Heilendes Wasser und wohltuende Waldeinsamkeit

Băile Olăneşti, ein besonderer Kurort in den Südkarpaten

Am Ende vieler Wege harren Höhlen, Kirchen und Klöster ihrer Entdeckung.

Eins werden mit der grünen Lunge der Natur...

Mit PHARE-Geldern renoviert und modernisiert zieht der Kurort Medizintouristen aus dem In- und Ausland an.
Fotos: Aida Ivan

Die Fledermäuse von der finsteren Villa Nr. 18 - dies war die erste Erinnerung eines vierjährigen Kindes von der Ortschaft zwischen den Bergen Gerea, Folea und Căprăreaţa in den Südkarpaten. Trotzdem wurde die Wiederkehr an diesen besonderen Ort letztendlich zu einem Ritual. Das Leben war dann stets, zumindest für kurze Zeit, in seiner Bewegung unterbrochen. Der friedvolle, schweigsame Stillstand wurde zu einem treuen Gefährten, der wohltat. Irgendwann kam man mit dem Gefühl an, einen alten Freund zu besuchen: den Ort, wo die „goldenen Quellen“ springen, im Tal des Olăneşti-Flusses.

Einfache Angewohnheiten verselbständigten sich schnell. Bewegt hat man sich meist promenierend auf der Hauptstraße der Kleinstadt. Nicht selten traf man dort Eichhörnchen, die sich zutraulich herbeirufen ließen. Sehr leicht zu sagen, ob auf den Ruf „Mariana“ tatsächlich immer dasselbe Eichhörnchen herunterkam, oder ob es bloß ein allgemeingültiger Ruf für alle buschigen Schwänze aus den umgebenden Tannenbäumen war. Die Menschen hatten eben gelernt, Eichhörnchen „Mariana“ zu nennen und Nüsse anzuklopfen, und die Eichhörnchen hatten sich daran gewöhnt, ihnen aus der Hand zu fressen. Die Touristen kauften die Nüsse von Straßenhändlern. Die Straße war voll von verschiedenen Leuten, die allerlei Naturprodukte feilboten, die sie selbst gepflückt, gesammelt oder angefertigt hatten. Die Touristen verhandelten den Preis und freundeten sich oft mit den Verkäufern an. Auf diese Weise erfuhr man Lebensgeschichten aus allen Ecken des Landes.

Längst ein moderner  Kurort

Băile Olăneşti ist nicht allzu weit entfernt von der Hauptstadt (180 Kilometer) oder von Hermannstadt (120 Kilometer), außerdem liegt es auch nicht in größer Höhe (450 Meter),  und wurde  in den letzten Jahren stark durch das PHARE-Programm modernisiert. Eröffnet wurden ein Bad-Zentrum, ein Schwimmbecken mit Schwefelwasser und andere, der neuesten Mode entsprechende Einrichtungen. Immer mehr Medizintouristen haben seither die Ortschaft entdeckt - aus wirtschaftlticher Perspektive eine gute Sache. Andererseits sind die alten Villen hinter protzigen Luxus-Hotels verschwunden und Eichhörnchen kann man heute kaum noch sehen. Nur die Händler sind immer noch da, sie haben sich sogar vermehrt: Zu Kaufen gibt es jetzt alles, von edlen Pelzmänteln und Holzspielzeug über Honigprodukte bis hin zu kitschigen Landschaftsgemälden.

20 Kilometer entfernt von Râmnicu Vâlcea, der Hauptstadt desKreises Vâlcea, ist B²ile Ol²ne{ti in erster Linie ein Reiseziel für diejenigen, die auf der Suche nach heilkräftigen Mineralquellen sind. Es gibt zahlreiche, die sich durch ihre chemische Zusammensetzung unterscheiden und eine Vielfalt von Gesundheitsproblemen lindern. Außerdem ist das Wetter dort mild und das Klima hat eine beruhigende Wirkung.

Sanus per Aquam

Das Mineralwasser von Olăneşti wurde zum ersten Mal von einem deutschen Apotheker im 19. Jahrhundert untersucht. Er hieß Carl Friedrich Eduard Siller und veröffentlichte 1840 die Ergebnisse in „Archiv der Pharmacie“, der Zeitschrift des Apotheker-Vereins in Norddeutschland, unter dem Titel „Die Mineralquellen der Wallachei“. Seine Studie ist sehr umfangreich, er hat auch die Schwefelquelle bei dem Städchen „Kimpalungi“ (Câmpulung), die schwefligen Salzquellen bei „Kalimaneste“ (Călimăneşti)  und dem Kloster „Kosia“ (Cozia), die Schwefelquelle beim Dorf Glogova und die Schwefelsalzquelle nahe bei „Olăneschti“ analysiert. Seine Schlussfolgerungen lauteten: „Ich glaube gewiss, dass obgleich ich schon damals bei den mitzutheilenden Untersuchungen auf Vieles sehr interessante traf, sich bei einer genauern, ausführlichen, unter Benutzung aller wissenschaftlichen Hülfsmittel anzustellenden Analyse, das Ergebnis herausstellen würde, dass viele der Mineralquellen der nördlichen Wallachei durch die in ihnen nachzuweisenden arzeneilichen Bestandteile, sich den berümtesten Schwefelquellen Europas an die Seite stellen lassen.“ Im Laufe der Zeit wurde das Mineralwasser in Olăneşti immer berühmter, später wurde dem Kurort sogar die goldene Medaille im Rahmen der Wiener Weltausstellung verliehen.

Die bekannteste Mineralquelle ist die Nummer 24. Ihre Wirkung wird mit der des Wassers in Karlsbad, Evian oder Contrexville verglichen. Auch die Quelle Nummer 2 ist nicht minderwertiger als Quellen aus anderen europäischen Kurorten, wie Eaux-Bonnes, Baden oder Aix-Ies-Bains. Gelindert werden Verdauungs-, Nieren-, Atemwegsprobleme oder Ernährungsstörungen, dazu auch dermatologische und allergische Erkrankungen, aber auch Herz-Kreislauferkrankungen. Die Trink- oder Badekur kann auch im Sinne einer Prophylaxe vorgenommen werden. Behandelt werden die Medizintouristen von verschiedenartigen Spezialisten: Ärzte, Therapeuten oder Masseure, die ihre Arbeit hier manchmal schon seit Jahrzehnten leisten. Das Wasser von den Quellen sollte allerdings nicht in Flaschen abgefüllt werden, da es dann seine heilenden Eigenschafen verliert. Am effizientesten ist es, wenn es direkt von der Quelle weg getrunken wird.

Einsiedeleinen und Naturschutzgebiete

Die „Goldenen Quellen“ heilen Störungen verschiedener Natur auf nichtinvasive Weise. Dazu muss man kein naturverbundener Mensch sein, nur ein feinsinniger Glückssucher, der sich vom erschöpfenden Alltag befreien lässt. Die jüngste Erinnerung, die ich von Băile Olănesti habe, ist völlig anders im Vergleich zu der ersten vor 20 Jahren und viel schwieriger zu definieren: es ist eine Mischung aus Bewunderung, Schweigen und Zufriedenheit. Neben dem Wasser wirkt auch die Umgebung heilend: Zu den Sehenswürdigkeiten der Region zählen die Naturschutzgebiete Stogul (Buila-Vânturariţa-Gebirge), Rădita-Mânzu (Căpăţânii-Gebirge), Lacul Frumos (Mosoroasa). In der Nähe des Kurorts gibt es auch Höhlen: Pe{tera Pagodelor, Pe{tera Caprelor, Peştera cu Perle, Peştera Rac und Peşterea Clopot. Die größte Fledermauskolonie befindet sich in der Munteanu-Murgoci-Höhle.

Doch nicht nur der Körper kann hier gepflegt werden, in einer Region, die berühmt für ihre zahlreichen Kirchen, Klöster und Einseideleinen ist. Verschleiert zwischen den Hügeln gibt es eine archaische Welt, die manchmal nur zu Fuß zugänglich ist. Das Heilbad in der Kleinen Walachei ist daher auch für spirituellen Tourismus bekannt: Besucher genießen lange Fußmärsche durch Wälder, auf dem Weg zu den kleinen Kirchen in der Nähe. Wanderungen durch die benachbarten Dörfer - Tisa, Gurguiata - zu den Klöstern und Kirchen Bradu, Iezer, Pahomie, Pătrunsa oder Frăsinei, sind ein purer Genuss. Sie können bis zu 9 Stunden dauern und im Kloster kann man meistens essen oder sogar übernachten.