WORT ZUM SONNTAG: Unser Reiseziel: „Immer nach Hause“

Wir wollen lang leben, aber unsere Lebenszeit ist kurz. Treffend sagt der Apostel Jakobus: „Rauch seid ihr, den man nur eine Weile sieht; dann verschwindet er!“ Viele erreichen nicht einmal das Rentenalter, sterben bei Katastrophen, Unfällen, im Krieg oder den Herztod. Die meisten Menschen führen ein arbeitsreiches Leben, voll von Verzichten, öfter von Krankheiten belastet, vom „Pech“ verfolgt. Viele werden im ersehnten Rentenalter zu Pflegefällen. Es gibt aber auch „Glückspilze“, denen die so heiß begehrten „Glücksgüter“ in den Schoß fallen, die ihnen helfen, das Leben „in vollen Zügen“ zu genießen. Selten aber werden Genussmenschen hundert Jahre alt. Wir fragen: „Ist das alles?“ Für den Ungläubigen, der nach dem Motto lebt, „das Drüben mag mich wenig kümmern“, ist das wirklich alles. Wir fragen weiter: „Ist das die endgültige Wahrheit?“

Der einstige Dänenkönig Sigar fragte einen alten Barden: „Woher kommt der Mensch und wohin geht er?“ Der Barde zeichnete mit einer Kreide einen Kreis an die Wand und sagte: „Das ist des Menschen Herkunft und Ziel: Von Gott bist du gekommen, zu Gott sollst du zurückkehren!“ Wenn der Mensch sich aber weigert, den Weg zu Gott zu gehen, was dann? Ihm wird es wie dem Reisenden in der Wüste ergehen. Von Hunger und Durst erschöpft, sieht er plötzlich eine Oase mit frischem Wasser und köstlichen Früchten. Er geht auf das rettende Ziel zu, doch plötzlich verschwindet es. Es war nur eine Luftspiegelung. Sie schaffen keine bleibende Heimat. Im irdischen Leben bleiben wir Sucher, keine Finder.

Der große Denker Augustinus mahnt uns: „Der wahre Christ weiß, dass er in seinem Hause und in seiner Heimat nur als Fremdling weilt. Droben ist seine Heimat; hier ist er nur Gast!“ Das erkannte auch Goethe und schrieb: „Wohl bin ich nur ein Wanderer, ein Waller auf der Erde! Seid ihr denn mehr?“ Dem Genussmenschen schreibt der Dichter Gorch Fock ins Tagebuch: „Wir sterben alle am Wege; wer von erreichten Zielen spricht, ist ein Narr!“ Der hl. Franz von Sales will unsere Hoffnung stärken: „Das Leben ist kurz, aber doch von unendlichem Wert: denn es birgt den Keim der Ewigkeit in sich! Selig der Mensch, der denn Sinn dieser Wahrheit versteht!“ Das unterstreicht auch der schwedische Schriftsteller August Strindberg (1849-1912), der nach vielen Irrungen diese Lebenswahrheit erkannt hat: „Halte das eine Auge auf die Erde, das andere zu den Sternen gerichtet! Setz dich nicht fest und lass dich nicht nieder, denn es ist nur ein Wanderweg, keine Heimat, sondern eine Fremdenherberge!“

Wir treten in die Adventszeit ein. Die Tage sind kürzer, die Nächte länger geworden. So haben wir mehr Zeit, um über uns und unseren Lebensweg nachzudenken. Sind wir auf dem rechten Weg? Wie handeln wir im täglichen Leben, wenn wir eine große Reise unternehmen? Wir kennen unser Reiseziel und wählen das entsprechende Fahrzeug. Wir erkundigen uns im Reisebüro, studieren den Fahrplan und geben Acht, dass wir nur in das Fahrzeug einsteigen, das uns an das gewünschte Ziel bringt. Wer in ein falsches Fahrzeug einsteigt, gelangt nicht ans Ziel. So handeln wir im alltäglichen Leben. Leider handeln viele Menschen nicht so, wo es um die alles entscheidende Lebensreise geht. Sie steigen nur in Verkehrsmittel ein, die sie nur zum Gelderwerb und zu Genüssen bringen. Schließen sterben sie am Wege, ohne das eigentliche Lebensreiseziel zu erreichen.

Wollen wir auf dem rechten Weg bleiben, müssen wir uns an das Wort des weisen Barden halten: „Von Gott bist du gekommen, zu Gott sollst du zurückkehren!“ Die Adventszeit möge in uns den nötigen Lebensernst erwecken und stärken. Dann wird unsere Lebensreise ihr Ziel erreichen, die der Dichter Novalis so einprägsam formuliert hat: „Wohin gehen wir denn? Immer nach Hause!“