Kirchentourismus bietet viel mehr als nur Besichtigung der Burgen

Heimatmuseen, Kulturveranstaltungen, Konzerte, Unterkünfte stehen im Angebot

Die Kirchenburg von Honigberg ist zu jeder Jahreszeit ein lohnendes Ziel.

Im alten Rathaus von Zeiden wurde das Museum der Traditionen eingerichtet, in dem die sächsische Gemeinschaft gut dargestellt wird.

Besonders vielseitig: das Lukas-Museum in Seligstadt. Ein Webstuhl gehörte auf dem Dorf früher zu fast jedem Haushalt. | Fotos: der Verfasser

Exponate unter der Orgelempore in der Kirche von Rosenau

Besonders vor verlängerten Wochenenden überbieten sich die Medien und ganz besonders das Fernsehen in Werbung für den Inlandstourismus. Wenn es sich um Reiseziele in Siebenbürgen handelt, steht meist auch ein Besuch bei einer sächsischen Kirchenburg als besonderer Anziehungspunkt im Angebot. Für diese historischen Bauten im Burzenland muss nicht viel Werbung gemacht werden, da sie meist schon während der Autofahrt aus weiter Ferne sichtbar sind. Zum Teil ist das auch im Fogarascher Gebiet und im Repser Ländchen gültig. 

Fährt man in Richtung Schäßburg/Sighișoara, stechen die wiederaufgebauten Burgen von Marienburg/Feldioara und Reps/Rupea ins Auge. Im Fogarascher Gebiet bei einer Fahrt durch die Hügellandschaft sind es die Kirchenburgen von Bekokten/Bărcut, Felmern/Felmer, Seligstadt/Seliștat, um nur einige zu nennen. Vor Kurzem hat die Stiftung Kirchenburgen auf ihrer offiziellen App ein neues Werkzeug zur Verfügung gestellt: „Experience Fortfied Churches“ hilft in drei Sprachen, die Kirchenburgenlandschaft zu entdecken.

Andere Gelegenheiten, die heimischen Kirchenburgen besser kennenzulernen, sind Besuche in dortigen Heimatmuseen, Orgelkonzerte, Brauchtumsfeste, einschließlich die Möglichkeit, in den Gästehäusern der Kirchengemeinden billig und gut unterkommen zu können (die Siebenbürgische Zeitung veröffentlicht regelmäßig eine Liste: www.siebenbuerger.de/zeitung/artikel/rumaenien/21117-aktuelle-liste-der-gaestehaeuser-in.html). Daher wurde im Bericht der letzten Versammlung des Kronstädter Kirchenbezirkes auch der Kirchentourismus thematisiert.

Heimatmuseen und Ausstellungen

Beide Ortschaften, sowohl Tartlau/Prejmer  als auch Honigberg/Hărman werden in derselben Urkunde aus dem Jahre 1240 erstmals erwähnt, als König Bela IV. dem Zisterzienserorden in Kerz/Cârța deren Patronat und die Einkünfte verlieh. Gemeinsam auch mit Petersberg/Sânpetru gehörten die drei Ortschaften zu dem Tartlauer Gerichtsstuhl. Die dortigen Kirchenburgen  wurden vom 14. bis 16. Jahrhundert etappenweise gebaut. Eine Inschrift in der Ringmauer in Tartlau zeigt das Jahr 1343 an. Das Fallgitter, die rund 250 Vorrats- und Wohnkammern an der Innenseite, eine für jeden Bauernhof, und der Flügelaltar der Kirche sind besondere Anziehungspunkte für die in- und ausländischen Touristen. Auf vier Räume der Burg aufgeteilt ist das Heimatmuseum, das Einblick in Tradition und Brauchtum der hiesigen Siebenbürger Sachsen bietet. Bestickte Braut- oder Paradebetten, Bauernmöbel, Haushaltsgeräte, Trachten und sächsische Keramik sind zu sehen. Die jeden Sommer in der Kirche stattfindenden Konzerte der Reihe „Musica Barcensis“  locken Musikfreunde nicht nur aus dem Umfeld an. Die Tartlauer Kirchenburg ist seit 1999 im UNESCO-Weltkulturerbe.

Nur rund zehn Kilometer entfernt befindet sich die Kirchenburg von Honigberg. Die romanische Basilika  stammt aus dem 13. Jahrhundert und wurde im 15. Jh. mit sieben Wehrtürmen versehen und mit Ringmauern umgeben. In dem Kapellenraum im Ostturm im Obergeschoss befinden sich spätgotische Fresken, die in den Jahren 1460 bis 1470 von Tirolern Künstlern ausgeführt worden sind. An der inneren Seite der Burg liegen ebenfalls Vorratskammern, angelegt wie Schwalbennester. Außer dem barocken Altar, der Orgel, dem 1973 im Burghof errichteten Denkmal für die Kriegsopfer und die der Deportation, ist dort ebenfalls ein reichhaltiges Heimatmuseum eingerichtet worden. Dieses bietet einen ausführlichen Einblick in das Honigberg von früher. Zahlreiche Gerätschaften, die aus Spenden der Honigberger stammen, Urkunden und Trachten können bestaunt werden. Aber auch die Landschaft und die Sicht auf die Berge des Burzenlandes sind einmalig. In dem neben der Gemeinde befindlichen Moor sind die Schachbretttulpen im Frühling, auf dem Lempesch- Hügel die Adonisröschen, die unter Naturschutz stehen, eine Augenweide. 

Im Innenraum der Rosenauer Kirche sind unter der Orgelempore ebenfalls Exponate ausgestellt, die Zeugnis des Brauchtums und der Geschichte der dortigen Sachsen ablegen. Auf dem Kirchturm thront die 1870 vom Kronstädter Uhrmacher Both montierte Turmuhr, ein Werk der Firma Mannhardt aus München, die ein Jahr davor hergestellt worden war und nach der man sich bis heute bestens orientieren kann. 

Jugendbegegnungszentrum und Lukas-Museum

1997 wurde das Jugendbegegnungszentrum in Seligstadt/Seliștat eingerichtet, das heute auch jenseits der Landesgrenzen bestens bekannt ist. Das Zentrum bietet 65 Schlafplätze. Dort werden Bildungsmaßnahmen durchgeführt, Chorproben veranstaltet, die dann unter anderem in der Fogarascher Kirche als Konzerte aufgeführt werden. Im nahegelegenen Dorf Bekokten/Bărcut  wurde die Danubius-Kinderspielstadt gegründet, die erste ihrer Art landesweit. Diese Einrichtungen sind besonders für die Kinder- und Jugendarbeit von Bedeutung. Ein weiterer Anziehungspunkt in Seligstadt ist das Lukas-Museum, das von dessen Initiator samt dem Gebäude dem  Fogarascher Gemeindeverband übertragen worden ist. In mehreren Räumen, einschließlich Scheune und Hof, kann man Einsicht erhalten in traditionelle Wirtschaftstätigkeiten an Hand von landwirtschaftlichen und Haushaltsgeräten, einem Webstuhl und zahlreichen Einrichtungsgegenständen. 

Jede ehemalige sächsische Ortschaft wartet mit Besonderheiten auf: Fährt man auf der Nationalstraße DN 13, kommt man bei Nußbach/Măieruș am sogenannten Weißen Brunnen vorbei, der 2014 restauriert worden ist und an die Landstraße erinnert, die 1867 durch den Geister Wald angelegt worden war. Gebaut wurde diese unter der Leitung des Kronstädter Ingenieurs Carl Gärtner, sie sichert seither die Verbindung zum Repser Ländchen und nach Schäßburg. In der evangelischen Kirche von Neustadt/Cristian ist ein Lüster angebracht, dessen einzelne Kerze den Namen eines im Ersten Weltkrieg gefallenen Neustädter Sachsen trägt. Die fachkundigen Führungen in der Schwarzen Kirche Kronstadts machen mit der dortigen Sammlung wertvoller orientalischer Teppiche vertraut. Tipp für Souvenirjäger: Vielseitige Angebote findet man im Inspiratio-Geschenkladen gegenüber dem Haupteingang zur Schwarzen Kirche. 

Reiches Angebot an Unterkünften

Auf Anfrage kann man in den evangelischen Kirchengemeinden, wo Pfarrer oder Kuratoren die richtigen Ansprechpartner sind, bestens und preisgünstig nächtigen. In Honigberg, zwölf Kilometer von Kronstadt entfernt, stehen im Pfarrhaus vier Gästezimmer mit acht Betten zur Verfügung. In Wolkendorf/Vulcan gibt es ein Erholungsheim, wo auch Gruppen bis 36 Personen unterkommen. Im Neubau steht auch eine Tagungsstätte zur Verfügung. Gästezimmer sind in fast allen Kirchengemeinden des Burzenlandes zu mieten. In Rosenau ist das Hotel der Saxonia-Stiftung  besonders zu empfehlen. Die Aufzählung kann fortgeführt werden mit Neustadt, Weidenbach, Petersberg, Brenndorf/Bod, Zeiden/Codlea. In Fogarasch gibt es sowohl in der Stadt, als auch in umliegenden Gemeinden derartige Möglichkeiten, wie auch im Repser Ländchen in Deutsch-Weißkirch/Viscri, Stein/Dacia, Deutsch-Kreuz/Criț, Deutsch-Tekes/Ticuș. Hat man sich dort eine Unterkunft gesichert, kann es losgehen mit der Planung der Reise- oder Wanderziele im nahen Umfeld, das praktisch unerschöpflich ist.