Auf der Straße des Königs

Panoramafahrt auf der höchsten Straße Rumäniens, der Transalpina

Ausblick auf das Dorf Rânca im Parâng-Gebirge.

Hier sind die Erdarbeiten noch nicht ganz abgeschlossen.

Serpentinen

Der malerische Staussee „Lacul Tau“ lädt zum Rasten und ins Land schauen ein.

Steile Klippen und Geröll.
Fotos: Doris Mache

Hoch, hoch und noch höher geht es die gewaltigen Berge hinauf. Karge Vegetation, Wildnis, meist nur trockenes, langhalmiges Gras sowie Felsengeröll am Wegesrand und an den Hängen. Der Blick geht schier unendlich in die Ferne wo im Dunst unzählbare Bergketten bläulich schimmern…

Höchste Panoramastraße des Landes

Die Rede ist hier von Rumäniens höchster mit dem Auto befahrbarer Straße, der Transalpina. Sie verbindet auf rund 140 Straßenkilometern Siebenbürgen mit der Walachei und verläuft von Nord nach Süd parallel zum Olt- und Jiu-Tal. Obwohl die Straße 100 m höher liegt als die Transfagarasch Höhenstraße, ist diese kolossale Passage hierzulande weniger bekannt.

Der im Jahre 2009 begonnene Ausbau dieser Panoramastraße wurde in diesem Jahr nahezu fertig gestellt. Durch die neue Asphaltstraße, die sich zweispurig die Berge hinauf- und wieder hinunterschlängelt, ist die Bezwingung der Massive des [ureanu-, Cindrel- und Parâng-Gebirges in den Südkarpaten nun auch für Interessierte ohne „4-Wheel-Drive“ ein Vergnügen.

Für die Verbreiterung auf 2 Spuren waren umfangreiche Spreng- und Erdarbeiten vonnöten. Lediglich an einigen Stellen ist dieser gewaltige Aufwand noch sichtbar. Nun fehlt teilweise nur noch die Endschicht  aus Asphalt sowie Arbeiten an Brückenteilen und Geländern.

Mehrere Theorien zur Geschichte

Die Erschließung dieses Tores durch die wilde Bergwelt, dieser Straße, die  sogar in üblem Ausbauzustand als Nationalstraße DN 67C in den Karten vermerkt war, ist geschichtlich nicht ganz klar: Zum Teil finden sich Aussagen, dass hier im Parâng Gebirge eine Straße zum ersten Mal von den römischen Legionen in den Kriegen mit den Dakern ausgebaut und benutzt wurde.

Es existiert auch eine lokale Legende, dass im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert jede Familie, die damals im Bereich der Straße wohnte, je nach körperlichen und finanziellen Möglichkeiten am Bau eines Abschnitts der Straße teilgenommen haben soll. Andere Quellen verlauten, die asphaltierte Straße wurde von den Deutschen während des Ersten Weltkriegs aus militärischen Gründen gebaut, aber sehr wenig benutzt.

Unbestritten ist jedenfalls, dass die Transalpina in der Zwischenkriegszeit ausgebaut und von König Carol II. im Jahr 1935 eröffnet wurde. Daher trägt sie im Volksmund auch den Namen „Straße des Königs“.

Von Mühlbach über den Urdele Pass nach Novaci

Der Bereich zwischen den Orten Obârşia Lotrului und Rânca ist sicherlich mit Abstand am beeindruckendsten. Dennoch sollte man nicht die Mühe scheuen, die gesamte Strecke von Mühlbach/Sebeş im Norden nach Novaci im Süden (rund 140 km) zu befahren.

In Mühlbach beginnt die Reise auf rund 440 Höhenmetern. Die Straße verläuft hier zunächst noch oft geradeaus durch kleinere Gemeinden, später in vielen Kehren über zahlreiche Kilometer durch Wälder. Sie überquert mehrfach den Mühlbach, dessen Frischwasser bei den großen Seen Lacul Tău und Lacul Oaşa aufgestaut wird. Diese Seen liegen in direkter Nachbarschaft zur Straße. Sie laden zum Rasten ein und sind bestens geeignet für ein schönes Fotomotiv.

Bis Obâr{ia Lotrului überwindet die Straße einige Hundert Höhenmeter. Hier ist der riesige Vidra-Stausee zu bestaunen. (Er verfügt über eine Wasseroberfläche von 12 Quadratkilometern mit einem Wasservolumen von über 300 Millionen Kubikmetern! Der Damm und das Wasserkraftwerk wurden zwischen 1965 und 1972 erbaut und das Kraftwerk ist das zweitgrößte Rumäniens nach dem bekannten Eisernen Tor bei Orşova im Süd-Westen Rumäniens, wo der Fluss Cerna in die Donau fließt.)

Die absolut faszinierendste Bergwelt beginnt nun nach Obârşia Lotrului, wenn sich die Straße durch das einzigartige Parâng Gebirge über unzählbare Serpentinen windet. An dieser Stelle befinden wir uns mittlerweile schon auf etwa 1350 Höhenmetern. In Richtung Novaci fahrend, schrauben wir uns in langgezogenen Schlingen die immer karger werdenden Berge hinauf.

Die maximal höchste mit dem Pkw befahrbare Stelle wird beim Urdele-Pass erreicht, der 2145 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Hier endet die Baumgrenze vollständig, nur zähes Gras und ein wenig Buschwerk sind geblieben. Ein frischer Wind weht über die kargen, runden Bergkuppen.

Geröll durchbricht hier und da die Grasnabe, Schafherden weiden friedlich am Wegesrand. Kleine Buchten neben der Straße laden zur Rast ein, zum Schauen und Staunen, zum Fotografieren und Wandern und sogar zum Modellfliegen mit Motorseglern.

Ein Mekka für Wanderfreunde

Die Abfahrt zum Bergdorf Rânca, etwa 1600 m hoch gelegen, erfolgt in Schleifen nah am Hang. Hier sind umliegende Berghänge zur Ski-Abfahrt ausgebaut und im Winter mit einem Sessellift erreichbar. Leichte und mittelschwere Abfahrten sind zu  finden. Bei guter Sicht kann man von hier bis zur Spitze des Parângul Mare blicken, der sich 2519 Meter hoch im Westen erhebt. Im Dorf ist derzeit eine rege Bautätigkeit beim Häuserbau zu verzeichnen; in den nächsten Jahren dürfte hier ein Mekka für Freunde des Wintersports entstehen.

Die richtige Infrastruktur steht noch aus

Mit der Herrichtung der höchsten befahrbaren Straße Rumäniens wird diese Region der Karpaten wahrscheinlich in den kommenden Jahren ihr touristisches Potenzial voll entfalten können. Um die sicherlich gewaltigen Ausbaukosten wieder hereinzubekommen, sollte man eine Straßenmaut in Erwägung ziehen.

Man könnte aber auch daran denken, dass einhergehend mit größerem Touristenaufkommen für eine weitere nötige Infrastruktur Sorge getragen wird: akzeptable WCs und Abfallbehälter. Sonst dürfte dieses touristische Juwel in kurzer Zeit so aussehen wie manche stark frequentierten Wochenend-Freizeitplätze in diesem sonst  so wunderschönen Land.