Fremde Sofas entdecken

Couchsurfing als billige Reisealternative bei jungen Leuten hoch im Trend

Auf der Couchsurfing-Internetseite sind insgesamt 4040 Rumänen eingetragen. Die meisten davon, 1484, wohnen in Bukarest. Die zweitaktivste Couchsurfing-Stadt aus Rumänien ist Klausenburg/ Cluj-Napoca, mit 641 Teilnehmern, gefolgt von Temeswar/ Timişoara mit 241 Surfern.

Couchsurfer Kyle (links) aus Alabama zu Gast beim Österreicher Johann (rechts) in Bukarest.

Zuerst war der „Hospitality Club“, eine Online-Plattform, die gastfreundliche und reiselustige junge Leute miteinander in Verbindung brachte. Die Idee eines Gastfreundschaftsnetzwerks soll  bis nach dem zweiten Weltkrieg zurückverfolgt werden können, als der Pazifist Preston (Bob) Luitweiler die Reiseorganisation „Servas“ gründete. Heutzutage findet man die größte Vereinigung dieser Art auf www.couchsurfing.org.

Die Non-Profit-Organisation hat bereits über drei Millionen Mitglieder in 81.500 Städten und 246 Ländern und es kommen immer mehr Interessierte dazu. Spitzensurfer in Europa sind Deutschland und Frankreich. Das Durchschnittsalter der Couchsurfer liegt bei 27/28 Jahren, in der Regel sind die Teilnehmer jedoch zwischen 18 und 35 Jahren alt.

Couchsurfing bedeutet grundsätzlich, während einer Reise bei wildfremden Menschen auf dem Sofa zu schlafen. Das muss man aber nicht so genau nehmen, denn es gibt Mitglieder, die lediglich eine Gratis-Stadtführung anbieten, einen Kaffeeklatsch oder ein Bierchen am Abend in ihrer Stadt.

Andere wiederum stellen Fremden eine ganze Wohnung, ein Bett, ein Sofa, eine Hängematte oder ein Feldbett zur Verfügung, das ist ganz unterschiedlich. In Bukarest gibt es im Couchsurfing-Netzwerk 1467 Sofa-Anbieter. Einer davon ist Johann (23) aus Feldkirchen, Österreich, ehemaliger Praktikant bei der ADZ.

Das Phänomen Couchsurfing gewinnt immer  mehr an Bedeutung

Johann ist nicht lange dabei, seine Erfahrungen mit Couchsurfing waren aber bisher positiv. Als er zum ersten Mal nach Bukarest kam, suchte er sich einen Couch-Freund vor Ort aus und die beiden sind heute noch befreundet.

Auch die Reisen durch Rumänien unternahm Johann stets in Begleitung von Couch-Freunden. Wichtig für ihn ist vor allem, dass die Gastgeber Deutsch oder Englisch sprechen, dass sie ortskundig und gleichaltrig sind. In Bukarest beherbergte er Kyle, einen 23-jährigen Amerikaner aus Birmingham, Alabama. Kyle war zum ersten Mal in Bukarest und auf den Weg nach Klausenburg/ Cluj, um seine Freundin dort zu besuchen. Johann holte ihn vom Flughafen ab und lud ihn auf ein Bier im Lipscani-Viertel ein. Daraufhin gab Kyle ein gutes Feedback über die Unterkunft bei Johann. Für Couchsurfer ist es wichtig, denn die Zufriedenheit vorheriger Gäste ist ein häufiges Kriterium bei der Selektion der Gastgeber.

Die Studentin Irina (26) hingegen war nicht jedes Mal mit ihren Gastgebern zufrieden. Als sie in Paris bei einem jungen Mann zu Gast war, wurde sie von ihm angemacht. „Das Letzte, was sich eine reisende Frau wünscht, ist vom Gastgeber angebaggert zu werden.“, erzählt sie sichtlich irritiert. Deswegen findet man sie öfter in der Rolle der Gastgeberin als in der Rolle der Reisenden. „Hier in Bukarest lebt meine Familie, da fühle ich mich in Sicherheit“, sagt Irina. Leute, die schon mal bei ihr zu Gast waren und ihr einen guten Eindruck hinterlassen haben, kommen dann auf die Liste der möglichen Gastgeber in Irinas nächstem Urlaub.

Sebi (32), ein Ingenieur aus Bukarest, wollte in diesem Sommer Indonesien besuchen und dank Couchsurfing konnte er sich das auch leisten. Da die gleichaltrige Devi gute Referenzen hatte, schrieb er sie an. In Jakarta wurde Sebi zu seiner Überraschung vom Chauffeur der Gastgeberin abgeholt. Devi hatte nicht eine Couch anzubieten sondern ein ganzes Gästehaus neben der prunkvollen Villa ihrer Familie.

Sebi wurde eine Woche lang in Jakarta herumkutschiert, bekocht und unterhalten. Im krassen Kontrast dazu übernachtete er in Bogor und Yogya in Lehmhütten auf Maniok-Plantagen und in einem Holcim-Bergwerk in Maloko. Warum er sich das antut? „Hotelzimmer sehen überall auf der Welt gleich aus“, sagt Sebi. Die Nähe zu anderen Menschen könne man nur dann spüren, wenn man mit ihnen und wie sie wohne.

Fakt ist, das Phänomen Couchsurfing gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dank Internet kann es auch  einfach recherchiert werden. Die Betreuer dieses Gastfreundschaftsnetzwerks stellen häufig Forschern anonymisierte Berichte über die Nutzer zur Verfügung, sodass man sich in Zukunft auf die Ergebnisse vieler soziologischer Forschungsprojekte freuen wird.