WORT ZUM SONNTAG: Unser Lebensblatt am Lotosbaum

So lautet eine Sage des Morgenlandes: An der Grenze des Paradieses steht ein Lotosbaum, der als Sinnbild des Lebens gilt. Auf jedem seiner Blätter sei der Name eines Menschen eingeschrieben, der noch lebt. In der Neujahrsnacht jedes Jahres, der „Schicksalsnacht“, gehe Gott durch den Paradiesgarten und schüttle den Lotosbaum. Mit den fallenden Blättern erlösche im neuen Jahr das Leben der Menschen, deren Namen sie tragen.

Ein anschauliches Bild über unsere Lebensdauer. Laut Experten leben heute etwa 7 Milliarden Menschen auf Erden. Nehmen wir als Durchschnitt 70 Lebensjahre an, so werden im neuen Jahr etwa 100 Millionen Menschen sterben. Es werden sehr viele Blätter herabfallen. Wird dein und mein Blatt darunter sein? Wir wissen es nicht. Wahr ist: Im neuen Jahr wird die Welt älter und auch wir. Noch ein paar Sommer, noch ein paar Winter, noch ein paar Krankheiten, noch ein paar Sorgen, noch ein paar Abschiede – und was dann? Dann fällt auch unser Blatt vom Lebensbaum und das Gras wird auf unserem Grab wachsen. Das ist der irdische Verlauf jedes Menschenlebens. Ob unser Blatt mit 20 oder 90 Jahren abfällt – am Ende gleicht unser Leben nur einem Hauch. Es vergeht mit Windeseile.

Nun stellt sich uns die Grundfrage: Da das Leben so kurz ist, was machen wir daraus? Auf welches Fundament bauen wir unser Lebenshaus auf? Vier Ehepaare hatten bei einem Architekten einen Vorvertrag für den Kauf von Häusern unterschrieben. Es wurde vereinbart: Die Häuser werden schlüsselfertig übergeben. Aber es kam anders. Der Architekt hatte es versäumt, den Boden des Grundstücks untersuchen zu lassen. Bei Bodenproben wurde festgestellt, dass die Häuser auf abgelagerter Schlacke gebaut werden sollten. Auf diesem Gelände hatte eine Firma ihre Schlacke entsorgt. Auf dieses Fundament konnten keine Häuser gebaut werden.

Auf welches Fundament haben wir unser „Lebenshaus“ gebaut? Wenn wir es nur auf Geld, Sinnesgenuss und Weltfreuden gebaut haben, wird es keinen Bestand haben. Es bricht in dem Augenblick zusammen, wenn unser Lebensblatt vom Lotosbaum abfällt. Für unser Lebenshaus gibt es nur ein unser Erdendasein überdauerndes Fundament: Der Glaube an Jesus Christus! Er hat erklärt: „Wer meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute!“ Ist das Fundament unseres Lebenshauses nur ein Schlackenboden materieller Güter, so haben wir noch Zeit, unser Haus auf den Felsen Christus zu bauen. Das können wir nur, solange unser Lebensblatt am Lotosbaum hängt. Nützen wir diese Zeitspanne.

Der Glaube an Christus schärft darüber hinaus unser Geistesauge für die wahren und bleibenden Lebenswerte. Im Jahr 1556 wurde eine spanische Flotte auf der Heimfahrt von Mexiko durch schwere Stürme nach Florida verschlagen. An der Küste hausten Indianer. Um ihre Gunst zu erwerben, schenkten ihnen die Spanier einige Säcke mit Gold und Silber. Die Indianer leerten das Gold und Silber aus und behielten nur die Säcke. Mit dem Edelmetall wussten sie nichts anzufangen, nur die Säcke waren für sie wertvoll. Die Spanier lachten über die Torheit dieser Naturkinder.

Sind wir klüger? Wir bestehen aus Leib und Seele. Der Leib ist nur die sterbliche Hülle unserer unsterblichen Seele. Ist diese Hülle uns wichtiger als ihr geistiger Inhalt, handeln wir genauso töricht wie die Indianer von Florida? Damit stellen wir doch die Lebenswerte auf den Kopf!

Bauen wir unser Lebenshaus auf den Felsen Christus. Dadurch erkennen wir auch die richtige Wertordnung, nach der wir unser Leben im neuen Jahr einrichten sollen: Zuerst Gott – dann die Welt! Zuerst die Seele – dann der Leib! Zuerst der Geist – dann die Materie! Zuerst das Gute – dann das Geld! Richten wir unser Leben danach ein. Fallen wir als welkes Blatt vom irdischen Lotosbaum herab, werden wir zu einem ewigen Blatt am Lotosbaum Gottes.