Mit Dampf in die Karpaten

Die Schmalspurbahn von Oberwischau

Mit umweltfreundlichem Wasserdampf betrieben schnauft das nostalgische Bähnchen durch nahezu unberührte Natur.

Abfahrt in festlichem Rahmen im Bahnhof von Oberwischau: Ein spannender Tagesausflug kann beginnen!

Typisch Maramuresch: kunstvoll beschnitzte Holztore statt steriler Bahnhofshallen

Im Winter gestaltet sich die Fahrt durch das tief verschneite Wassertal zu einem besonderen Abenteuer.

Eine dampfende, rauchende Eisenbahn ist unserem  Zeitalter ein  seltener Anblick geworden, auch in Rumänien. Aber ganz im Norden des Landes, in der gebirgigen Maramuresch, fährt die letzte dampfbetriebene Waldbahn Europas auch weiterhin. Die von  urigen Lokomotiven gezogene Bimmelbahn (Mocăniţa) entführt in eine Welt jenseits von Straßenlärm und Hektik; in riesige Wälder, wo Bär und Wolf noch zu Hause sind.

Unberührte, wildromantische Karpatentäler gibt es in Rumänien viele, aber im Wassertal erwartet uns zusätzlich eine verkehrstechnische Besonderheit. In das etwa 50 Kilometer lange Tal führt bis heute keine Straße. Einzig auf den Schienen der schmalspurigen, zum Teil mit Dampflokomotiven betriebenen Waldbahn gelangt man – immer dem Wasser- Fluss entlang – in die Berge des Naturparks Mun]ii Maramureşului.  Das riesige Waldgebiet ist kaum besiedelt. Die Zivilisation beschränkt sich auf eine Handvoll Holzfällerlager und Forststationen, nicht mal der elektrische Strom, geschweige denn mobile Netzverbindungen haben bis jetzt den Weg „hinauf ins Wasser“(rum.: „sus pe Vaser“) gefunden, wie die Einheimischen sagen.

Die reine Luft, sonnenüberflutete Almwiesen, die  nur von Naturgeräuschen durchbrochene Stille in  Schluchten und Wäldern; dem Besucher erschließt sich hier eine andere, verwunschene Welt: „Hier lebt Gott noch - der alte, heidnische Gott der Erde, der Herr der Wälder und der Herden. Er atmet in den Kronen der mächtigen Bäume, spielt im Dickicht mit den Bären, schläft im Moos, im Schatten der Zweige.“ (Ivan Olbracht, tschechischer Schriftsteller, über die Waldkarpaten)

Die Anfänge: Holz und Wasser

„Wald, viel Wald gibt es im Wassertal, soviel, dass kannst oben beginnen zu schneiden, bist unten ankimmst, steh’n oben die Baumer wiedr “,  sagen uns die Waldarbeiter. Aber das Tal ist lang, wild und teilweise sehr eng, weswegen der Holzreichtum des Wassertales erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts forstwirtschaftlich erschlossen wurde.

Die Maramuresch war zu dieser Zeit ein Teil des Habsburger Reiches. Dessen Kaiserin Maria Theresia ließ hier ab 1773  deutschsprachige Kolonisten  aus Oberösterreich und der „Zips“ (Landschaft in der heutigen Slowakei) ansiedeln. Als staatliche angestellte Waldarbeiter begannen diese deutschen Siedler, in den unberührten Urwäldern Bäume zu fällen und flößten die geschlagenen Stämme auf dem Wasser- Fluss hinunter ins Sägewerk. Der Wald war damals österreichischer Staatsbesitz; erst nach 1918 fiel er an den rumänischen Staat. 

1928 wurde mit dem Bau der Schmalspurbahn in 760 Millimeter Spurweite begonnen und 1932 fuhr bereits die erste Bahn entlang des Wasser-Flusses ins Tal.  Verglichen mit der Flößerei bedeutete der Holztransport auf Schienen einen enormen technischen Fortschritt. Die kleinen Dampfloks waren  so konstruiert, dass sie auf dem Weg hinauf ins Tal nur  leere Wagen ziehen mussten – bergab hingegen rollten die schwer mit Holz beladenen Züge praktisch von allein ins Sägewerk.

Die letzte Waldbahn Europas

Waldbahnen waren vor hundert Jahren in ganz Europa verbreitet, besonders viele aber gab es im Karpatenraum. Nach 1945 setzte in Mitteleuropa das große Sterben der Schmalspurbahnen ein: Bus und Lkw, verbunden mit dem forcierten Ausbau des Straßennetzes, machten sie entbehrlich. Im sozialistischen Rumänien tickten die Uhren allerdings anders. Hier wurde rigoros gespart. Eine Dampflokomotive verbraucht nur Wasser und Brennholz, und wo bereits Schienen lagen, musste keine Straße gebaut werden. 1970 betrieb  die staatliche rumänische Forstverwaltung (C.F.F.) noch ein Waldbahn-Streckennetz von insgesamt ca. 3000 Kilometern und bis 1986 fertigte Rumänien sogar noch neue Dampflokomotiven für den Forstbetrieb. 1989 gab es immer noch über 15 Waldbahnen mit knapp 1000 Kilometern Länge.

 Der Sturz des kommunistischen Systems  und die damit verbundenen wirtschaftlichen Veränderungen wirkten sich für die ehemals staatlichen Waldbahnen vernichtend aus: Innerhalb weniger Jahre wurden fast alle stillgelegt, die Geleise demontiert, Loks und Wagen verschrottet oder für teures Geld an ausländische Museumsbahnen verkauft. Nur eine Bahn fuhr weiterhin  – die Wassertalbahn.
Dass  die „Mocăniţa“ von Oberwischau/Vişeu de Sus als einzige Waldbahn Rumäniens  bis heute überlebt hat, ist nicht zuletzt eine Geschichte von Zufällen. Die staatliche Forstverwaltung, Besitzer der Strecke und des Waldes, erkannte die Bedeutung der Waldbahn für die Region.

So transportiert man das Holz weiterhin per Bahn hinunter nach Oberwischau.

Dazu hatte die Wassertalbahn das Glück, von  europäischen Eisenbahnfans entdeckt zu werden, die zur  Erhaltung der dampfbetriebenen Schmalspurbahn einen eigenen Verein gründeten. Dem Engagement dieser Eisenbahnfreunde ist auch die Initiative zu verdanken, mit Hilfe des Tourismus die Waldbahn in Oberwischau zu erhalten. Die Bahn gehört heute zu den touristischen Hauptattraktionen Rumäniens. Mittlerweile werden vor den ganzjährlich verkehrenden Holz-Zügen mehrheitlich Diesellokomotiven eingesetzt. Aber zur Freude vieler Besucher fauchen und zischen auch in Zukunft noch regelmäßig Dampflokomotiven hinauf ins Wassertal.

Tourismus auf der Bahn: Mocăniţa

Die „Mocăniţa Vişeu de Sus“ ist heute weltweit ein Begriff – nicht nur bei Eisenbahnfreunden. Entsprechend der großen Bekanntheit dieser Touristenattraktion sind die Besucherzahlen in den letzten Jahren ständig gestiegen. Organisiert durch lokale und europäische Eisenbahnenthusiasten verkehren deshalb seit 2005 fahrplanmäßige, von Dampfloks gezogene Personenzüge extra für Touristen. Rund um den Bahnhof in Oberwischau wird die touristische Infrastruktur ständig erweitert: Den Besuchern stehen u.a. ein bewachter Parkplatz, ein Souvenir-Shop, saubere Toilettenanlagen, ein Stellplatz für Wohnmobile und eine Cafébar mit Terrasse zur Verfügung. Seit Sommer 2010 steht am Fluss, direkt hinter dem Bahnhof, ein kompletter 1. Klasse Schnellzug mit Schlafwagen, worin stilgerecht übernachtet werden kann. Die Touristen können im Carpatia Express den Tag bei einem Candlelight-Dinner ausklingen lassen.


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Die fahrplanmässigen Dampf-Personenzüge verkehren vom 1. Mai bis Ende Oktober; in der Hauptsaison Juli und August täglich, in der Vor- und Nachsaison jeweils Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag. Abfahrt ist immer um 9  Uhr, die Rückkehr des Zug ist nachmittags zwischen 14 und 16Uhr. Der Zug besteht teilweise aus offenen Aussichtswagen und bietet Bewirtung an; am Zielbahnhof bleibt genug Zeit für einen Spaziergang oder ein Picknick im Grünen. Des Weiteren verkehrt die Bahn zu Ostern sowie zwischen Weihnachten und dem 6. Januar. Infos unter www.cffviseu.com

  Für Gruppen, Firmen etc. können ganzjährlich Charterzüge bestellt werden. Mit dem eigenen Dampfzug ins wildromantische Wassertal – ein unvergesslicher Ausflug, ideal für Reisegruppen, Firmenausflüge und Familienfeiern. Der Zugchef sind Sie: Nach Belieben hält Ihr Zug zum Fotografieren, Blumen pflücken, geniessen… Als Höhepunkt erwartet Sie ein Essen vom Grill, serviert in einer rustikalen Waldhütte direkt am Fluss. Infos, Beratung und Reservierung per Mail: ioana.coman@cffviseu.com

Mehrmals jährlich, aber immer ausserhalb der touristischen Hochsaison von Juli/August, werden sogenannte „Foto-Wochen“ durchgeführt: Während fünf Tagen bespannen abwechslungsweise alle betriebsfähigen Dampfloks normale Holzzüge - speziell für filmende und fotografierende                  Eisenbahnfreunde. Infos unter www. wassertalbahn.com  oder per Mail info@cffviseu.com).