Romantische Spaziergänge

Historische Brücken tragen die Last der Liebe

Liebesschlösser an der Fußgängerbrücke in der Nähe des Temeswarer Kinderparks | Foto: Zoltán Pázmány

Die Elisabeth-Brücke ist die älteste in Klausenburg. Daran hängen dutzende Liebesschlösser. | Foto: Izabella Veibel

Die Brücke der Intelektuellen in Großwardein ist mit Vorhängeschlössern versehen. | Foto: Raul Adrian Photography

Die Lügenbrücke in Hermannstadt ist die erste gußeiserne Brücke auf dem heutigen Gebiet Rumäniens. Liebesschlösser sind dort nicht erwünscht! | Foto: Klaus Philippi

Sie hängen an Brücken, als Symbol der unendlichen Liebe: Liebesschlösser sind seit mehr als hundert Jahren in der ganzen Welt beliebt. Gerade im Liebesmonat Februar kann ein graviertes Schloss ein passendes Geschenk für seine Liebste/seinen Liebsten sein. Danach entscheidet man gemeinsam, wohin die Reise gehen soll, um das Liebesschloss anzubringen. Orte, an denen metallene Liebeszeugnisse hängen, gibt es in Europa jede Menge. Auch in Rumänien stehen Brücken, an denen Liebesschlösser angebracht werden dürfen. Sehr wichtig dabei: Informieren Sie sich im Voraus, ob das Anbringen von Liebesschlössern an der gewünschten Brücke (weiterhin) erlaubt ist oder nicht! An manchen Orten wurde dies untersagt, zumal die Baudenkmäler unter dem Gewicht der Schlösser zusammenzubrechen drohten. 

Die Geschichte der Liebesschlösser reicht bis ins Jahr 1914 zurück, als in Serbien, in der Ortschaft Vrnjacka Banja, der Brauch seinen Lauf nahm. Der serbische Offizier Relja und die junge Lehrerin Nada waren ineinander verliebt, ihre Liebesgeschichte wurde jedoch durch die Berufung von Relja an die Front nach Griechenland unterbrochen. Relja kehrte nicht mehr nach Hause zurück, doch nicht etwa, weil er im Ersten Weltkrieg umgekommen wäre, sondern weil er sich in eine Frau aus Korfu verliebt hatte. Nada starb einsam und unglücklich. Als Frauen in der serbischen Ortschaft dies mitbekamen, begannen sie, Schlösser mit ihren und den Initialen ihrer Geliebten an das Geländer jener Brücke anzubringen, auf der sich Relja und Nada getroffen hatten. Sie wollten dadurch ihre ewige Liebe beschwören und einem ähnlichen tragischen Schicksal entgehen. 

Paris, Rom oder Köln

Kaum eine andere Stadt in Europa ist berühmter für ihr romantisches Flair. Und trotzdem: Sogar Paris, die Stadt der Liebenden und der Liebe, hatte 2015 die Schnauze voll von den Liebesschlössern, die der Pont des Arts große Schäden zuzufügen drohten. An dem historischen Bauwerk hatten bereits seit 2008 Liebesschlösser gehangen, jedoch hatten sich im Laufe der Jahre so viele angesammelt, dass die Gemeinde diese 2015 entfernen ließ und das Geländer durch Plexiglas ersetzte. Doch nicht weit davon entfernt befindet sich die Pont Neuf, an der es weiterhin möglich ist, Schlösser anzubringen. Auch kleinere Brücken in Paris machen das Anbringen von Liebesschlössern möglich.

An der Milvischen Brücke in Rom wurden Stahlseile montiert, an denen Liebende ihre Liebesschlösser befestigen dürfen. Die Baugeschichte der Ponte Milvio über dem Tiber geht auf die Antike zurück, als 207 v. Chr. eine Holzbrücke an der Stelle der heutigen Brücke entstand. Die Tradition der Vorhängeschlösser in Italien wurde wohl von den Absolventen der Sanitätsakademie San Giorgio in Florenz initiiert, die zum Schluss ihrer Ausbildung die Vorhängeschlösser ihrer Umkleideschränke an Brückenlaternen befestigten. Der Brauch wurde dann von den Verliebten in Rom übernommen. Nachdem 2006 eine Brückenlaterne der Milvischen Brücke unter der Last der Schlösser umknickte, wurden vor jeder Laterne Pfosten mit Ketten aufgestellt, an denen die Schlösser befestigt werden dürfen – sie werden allerdings von Zeit zu Zeit entfernt.

Ein regelrechter Wallfahrtsort für Romantiker ist die Hohenzollernbrücke in Köln, Deutschland. An dieser Brücke hängen Tausende von Liebesschlössern, deren Schlüssel gewiss im Rhein gelandet sind. Das Bauwerk vom Anfang des 20. Jahrhunderts wurde 1945 von der Wehrmacht gesprengt, um den Alliierten eine Rheinüberquerung zu erschweren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde eine der beiden Bahnbrücken wieder aufgebaut und 1948 eröffnet. In den nächsten Jahren kamen zwei weitere Fachwerkbögen hinzu. Die Hohenzollernbrücke ist heute eine Eisenbahnbrücke, beidseitig mit Geh- und Radwegen versehen. 

Liebesschlösser – ja oder nein?

„Eine Fußgängerüberführung aus Stahl, zum Beispiel, kann eine ständige Belastung von etwa 500 Kilogramm pro Quadratmeter erdulden, ohne Verkehr. Wenn wir uns strikt an die Berechnungen halten wollen, so bringen Schlösser nicht unbedingt eine sehr große zusätzliche Last, aber: man muss an den Zustand und an das Alter der Brücke denken und an die Anzahl der Schlösser, denn eine relativ kleine Brücke könnte dann doch beschädigt werden. Das Geländer, das meist aus Metall gebaut ist, kann bei einem Windstoß umfallen, auch wenn die Brücke der Last standhält“, sagt der in Deutschland wirkende Wissenschaftler und Bauingenieur Dr.-Ing. Lucian Blaga. „Es ist natürlich gut, dass ab und zu die Verantwortlichen für die Brücke einen Experten herholen, der sich die Situation vor Ort anschaut, vor allem, wenn sich viele Schlösser ansammeln“, rät der aus Temeswar stammende Fachmann.

Eine der bekanntesten und schönsten Brücken in Rumänien ist die Lügenbrücke in Hermannstadt/Sibiu. Sie ist eines der Wahrzeichen der Europäischen Kulturhauptstadt 2007 und ist zugleich die erste gusseiserne Brücke auf dem heutigen Gebiet Rumäniens. Aufgepasst aber: Es ist seit mehr als zehn Jahren verboten, Liebesschlösser an dem historischen Denkmal anzubringen! Da sie die erste Brücke war, die nicht auf Pfeilern stand, wurde sie als „Liegebrücke“ bezeichnet – daher die spätere Bezeichnung „Lügenbrücke“. Es kreisen allerlei Legenden um das architektonische Schmuckstück. Eine davon besagt, dass Verliebte auf dieser Brücke ihre ewige Liebe schwörten – und die Mädchen, sie wären Jungfrauen. Erwies sich in der Hochzeitsnacht, dass es Lügen waren, so wurden die Lügnerinnen auf die Brücke geschleppt und über das Geländer geworfen. Diese Legende ist frei erfunden, doch eines ist sicher: Ein Spaziergang über die Hermannstädter Lügenbrücke lohnt sich auf jeden Fall, auch wenn dort keine Liebesschlösser angehängt werden dürfen. 
 
Großwardein, Klausenburg, Bukarest, Temeswar

Es gibt natürlich auch  Brücken in Rumänien, an denen Pärchen Liebesschlösser anbringen dürfen. Eine davon ist die sogenannte „Brücke der Intelektuellen“ in Großwardein/Oradea, Kreis Bihor. Von dieser Brücke aus haben Touristen einen schönen Ausblick flussabwärts auf das Bürgermeisteramt Großwardein, die Hl. Ladislau-Kirche und die gleichnamige Brücke. Ihren Namen hat die Brücke Anfang der Jahre 1900 erhalten, als die Intelektuellen jener Zeit täglich die Schnelle Kreisch über jene Brücke überquerten, um zu den damals bedeutendsten Zeitungsredaktionen zu gelangen: die Tageszeitung „Crișana“, die Wochenzeitung „Gazeta de Vest“ und die Zeitschrift „Familia“. Eine Brücke gab es hier aber bereits 1850, es war allerdings eine Holzbrücke. Erst 1910 wurde diese durch eine Metallbrücke ersetzt, die infolge der Überschwemmungen 1974 große Schäden erlitt – ihren Platz nahm die jetzige „Intelektuellenbrücke“ ein. Von der Metallbrücke wurde das alte Geländer beibehalten. In Klausenburg/Cluj-Napoca steht die Elisabeth-Fußgängerbrücke, 1901-1902 erbaut, an der ebenfalls Liebesschlösser angebracht werden dürfen. Auch an der Izvor-Brücke in der rumänischen Hauptstadt Bukarest haben Pärchen Vorhängeschlösser als Zeichen ihrer unzerbrechlichen Liebe angehängt.

Seit 2018 hängen auch an einer Brücke in Temeswar/Timișoara Liebesschlösser. Die Fußgängerbrücke „Ioan Polen“ neben dem Kinderpark wurde auf Initiative des Rotaract-Clubs Timișoara Cetate in die „Brücke der Verliebten“ umgewandelt. Anlässlich des damaligen Valentinstags verteilten die Rotaract-Mitglieder Schlösser an all jene, die ihre Liebe öffentlich bekunden wollten. Seitdem ist das Anbringen von Liebesschlössern an der Fußgängerbrücke am Kinderpark Tradition. 

Serbien und Ungarn

Ebenfalls in Osteuropa, nicht weit von Temeswar entfernt, befindet sich die Europäische Kulturhauptstadt 2022: Die serbische Stadt an der Donau Neusatz/Novi Sad mit der Peterwardein/Petrovaradin-Festung ist mit Sicherheit eine Reise wert. Die Petrovaradin-Festung war im 17. Jahrhundert die größte in Europa und die wichtigste der Habsburgermonarchie auf dem Balkan. An der Varadin-Brücke und am Geländer in der Nähe der Turmuhr hängen Hunderte von Liebesschlössern. 

Auch in Ungarn gibt es die Möglichkeit, Liebesschlösser anzubringen. In Budapest hängen sie an der Kettenbrücke, doch der Ort der Liebesschlösser schlechthin scheint Fünfkirchen/Pécs zu sein. Dort gibt es dafür eine spezielle Mauer in der Janus-Pannonius-Straße, die die Moschee von Pascha Quasim, die berühmteste ungarische Moschee, und die Kathedrale von Fünfkirchen verbindet.  

Wenn auch sich in einigen europäischen Städten die Behörden gegen das Anbringen von Liebesschlössern ausgesprochen haben, empfinden viele Paare die Geste nach wie vor als sehr romantisch. Wem es also gefällt, der kann eine romantische Reise in eine europäische Stadt buchen. Das Anbringen eines Liebesschlosses ist der perfekte Vorwand dafür.