Eine historische Reise durch die Dobrudscha

Römische Festungen und orientalische Kunst

Die Festung Heracleea thront auf einem schwer zugänglichen Felsen. Foto: die Verfasserin

Rumänien ist ein Land mit vielfältiger, faszinierender Geschichte. Über die Jahrhunderte haben viele Kulturen und Völker insbesondere in der Dobrudscha  ihre zahlreichen Spuren hinterlassen. Eine stattliche Anzahl an Ruinen von Festungen und Siedlungen machen das Gebiet nahezu zu einem riesigen, erlebbaren Freilichtmuseum.
Zur Erkundung dieser Schätze benötigt man nur ein Auto, eine gute Landkarte, etwas rumänische Sprachkenntnisse und Geduld. Belohnt wird der Aufwand mit überaus interessanten Einblicken. Besonders von Bukarest aus sind Ausflüge in die Dobrudscha an der Schwarzmeerküste aufgrund ihrer räumlichen Nähe interessant. Diese Region ist üblicherweise bekannt für Sonne und Meer (Schwarzmeerküste), besondere Pflanzen und Tiere (Donaudelta), sie bietet aber auch antike Funde aus griechischer und römischer Zeit.


Festung von Adamclisi und Denkmal


Den Ort Adamclisi mit dem bekannten Tropaeum Traiani erreicht man von Bukarest aus relativ zügig über die Autobahn A 2/Soarelui Richtung Konstanza/Constan]a. Die Ausfahrt „C²l²ra{i“ führt in Richtung „Silistra“ zur Anlegestelle einer eher abenteuerlichen Autofähre über die Donau. Nach der Flussüberquerung führt die Nationalstraße 3 je nach Jahreszeit an Mohn-, Distel- oder sonnenblumengesäumten Feldern vorbei zur Ortschaft Adamclisi. An der überaus sehenswerten Festung Adamclisi führt die Hauptstraße quasi direkt vorbei. Vorhandene dicke Mauerreste lassen die Weitläufigkeit und ehemalige Größe der Gebäude und der vermutlich 22 Türme erahnen. Noch erkennbar befinden sich innerhalb der Befestigungsmauern die Relikte mehrerer Kirchen und deren Säulen. Daneben standen seinerzeit in der Festung Wohnhäuser, es gab eine gepflasterte „Hauptstraße“ sowie ein ausgeklügeltes Entwässerungssystem, deren Reste noch gut erkennbar sind. Im Jahr 1880 wurde außerdem in der Nähe von Adamclisi vom Archäologen Grigore Tocilescu ein großer Grabhügel entdeckt und in den folgenden Jahren erforscht. Gefunden wurden zahlreiche Steinplatten und geschnitzte Steinreliefs. Die Fundsachen gehörten zu einem imposanten Denkmal, einer der bedeutendsten Funde dieser Art aus der Römerzeit: dem Tropaeum Traiani.
Schon weithin sichtbar auf einem Hügel erhebt sich das gewaltige, kreisförmige Siegesmonument. Es wurde in 109 n. Chr. vollendet, um den Sieg des Kaisers Trajan in der Schlacht zwischen Römern und Dakern zu feiern (101-102 n. Chr.). Das heute sichtbare Monument ist allerdings ein Nachbau von 42 Metern Höhe, 30 Meter im Durchmesser und zeigt auf 54 umlaufenden Reliefs kriegerische Kampfszenen. Sie zeugen von Tod, Tapferkeit und Heldentum und umgeben als Steinblock-Reliefs das Denkmal wie ein Gürtel. Auf der Spitze findet man eine 9 Meter hohe gesichtslose Statue, die mit Panzer, Schilden und Helm einen römischen Soldaten symbolisieren soll. Von den ursprünglichen 54 Reliefs sind 48 erhalten geblieben und im 1977 eröffneten modernen Museum nicht weit entfernt in der Ortschaft Adamclisi zu besichtigen. Dort sind auch noch andere sehenswerte Ausgrabungsstücke aus der Umgebung präsentiert.


Orientalische Kunst

Es bietet sich an, auf der baumgesäumten DN 3 nach Konstanza weiterzufahren. Von hier aus ist es nur ein Sprung zur bekannten Ruinenstadt Histria.
Fährt man die DN 22/E87 weiter in Richtung Tulcea und biegt bei Babadag in Richtung Schwarzmeer zum Dorf Enisala ab, entdeckt man die Zufahrt zur Festung Heracleea, die weithin sichtbar hoch oben auf einem Hügel liegt. Der Weg zur Festung führt an der sehenswerten Ali-Gazi-Pascha-Moschee vorbei, die aus dem 17. Jahrhundert stammt und somit die älteste Moschee in Rumänien ist. In der Nähe gibt es auch ein Museum, welches orientale Kunst ausstellt. Der Ort Enisala beherbergt ebenfalls ein Museum, das eine traditionelle Wohnraumausstattung sowie Werkzeuge aus vergangenen Zeiten präsentiert.

Byzantinische Festung Heracleea


Auf dem Weg zur Festung Heracleea ist es möglich, mit dem Pkw relativ weit den Berg hinauf zu fahren, der restliche kurze Fußweg zur Ruine ist jedoch stark ansteigend. Nach der Errichtung der ersten Befestigungsanlage aus byzantinischer Zeit soll hier im 13. Jahrhundert von Genuesen eine weitere erbaut worden sein. Damals gab es einen direkten Zugang zum offenen Meer, dies war somit ein strategischer Ort für Handel und Wirtschaft. Später wurde die Festung von Türken eingenommen und dann von Rumänien zurückerobert. Mit der Versandung des Golfs verlor die Burg jedoch an Bedeutung. Die damals bis zu 3 Meter dicken Wände der Burg sind teilweise gut erhalten, Bögen und frühere Türme sichtbar.  Das Außenmauerwerk schließt sich an steil abschüssige Felswände an. Von hier aus hat man einen atemberaubenden Blick zum im Osten liegenden Razelm See sowie auf die Delta-Landschaft mit saftigen Wiesen, Gräben und Schilfrohr.


Panoramablick von der Festung Capidava

Eine alternative Tour führt über Medgidia und Cernavoda an der Donau entlang nach Capidava oder auch, der besseren Straße wegen, über Konstanza die DN 2a/E60 entlang riesiger landwirtschaftlich genutzter Felder in Richtung Hâr{ova. Im Ort Stupina biegt man der Ausschilderung folgend nach links in Richtung Festung Capidava ab. Diese Festungsanlage erhebt sich strategisch günstig auf einem felsigen Hang direkt an der Straße am rechten Donauufer. Sie ist zwar eingezäunt, jedoch für jedermann frei zugänglich. Hier hat die Donau einen interessanten Flusslauf und von der Festung erblickt man die prächtige Flusslandschaft mit Baumbestand und saftigen Wiesen. Die Festung selber ist rechteckig und mit einer Fläche von etwa 100 mal 120 Metern recht groß. Sie wartet mit zwei Meter dicken Mauern sowie sieben Türmen auf, von denen die Restmauerwerke von zwei hufeisenförmigen, zwei viertelkreisförmigen und zwei rechteckigen Türmen noch gut erkennbar sind. In Richtung Südost findet man ein breites Tor; sicherlich früher der Zugang zum Donauhafen.
Fährt man von Capidava zurück auf die DN 2a/E60 und von dort aus in Richtung Hâr{ova, so kann man dort am Stadtrand die Überreste der Burg Carsium entdecken. Sie wurde ebenfalls auf der rechten Donauseite auf einer Anhöhe errichtet und wechselnd von Römern, Bulgaren und Türken in den verschiedenen Jahrhunderten bevölkert.
An dieser Stelle endet die exemplarische historische Rundreise durch die Dobrudscha. Auf den interessierten Leser warten jedoch weitere sehenswerte Stätten in der Dobrudscha, z. B. die Festungen Argamum und Aegyssus oder auch Troesmis.
Museen
Gewöhnlich sind Museen und andere sehenswerte Einrichtungen montags und dienstags nicht geöffnet. Sofern Eintrittspreise erhoben werden, so sind diese mit 2-4 Lei/Erwachsener vergleichsweise gering. Sehr angenehm ist auch, dass man all diese Schätze nahezu allein für sich hat. Man begegnet hier in der Regel nur wenigen Personen, höchstens an den Wochenenden ist mehr Betrieb. Der Fremdenverkehr in diesem Bereich schläft weiterhin seinen Dornröschenschlaf, verfügt aber über viel Potenzial.