdend für Augen und Ohren

Im Rahmen des Festivals „Junior Sport Fest“ stellten die kleinen Fechter aus Kronstadt ihr Können zur Schau.

Bei gutem Wetter sind die kleinen Jeeps am Marktplatz sehr beliebt.

Der Kronstädter Alte Marktplatz früh am Morgen Fotos: die Verfasserin

Nach mehreren Wochen, in denen der Alte Kronstädter Marktplatz/Piața Sfatului teilweise unzugänglich war, wegen des Schlagerfestivals „Der Goldene Hirsch“, ist es eine Freude, das Zentrum der Stadt wieder zu betreten. Besonders früh am Morgen an Werktagen, wenn der Platz noch leer ist und sich vom zauberhaften Morgenlicht verwöhnen lässt. Da kann man das Alte Rathaus, die orthodoxe Kirche, das Hirscherhaus sowie die anderen wunderschönen Gebäude am und um den Marktplatz ungestört betrachten, sich am Prasseln der dicken Wassertropfen vom Springbrunnen und am Gurren der Tauben erfreuen, die hier ihren Morgenspaziergang verrichten. Toll ist es auch, eine Pirouette mitten am Marktplatz zu machen: Da hat man die Schwarze Kirche, den Weißen Turm, die Festung am Schlossberg und die Klostergasse/Str. Mureșenilor, danach die Purzengasse/Str. Republicii, mit einem Halt auf der vom Herbst bunt gefärbten Zinne mit einem Blick gesehen. Ein wenn nicht beeindruckender, dann zumindest erfreulicher Anblick.

Den Kaffee auf diesem schönen, von Geschichte geprägten, mittelalterlichen Marktplatz zu genießen, kann bei gutem Wetter wie eine Kur wirken.
Angenehm ist es auch, auf einer der zahlreichen Terrassen das Mittagessen zu sich zunehmen. Da bekommt man den Puls der Stadt zu spüren, es wimmelt nur so von Menschen. Wie in jeder Großstadt, im Zentrum, halt.

Diese Atmosphäre endet an Wochenenden, wenn Ereignisse stattfinden. Zwar stehen nicht wöchentlich „kulturelle“ oder „sportliche“ Events im Programm, doch reichen manche aus, um für weitere Weekends einen großen Bogen um den Marktplatz zu machen, wenn schon von Weitem krächzende Lautsprecher zu hören sind. Das geschieht meist bei musikalischen Veranstaltungen, wo Folkloreensembles, Rockbands oder Unterhaltungsmusiksänger sowie beispiels-weise Kinderchöre und Ballettgruppen auf die Bühne treten. Aber auch bei „literarischen“ Ereignissen, wenn Diskussionen stattfinden oder am Mikrofon minutenlang geredet wird, aber alles sehr schlecht zu hören ist. Die für einen derart großen Platz unterdimensionierten oder mangelhaften Lautsprecher bieten eine auditive Qual, denn neben der Bühne ist es viel zu laut und weiter davon entfernt sind die Töne verzerrt.

Durch richtige Tonausstattung wie beim „Goldenen Hirsch“, die die Songs tadellos nicht nur am Marktplatz oder unter der Zinne, sondern auch in mehreren Stadtvierteln klar erklingen ließ, beginnt man, guten Ton richtig zu schätzen und Lärm zu vermeiden. Doch bleibt das eher ein Einzelfall.

Aber nicht nur das Ohr wird gekränkt, sondern auch das Auge. Denn das viele Getue bei solchen Ereignissen blockiert einen Großteil des Marktplatzes. Seine Schönheit wird verdeckt, es sind nur noch Menschengruppen zu sehen, die Bühne, bunte Werbefahnen, Sportgegenstände oder aufblasbare Tore. Nichts gegen Sport! Im Gegenteil. Es ist herrlich, dass Kinder und Erwachsene durch öffentliche Ereignisse das Sportangebot der Stadt kennenlernen und wahrnehmen, zum Beispiel, welche Sportclubs in der Stadt funktionieren und was sie machen. Doch muss das nicht ausgerechnet im Zentrum der Stadt geschehen. Dazu gibt es Parks, wie der am Noua-See, wo des Öfteren erfolgreiche Ereignisse stattfinden.

In Parks gehören auch die Jeeps für Kinder, mit denen sie jetzt zwischen Fontäne und Altem Rathaus herumfahren dürfen. Die Eltern sind begeistert, das breite Lächeln ihrer Sprösslinge zu verewigen, geben Anweisungen, wo diese entlang fahren sollen, um niemanden anzufahren, freuen sich mit den Kleinen. Genauso tun sie es auch bei den vielen kleineren Events auf dem Marktplatz, wo offensichtlich hauptsächlich Familienangehörige oder Freunde zusammenkommen, um Kinder auftreten zu sehen oder eine Initiative zu unterstützen. Viele der Passanten bleiben nicht allzu lange hier stehen, gehen ihrer Wege, schlecken weiterhin an ihrem Eis oder schlürfen ihren Kaffee. Vor allem das Gedränge und das Gewimmel bleiben auch den Touristen im Sinn, die von der ungezwungenen Atmosphäre, die es hier sonst gibt, nichts mitbekommen.

Aber vielleicht gibt es doch Hoffnung, dass der Marktplatz nicht mehr mit so vielen Ereignissen überfallen wird und diese anderswo stattfinden werden, so wie die „Gaudeamus“-Buchmesse, die während des Schlagerfestivals auf den Johannisplatz/Piața Sfântu Ioan versetzt wurde.
Genug wäre es doch schon, den Weihnachtsmarkt und die Silvesterfeier am Alten Kronstädter Marktplatz zu veranstalten, damit Leute zusammenkommen und sich gemeinsam freuen. Ab und an einen Markt zu veranstalten, wo Lokalproduzenten ihre handgemachte Ware anbieten könnten, die gut zu dem Spezifikum des Marktplatzes passt, der ja schon im Mittelalter als Marktplatz genutzt wurde. In 365 Tagen würden bestimmt noch einige Filmvorführungen oder Konzerte im Freien dazu passen, doch äußerst selten und ausschließlich wenn sie gut organisiert und die Tonanlagen perfekt sind.