Die Felsenkirchen im Kreis Buzău

Kultstätten aus der Bronzezeit, frühchristliche Kirchen, orthodoxe Mönchsklausen

Die Verbindung zwischen den alten Felswohnungen und der neuen Kirche ist heute mit wärmedämmenden Fenstern versehen.

Der Eingang in die Felskirche

Mögliche Feuerstelle in einer der Mönchswohnungen

Eine der Nischen in der Felskirche

Im Boden wurden öfters Steinkreuze gefunden, einige davon auch beschädigt, wie dieses. Gesäubert, werden mehrere davon in einer Mönchswohnung aufbewahrt.

Alles entstand hier durch Aushöhlen des Felsens: Tische, Nischen, Wände und Decken.
Fotos: Hans Butmaloiu

Im Bosau-Gebirge (rum. mţii. Buzău, dt. Bosau laut „Kronstädter Heimat und Wanderbuch, Heinrich Wachner, 1934) befinden sich mehrere Felsenkirchen, deren Entstehung irgendwo in grauer Urzeit zu suchen ist. Historiker, welche sich mit dem Komplex befasst haben, entdecken immer wieder neue Spuren der Nutzung als Kultstätten in dem Gebiet von etwa 80 Kilometern Länge, in dem sich die Gemeinden Bozioru, Colţi, Cozieni und Brăeşti befinden. Von den etwa 30 Stätten gehen einige bis in die Bronzezeit und zum Anfang der Hallstatt-Kultur zurück. Ihre Bedeutung als orthodoxe Kirchen beginnt jedoch erst später, als die Wojewoden  Radu von Afumaţi oder Mihnea Turcitul (der Türkisierte) sie in Schriften erwähnen ließen.

Eine erste wissenschaftliche Erforschung erfolgte 1871 durch den Schriftsteller, Archäologen und Politiker Alexandru Odobescu, der zusammen mit dem Schweizer Maler und Grafiker Henri Trenk eine illustrierte Erfassung erstellte. Eine Veröffentlichung von Kanzleischriften mit Bezug auf die Felsenkirchen gab es erst um 1955, als auch Kirchenarchive ausgewertet wurden.

Heiliger Sava der Gote

Die auf der Ostseite der Karpatenkrümmung befindlichen Felsenkirchen lagen zu der Zeit der römischen Besetzung Dakiens nahe der Verbindungswege zwischen Moesia Inferior (heute Dobrudscha) und dem römischen Dakien ( Siebenbürgen). In diesem Kontext wird der Komplex bei Aluniş/Nucu in die frühchristliche Zeit datiert, als römische Legionäre das Christentum  auf die linke Seite der Donau brachten. Hier fanden die Goten wahrscheinlich kleinere Gemeinden lokaler Urchristen vor. Etwa 334 erblickte in dieser Gegend einer der wichtigen orthodoxen Heiligen das Licht der Welt, nahe des Flusses Mousaios (heute Buzău). Sein Leben und Martyrium wird in dem „Brief der Gotteskirche aus dem Gotenreich an die Gotteskirche in Kappadokien und alle Kirchengemeinden der Heiligen Allgemeinkirche“ beschrieben. Es handelt sich um den Heiligen „Sava den Goten“, Namensgeber unter anderem auch des bekannten Bukarester Lyzeums. Welche Ausdehnung die heutige Felskirche bei Aluniş zu seiner Zeit gehabt haben könnte, ist nicht genau nachvollziehbar, denn die orthodoxe Kirchenordnung entstand erst in den folgenden Jahrhunderten, als der Ort ein Heim für Mönche wurde und die dafür benützte Bezeichnung „agatoane“ auftauchte. In diesen Felskirchen und den angrenzenden Räumen dürften sich Einwohner der Region auch während des großen Mongoleneinfalls 1241 versteckt haben - und gebetet haben, nicht entdeckt zu werden.  

Felskirche von Aluniş

Stellvertretend für die etwa 30 Felsenkirchen stellen wir die bekannteste von ihnen und die auch relativ leicht erreichbare bei Aluniş, Gemeinde Colţi, im Kreis Buzău vor.  Ihre Entstehung wird laut einer Lokallegende zwei Schäfern aus der Gegend zugeschrieben, Vlad und Simion. Einer von ihnen soll im Schlaf eine Stimme gehört haben, welche von ihm verlangte, er möge im Felsen graben, denn da, im Inneren, werde er eine Ikone der Heiligen Jungfrau Maria finden. Er begann zu graben, ihm half sein Gefährte und später auch die ganze Gemeinde, so dass die Ikone aus dem Felsen geborgen werden konnte. Anhand archäologischer Untersuchungen wird das Entstehen und die Nutzung der Felswohnungen neben der Kirche auf das vierte bis sechste Jahrhundert datiert. In der Felskirche selbst, beim Altar, befinden sich die Namen von Vlad und Simion auf einem Steinkreuz in kyrillischer Schrift. Nach Kyrill von Saloniki (826–869) benannt, dürfte die Schrift daher erst in den Stein gehauen worden sein, als die Kirche und die Räumlichkeiten schon einige Jahrhunderte alt waren. 
     
Schriftlich belegt ist die Felskirche bei Aluniş erstmals, als Frau Neaga, die Gattin von Mihnea Turcitul, dem Wojewoden der Walachei von September 1577 bis Juli 1583 und April 1585 bis Mai 1591, die Einsiedelei mit Privilegien versah und daraus ein Kloster machte. Zwischen 1649 und 1668 wurde die Felskirche erweitert und Streitigkeiten mit Nachbargemeinden geschlichtet, welche Ansprüche auf Waldabschnitte hatten. Damals dürfte die Felskirche ihr heutiges Aussehen erlangt haben: ein Hauptraum, das eigentliche Kirchenschiff von 8,80 Metern Länge, 4 Metern Breite und 2,80 Metern Höhe bis zur gewölbten Decke. Das Licht dringt durch zwei in den Fels geschlagene Fenster, gegenüber befinden sich mehrere in den Fels gehauene Nischen. Links und rechts der Türöffnung der Kirche liegen zwei Klausen, in denen einst Mönche wohnten und die ebenfalls in den Fels gehauen sind. Über stellenweise halsbrecherische Kletterpfade gelangt man in unmittelbarer Nähe zu weiteren fünf solchen Räumen, zu denen keine Datierung vorliegt. Diese dürften die ältesten sein, vielleicht aber auch Höhlen natürlichen Ursprungs und von Menschenhand nur erweitert. Ihrem Aussehen nach zu urteilen wurden drei davon nie ganz fertig gestellt und der Eingang des obersten Raumes, fast an der Spitze des Felshügels gelegen, ist heute von Geröll verschüttet.  

Ab 1871 wurde gleich neben der Felskirche, direkt an das Felsmassiv angelehnt, eine neue Kirche gebaut, die seither mehrmals repariert wurde, aber ihr Aussehen im Wesentlichen beibehalten hat. Heute ist es die Gemeindekirche von Aluniş, sie kann auch besichtigt werden. Sie ist Johannes dem Täufer geweiht und das jährliche orthodoxe Kirchengründungsfest findet am 29. August statt. Für den Besuch in der Felskirche und der  einstigen Wohnräume wird kein Eintrittsgeld enthoben,  es gibt an und für sich keine geregelten Besuchszeiten. Nach Aluniş gelangt man am besten über die Nationalstraße DN 10 Buzău – Braşov und biegt bei der Ausfahrt  Pătâlagele nach rechts in Richtung Gemeinde Colţi ab. Wer über keinen geländetauglichen Wagen verfügt, sollte den letzten Teil des Weges (½ Stunde) lieber zu Fuß zurücklegen.