Auf den Spuren von Stefan dem Großen

Die bunten Moldauklöster der Bukowina im Welterbe der UNESCO

Kreuzzugsfresko im Pronaos des Klosters Pătrauţi

Porträt von Stefan dem Großen (Kirche des heiligen Ilie, Suceava)

Pridvor im Kloster von Suceviţa

Das typische Blau von Voroneţ

Decke des Pridvor in der Klosterkirche Humor.
Fotos: George Dumitriu

Überall begegnen wir ihm, Stefan dem Großen, einem der beliebtesten rumänischen Helden, später sogar Heiligen. Vor allem aber die Klöster in der Bukowina tragen fast unweigerlich seine Handschrift. Einzigartig als Teil des rumänischen UNESCO Welterbes  sind sie durch ihre an den Außenwänden bunt bemalten Kirchen. Sollten die fröhlichen Farben in der grünen Einöde des Waldes den Gläubigen schon von weither ins Auge fallen?

Reichten die Innenwände nicht aus, um den des Lesens Unkundigen die Bibelgeschichte näher zu bringen?  Oder sollten die Farben nur die Aufmerksamkeit derer fesseln, die den Gottesdienst in Kirchenslawisch nicht verstanden? Was sich Stefan der Große dabei gedacht haben mag? 

Dokumente verraten nur trockene Daten über den berühmten Herrscher, der den Thron der Moldau mit nur 24 Jahren bestieg und als Stefan III. von 1457 an fast 50 Jahre lang regierte. In seiner Zeit führte das Land zahlreiche Unabhängigkeitskriege, seine Qualitäten als Stratege und Diplomat wurden gerühmt. Papst Sixtus VI. bezeichnete ihn als „Athleten Christi“.  Vor allem aber seine menschlichen Stärken haben den großen Mann, der von Statur eher kleinwüchsig war, bis heute in der Volksseele am Leben erhalten.

Wandeln wir also auf seinen Spuren...von Vatra Dornei aus nach Moldoviţa, dann über den Ciumirna Pass mit malerischem Ausblick auf bewaldete Hügelketten in Richtung Suceviţa. Von dort aus fahren wir über Gura Humorului  in Richtung Suceava und machen Abstecher zu den Klöstern Vorone] und Humor, einen Umweg zur Kirche Arbore, zu den Klöstern Pătrăuţi und Probota. In Suceava erwartet uns das Kloster von Johannes dem Neuen.

Moldoviţa

An diesem Ort erbaute einst Alexander der Gute ein Kloster, das zu Beginn des 15. Jahrhunderts einem Erdrutsch zum Opfer fiel. 1532 errichtete Petru IV. Rareş – der Sohn von Stefan dem Großen mit der historisch unbekannten Răreşoaia, gleich zweimal Herrscher der Moldau (1527-1538 und 1541-1546) – an der selben Stelle das heutige Kloster. Die Außenbemalung besteht aus Fresken auf tiefblauem Grund.

Eines der bekanntesten ist die Darstellung der „Himmelsgrenzen“ (Vămile Cerului), jenem Ort, an dem sich die Seelen einer populären Legende zufolge sofort nach dem physischen Tode vor dem Eintritt in den Himmel ihren Weg durch ein Labyrinth mit vielen Hindernissen, bei deren Überwindung sie Engel unterstützen, bahnen müssen. Die Szene der Himmelsgrenzen findet sich ebenso in den Fresken der Kirchen von Humor, Arbore und Voroneţ.

Suceviţa

Einer der größten Klosterkomplexe, beeindruckend vor allem wegen seiner riesigen vierkantigen Einfriedung mit den vier Verteidigungstürmen, stellt das Nonnenkloster Suceviţa dar. 1581 von Bischof Gheorghe Movila, einem Enkel von Stefan dem Großen, erbaut, ist es dem Entschlafen der Muttergottes geweiht. Die beiden Vorräume (Pridvor) ließ dessen Bruder, Fürst Ieremia, später anbauen. Er war es auch, der die Mauer mit den Türmen anfügte. Die Bilderflut in Suceviţa gilt als am besten erhaltene von allen Moldauklöstern.

Das berühmteste Außenfresko stellt die Jakobsleiter dar, auf der dem Eingang der Festung zugewandten Nordwand. Hier erklimmen die Seelen Stufe für Stufe, von Engeln unterstützt, den steilen Weg ins Himmelreich. Die Stufen stehen für bestimmte Tugenden, die es zu meistern gilt. Wer die letzte Stufe der Liebe erreicht, dem streckt Jesus von oben die Hand entgegen.

Im Inneren der Klosterkirche ruhen die Gründer Ieremia und Gheorghe Movilă, deren Vestimentar und bestickte Grabtücher neben prunkvollen Kirchenobjekten und alten Büchern im klostereigenen Museum ausgestellt sind. Elisabeta, Ieremias Ehefrau, zu sehen auf dem Votivbild, ist nicht hier beigesetzt. Sie soll noch vor seiner Thronbesteigung ein erniedrigendes Ende im Harem eines türkischen Sultans gefunden haben. Der türkise Farbgrund der bemalten Klosterkirche war früher innen wie außen über und über mit feinen, goldenen Sternchen dekoriert. Wer aufmerksam sucht, kann in machener Ecke noch Spuren eines solchen Sternchens entdecken. 

Für Fotofreunde bietet sich der schönste Blick auf den Klosterkomplex von der kleinen Holzkirche auf dem gegenüberliegenden Hügel, der leicht bestiegen werden kann.

Voroneţ 

Die dem heiligen Georg geweihte Klosterkirche – auch als „Sixtinische Kapelle des Ostens“ bezeichnet – wurde 1488 von Stefan dem Großen erbaut, als Dank an den Einsiedlermönch Daniil, der dem Woiewoden geraten hatte, die Türken aus der Moldau zu vertreiben.  In einer Zeit des Friedens errichtet, in der der Staat zentralsiert und Kultur und Wirtschaft ausgebaut wurden, stellt Voroneţ einen  der vollendetsten Klosterbauwerke dar.

Die Malereien im Inneren wurden erst um 1535 hinzugefügt. Die Außenbemalung der Klosterkirche entstand im Jahre 1547. Was die Farben der Fresken betrifft, so konnte bisher noch niemand die genaue Formel entschlüsseln. Die irisierend blaue Grundfarbe enthält jedenfalls als Hauptbestandteil Lapislazuli, das Pulver des blauen Steins, der schon seit 7000 Jahren in zahlreichen Kulturkreisen, vor allem im Alten Ägypten, beliebt war.

Als Pigment spielte er im Mittelalter in der Kunst eine große Rolle als Farbgrundstoff für Fresken und Bücher. Voronetzblau wurde bald ebenso ein Begriff wie Tizianrot oder Veronagrün. Das beeindruckendste Fresko an der Außenwand des Klosters  -–das Jüngste Gericht – nimmt die gesamte Ostwand ein.

Humor

1530 errichtete Petru Rareş, der Religiösität und künstlerischen Sinn seines Vaters geerbt haben soll, zusammen mit einem seiner hohen Beamten, Teodor Bubuiog, das Kloster an der Stelle eines älteren Komplexes. Als eines der ersten bemalten Klöster wurde es 1535 mit Fresken auf braunrotem Grund ausgestattet. In Humor wurde lange das berühmte Humor-Evangelium aufbewahrt, das Angaben zu Leben und Herrschaft von Stefan dem Großen enthält. Das von dem Mönch Nicodim mit kostbaren Miniaturen illustrierte Buch stammt aus dem Jahre 1473. In der Grabkammer des Klosters ruhen die Gebeine des Mitgründers Teodor Bubuiog.

Arbore

Die 1503 erbaute Kirche trägt den Namen ihres Gründers Luca Arbore, einem General von Stefan dem Großen. Die Fresken auf grünem Grund sind teilweise weniger gut erhalten, dennoch lohnt sich ein Besuch. Ihrem Namen gerecht werdend, beherbergt der Kirchhof zahlreiche knorrige Bäume, die vor allem in schneebedeckter Winterlandschaft einen kontrastreichen Gegensatz bilden. Den Glockenturm über dem Eingang kann man zu Fotozwecken besteigen.

Pătrăuţi

Die 1487 von Stefan dem Großen erbaute Kirche ist die kleinste und war seinerzeit als Einzige für ein Nonnenkloster bestimmt. In der dem  Heiligen Kreuz geweihten Kirche finden wir ein großes Votivbild des Herrschers mit seiner Familie. Berühmt sind die Innenfresken, vor allem die Darstellung des heiligen Kreuzzugs (cavalcada) im Pronaos. Von der nach 1550 realisierten Außenbemalung sind nur noch Fragmente erhalten. Die Glocke nahe der runden Steinplatte, auch als Tisch von Stefan dem Großen bezeichnet, soll der Legende zufolge Hagelwolken abwehren können.

Probota

Das Kloster von Probota als erste Gründung von  Petru Rareş wurde 1530 anstelle eines Holzkirchleins aus dem Jahre 1398 errichtet. Sein Name bedeutet „Bruderschaft“.  Stefan der Große schenkte dem Kloster besondere Aufmerksamkeit, weil hier die Gebeine seiner 1465 verstorbenen Mutter ruhten. Die Innenfresken stammen aus dem Jahre 1532 und wurden kürzlich restauriert. Es ist umgeben von einer sechs Meter hohen Verteidigungsmauer und quadratischen Türmen. Zum Ensemble gehört ein Herrenhaus, von dem heute die Weinkeller aus der Zeit von Vasile Lupu erhalten sind. Die 1532 angebrachte Außenbemalung fiel weitgehend dem Zahn der Zeit zum Opfer.

Suceava

Das zwischen 1514 und 1522 errichtete Kloster zum Heiligen Johannes dem Neuen finden wir in der Straße Ioan Vodă cel Cumplit Nr. 2 auf dem Weg zur Festung von Suceava. Es ist neben Johannes dem Neuen, dessen Gebeine in der Kirche ruhen, auch dem Heiligen Georg gewidmet. Zwischen 1522 und 1677 befand sich hier die Residenz des orthodoxen Mitropoliten, seit 1991 dient das Kloster es als Residenz des Erzbischofs von Suceava.

Nachdem 1513 die Kathedrale des Mitropoliten durch einen Brand zerstört wurde, errichtete Bogdan III, der Sohn Stefans des Großen, hier ein neues Kloster. Zwischen 1532 und 1534, zur Zeit der Herrschaft von Petru Rareş, erhielt das Bauwerk seine Innen- und Außenbemalung. Von letzterer sind heute nur noch Spuren zu sehen.