Bei den Großeltern in der Bukowina

Streicheltiere, Holzhäuschen, Heidelbeermünder - Familienparadies inmitten der Natur

Das Haupthaus liegt auf einer Lichtung im Wald

Ein Spielwald zum Herumtoben

Gelu Iacob: „Die meisten Gäste kommen wegen der Ruhe und der Natur.“

PonyAmadeus freut sich über die kleine Aufmerksamkeit.

Sympathisches Ferienhäuschen: Casa Irinuca (www.casabunicilor.com)

Casa Irinuca: Dank dem riesigen Ofen ist es hier sommers wie winters gemütlich.
Fotos: George Dumitriu

Ferien im „Haus der Großeltern“  - klingt das nicht wunderbar? Pferde füttern, Hunde streicheln, den Stall mit den Schweinchen besichtigen und auf den Heuboden klettern. Nachmittage mit einem Buch auf einer der hölzernen Schaukelbanken im duftenden Nadelwald liegen. Fröhliches Kinderlachen dringt vom Abenteuerspielplatz herüber: zwei Jungen torkeln wie  betrunkene Spinnen durch die zwischen Baumstämmen aufgehängten Netze; ein kleines Mädchen reicht Pony Amadeus schüchtern eine Möhre. Garfield hockt mit erhobener Pfote, bereit zum Zuschlagen, vor dem Fischteich, während Herr Iacob die Meisen in einem Holzschöpfer, der von einem Tannenast hängt, füttert. „Manchmal erwischt er sogar was!“, lacht er über die Ambitionen des  rotgetigerten Katers. 

Und Oma und Opa? Wir begegnen ihnen hinter dem Haupthaus: Fünf Häuschen haben sie uns dort hinterlassen, alle aus dicken Balken, mit einem gemütlichen Wohnraum und  Schlafstätten unter dem Dach. „Eins für Reiche, zwei für Arme, zwei für die Mittelschicht“ erklärt Gelu Iacob den „touristischen Standard“ und führt uns zu Casa Irinuca, benannt nach der früheren Besitzerin. Wie übrigens alle seine Häuschen, die er im Laufe der Zeit  aus der Region zusammengetragen und hier wieder aufgebaut hat. Als Vermächtnis unserer „Großeltern“ aus der Bukowina! 

Unser Blick schweift über ausgedehnte, bewaldete Hügel, als wären wir fern von jeder Zivilisation. Lärm gibt es hier nur in Form von Kinderlachen, Pferdegewieher, Hundegebell, Vogelgezwitscher und einem gelegentlichen Muhen von Clarabella, die mit Fohlen Viorel die Weiden unsicher macht. Alle Tiere haben hier Namen, die meisten laufen frei herum. Gelu Iacob erinnert sich amüsiert, wie eines Tages ein Gast aufgeregt  angerannt kam: „Da steht ein Pferd im Wohnzimmer!“ Tja, das kann schon mal passieren.

Verwunschenes Paradies

Drei Kilometer weiter, einen Abend zuvor: Nach einem Tag im Kloster Humor und einem  Besuch bei „Tanti Maria“, die alte Bukowiner Trachtenblusen „restauriert“ und an Touristen verkauft, ist es dunkel geworden. Kein Grund zur Sorge, wimmelt es doch nur so vor Pensionen im Dorf Mănăstirea Humorului. Wir aber suchen etwas Besonderes: authentisch und rustikal - immerhin sind wir in der Bukowina! Die Restaurateurin aus dem Kloster empfiehlt uns eine Pension mit Forellenzucht  am Ende des Dorfes: „Casa bunicilor“. In stockdunkler Nacht machen wir uns auf den Weg. Das letzte Stück führt auf hoppeliger Lehmstraße tief in den Wald. Da, ein Lichtschein dringt durch die Bäume! Sind hier nicht auch Fischteiche?

Herr Iacob begrüßt uns wie alte Bekannte, als wir den großzügigen Gastraum betreten. Nein, ein Zimmer hat er nicht mehr frei - aber wegschicken tut er uns auch nicht, und schon hält jeder  ein Palinca-Glas in der Hand. Trotz später Stunde werden rasch zwei Forellen gebraten.

Am nächsten Morgen - er hatte uns großzügig sein eigenes Zimmer überlassen und in einer der noch unfertigen Hütten übernachtet - bemerken wir erst die Idylle. Paare und Familienfrühstücken an rustikalen Tischen auf der  mit Baumstümpfen eingefriedeten Terrasse, aus denen ein Meer an Blumen quillt. Kinder, die nicht warten können, bis  das Essen kommt, klettern in den Netzen zwischen den Bäumen herum, nehmen mal schnell einen Schluck Milch, und schon sind sie wieder weg. Wir lassen vor uns aufbauen, was das Haus zu bieten hat - alles  „bio“ und selbstgemacht: Apfelsaft, naturtrüb. Dickmilch, im Steinguttöpfchen sauer geworden, mit einer festen Schicht Rahm obendrauf, die man erst mit dem Löffel durchstoßen muss. Heidelbeermarmelade. Kartoffelpuffer  und Omelett mit Steinpilzen. Die in Tannenrinde geräucherten Forellen und den Steinpilzeintopf heben wir uns für später auf. Ob wir das überhaupt alles schaffen?

Schnell kommt man mit den Gästen ins Gespräch. Eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern und deren Oma kommt seit Jahren immer wieder. Hier langweilen sich die Kleinen nicht und sie kann herrlich abschalten. Die meisten Gäste wollen einfach nur die Natur genießen und entspannen, bestätigt  Herr Iacob.  „Etwa 30 Prozent verlängern spontan - zuletzt  Österreicher, die drei Wochen blieben!“ Stolz zeigt er uns das Anwesen: Die  Koppel mit den Ponys, den Pferdestall, wo Maharadscha, Spirit und Nor Liber uns zärtlich schnaubend begrüßen. Ziegen, Hühner, Wachteln. Die Säue Aranis und Tantanel, umwuselt von rosa Ferkeln. Zwei zottelige Hirtenhunde beschnuppern uns,  weswegen Labradorin Elsa  eifersüchtig bellt. Und alle streichellieb!

Hinter dem Stall führt ein geschotterter Weg auf den bewaldeten Hügel, gerahmt von hölzernen Bänken, die wie rustikale Hollywoodschaukeln an Seilen von den Bäumen baumeln. Zurück geht es - an Casa Aglaia vorbei, noch im Aufbau befindlich - über die Wiese hinter dem Haupthaus. Auch die kleinen Häuschen kann man mieten. Nur Gruppen nimmt  Herr Iacob schon lange nicht mehr. „Sie machen Krach und Unsinn, betrinken sich und - hier!“ zeigt er auf einen schwarzen Fleck im Grillhaus. „Hier haben sie mir sogar einen Balken angezündet!“

Herr Iacob ruckelt an der hölzernen Tür von Casa Irinuca. Auf Strumpfsocken dürfen wir das gemütliche Innere erkunden: ein typischer Ofen in der Mitte, weißgetüncht, dahinter die Stiege zum kuscheligen Schlafraum unter dem Dach. An den Wänden hängen leuchtendbunte Webteppiche.  Ein Dorfmuseum zum Wohnen - wäre da nicht die gläserne Wand, die für Helligkeit sorgt und den Blick in die herrliche Landschaft freigibt.

Im Haupthaus aus dicken Eichenbalken stehen in jedem Zimmer Bücherregale.  Damit sich die Gäste nicht langweilen. Gelu Iacob streicht liebevoll über ein Rundholz, dessen Ringe er irgendwann gezählt hat. „Der Baum ist von 1700,“ sagt er leise. „Können Sie sich vorstellen, mit etwas zu kommunizieren, das aus dem Jahr 1700 stammt?“

Radeln, Reiten, Wandern zu den Moldauklöstern

Wer nicht nur faulenzen und schlemmen möchte, kann hier Mountainbike fahren, reiten, wandern oder im Winter auf der nur 10 Kilometer entfernten Piste in Gura Humorului skifahren. Ein auch mit dem Rad befahrbarer Weg führt nach Cacica, wo es eine Saline und eine Kathedrale zu besichtigen gibt,  andere zu den Klöstern Humor, Sucevi]a und Vorone]. Auch Pferdeschlitten und Kutschen stehen zur Verfügung.

Zu Ostern und Weihnachten werden Bukowiner Bräuche gepflegt: „Ich habe auch viele traditionelle Spezialitäten, die jedes Tiramisu unter den Tisch verbannen“, frohlockt Gelu Iacob.  Die meisten Gäste jedoch kommen, weil sie ihren Kindern wenigstens einmal bieten wollen, was sie selbst noch in den Ferien bei Oma und Opa auf dem Land erleben durften: in der freien Natur zu spielen. „Das macht mich immer ein wenig traurig“, seufzt Herr Iacob und streicht über den 300 Jahre alten Balken. Unten wiehert es leise. Mal wieder ein Pferd im Wohnzimmer?