Wasserfall, Dakerkopf, Abenteuerpark

Geheimtipp Nadrag: Naturwanderungen mit wunderbaren Aussichten

Von der Căpriorul-Hütte Richtung Padeș-Gipfel spazieren und dabei seine Batterien wieder aufladen: Stadtmenschen kommt eine solche Wanderung besonders zu Gute. Fotos: Emil Alexandru Schöner

Das klare, kalte Wasser des Cornet-Bachs plätschert angenehm während des Spaziergangs zum Wasserfall.

Noch weitgehend unbekannt, doch sehr beeindruckend: der Cornet-Wasserfall, etwa fünf Kilometer bergauf von Nadrag

Wanderer können unterwegs zum Padeș, den Dakerkopf, einen mit Moos überwachsenen Felsen, entdecken.

Die Vogelwelt des Banater Berglands wartet darauf, von der Kameralinse eingefangen zu werden. Im Bild: eine Schwanzmeise (Aegithalos caudatus)

Wanderungen im Gebirge oder allgemein in der Natur sind erfreulicherweise wieder gestattet – Zeit, seine sieben Sachen zu packen und am Wochenende Erkundungsausflüge in der Region zu unternehmen. Für die Temeswarer und nicht nur bieten sich auch im Kreis Temesch/Timiș jede Menge interessante Orte an, die man an einem Samstag oder Sonntag erforschen kann. Die Ortschaft Nadrag/Nădrag im Banater Bergland ist einer davon. Naturliebhaber können in der Umgebung von Nadrag idyllische Landschaften entdecken und ein paar angenehme Stunden an der sauberen Luft verbringen. (Hobby-)Fotografen kommen hier ganz bestimmt auf ihre Kosten, denn die Gegend gilt momentan noch als Geheimtipp unter den an Wanderlust „leidenden“ Banatern.

Um von Temeswar/Timișoara nach Nadrag zu gelangen, kann man zum Beispiel die Autobahn A1 wählen. Man fährt auf der Autobahn bis Lugosch/Lugoj und verlässt die Lugoscher Umgehungsstraße an der Kreuzung mit der Nationalstraße DN6 in Richtung Karansebesch/Caransebeș. Nach etwa zwölf Kilometern gibt es eine Ausfahrt links zur Kreisstraße DJ681, die frisch asphaltiert ist und durch die Ortschaften Criciova und Crivina bis nach Nadrag führt. An der Einfahrt in Nadrag gibt es rechts einen Park mit Holztischen und -bänken. Die Gemeindeverwaltung hat dort auch einige größere Tiermodelle aufgestellt – einen Dinosaurier, einen Löwen, einen Gorilla u.a. – die zwar überhaupt nicht zum rustikalen Park passen, doch Kinderaugen erfreuen.

Überbleibsel einer einst regen Industrie-Ära

Wer nach Nadrag kommt, darf sich von dem weniger schönen Anblick, der sich einem in der Ortschaft bietet, nicht abschrecken lassen. Die herabgekommenen Fabrikgebäude des ehemaligen Industrieortes sind stille Zeugen einer Ära, die längst vorbei ist – und auch diese Bauten könnten künftig in einen Gemeinderundgang für die an Industriegeschichte Interessierten integriert werden. Die Wohnblocks, in denen einst Fabrikarbeiter untergebracht waren, ergänzen das etwas triste Bild einer Ortschaft, in der vor 1989 Industrie, Wirtschaft und Gesellschaftsleben florierten.

Von der einstigen deutschen Prägung der Gemeinde ist heute nur noch wenig übrig: Die Mehrheit der Deutschen sind entweder ausgewandert oder inzwischen gestorben. Nur noch sehr wenige haben ihre Häuser behalten und kehren im Sommer in die sogenannte „alte Heimat“ zurück. Heute leben weniger als 15 Deutsche im Gebirgsort.

Bei der Volkszählung vor rund neun Jahren betrug die Bevölkerung von Nadrag knapp über 2800 Einwohner, doch mittlerweile könnte die Zahl noch etwas geschrumpft sein. Berufstätig ist weniger als ein Drittel davon. Eine Suppenküche der Caritas Temeswar unterstützt Senioren und Kinder mit einer warmen Mahlzeit pro Tag. Doch neben den paar Schattenseiten haben die Ortschaft und ihre Umgebung vom touristischen Gesichtspunkt, obzwar fast gar nicht gefördert, vieles zu bieten.

Wanderung durch das Cornet-Tal

In Nadrag gibt es mehrere Wanderwege, die Naturfreunde wählen können. Besonders spektakulär ist der Cornet-Wasserfall im Tal des gleichnamigen Baches, den man direkt mit dem Auto erreichen kann. In Nadrag muss man die Cornet-Straße, die rechts über die Brücke über dem Padeș-Fluss bergauf führt, befahren, und am Ende der Straße weiter über den gar nicht so schlechten Forstweg fahren. Natürlich kann man das Auto auch am Dorfrand abstellen und die etwa vier Kilometer bis zum Wasserfall zu Fuß gehen. Entlang des Wegs kann rechts das ehemalige Kinderferienlager, heute dem Verfall überlassen, bewundert werden. Das Projekt wurde von dem Nadrager Nelu Balaș, der auch eine Höhle in Nadrag entdeckt hat, initiiert, und sollte eine einzigartige Attraktion für Kinder darstellen. Heute ist von dem einstigen Kinderferienlager nichts mehr übrig, ein lokales Unternehmen hat jedoch das Grundstück von der Gemeinde gepachtet und möchte das Kinderferienlager wieder instand setzen.

Das Cornet-Tal ist im Frühling eine Attraktion für sich. Die Schneeglöckchen als erste Frühlingsboten gehen jeder Frau ans Herz, während des Sommers kann die vielfältige Gebirgsflora bewundert werden. Im klaren, sauberen Wasser des Cornet-Baches können Wanderer ihre müden Füße kurz erfrischen – das Wasser ist manchmal so kalt, dass man es nicht länger als drei-vier Minuten aushalten kann. Noch bevor man den Wasserfall erreicht hat, kommt man rechts an einer Wiese vorbei, die ideal für ein Picknick ist. Der Cornet-Wasserfall ist vor allem im Frühling, nach Schneeschmelze und heftigeren Regenfällen, ein beliebtes Sujet für Fotografen. Wanderer können natürlich den Forstweg weiterlaufen, um frische Luft zu tanken. In den Wäldern um Nadrag kann man davon nie genug bekommen.

Bis zur Căpriorul-Hütte und zum Padeș-Gipfel

Wer nicht zum Cornet-Wasserfall möchte, der kann einfach die Hauptstraße entlang und dann weiter über die Padeș-Straße bis an den Dorfrand fahren. Hier beginnt ein anderer Wanderweg. Radfahrer können ihre Autos am Dorfrand parken und von dort in den Sattel steigen, um die Căpriorul-Hütte zu erreichen. Der Forstweg, der – obzwar nicht besonders gut – auch mit dem Auto bewältigt werden kann, ist etwa 15 Kilometer lang und führt entlang des Padeș-Flusses.

Von der heute heruntergekommenen Căpriorul-Hütte, eine beliebte Berghütte zu Kommunismus-Zeiten, können Bergwanderer den Weg zum Padeș-Gipfel (1374 Meter) im Poiana-Ruscăi-Gebirge einschlagen. Es sind laut Google Maps nur etwa 6,2 Kilometer, doch unerfahrene Wanderer sollten dafür schon mit einem Aufstieg von etwa drei Stunden rechnen, mit einigen kurzen Pausen zwischendurch. Nach etwa 30 Minuten Wandern von der Căpriorul-Hütte in Richtung Padeș werden Wanderer links die ehemaligen Eisenminen und rechts den sogenannten „Dakerkopf“ entdecken – einen Felsen, der durch Erosion die Form eines Menschenkopfes erhalten hat.

Wer frühmorgens die Căpriorul-Hütte erreicht und einigermaßen sportlich veranlagt ist, der kann den Padeș-Gipfel besteigen und nachmittags wieder herabklettern. Gerade im Sommer kann man sich an den frischen Blau- und Preiselbeeren in Gipfelnähe erfreuen. Ein Treffen mit Meister Petz findet hier nur äußerst selten statt, denn die Bären, die im Poiana-Ruscăi-Gebirge zu Hause sind, sind relativ scheu, und auch die Wildschweine und das Rotwild fliehen sofort, wenn sie menschliche Stimmen vernehmen.

Abenteuerpark bald wieder offen

Zurück nach Nadrag: Abenteurer haben seit 2018 die Möglichkeit, im sich auf 3000 Metern erstreckenden Abenteuerpark auf der Negre-Wiese ihren Adrenalin-Kick zu holen. Der Park, der vorläufig noch geschlossen ist, bietet insgesamt sechs Parcours unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade: vier für Erwachsene, zwei für Kinder.

In Nadrag gibt nur zwei Übernachtungsmöglichkeiten, von deren Existenz man aber nur vor Ort erfährt, weil sie im Internet nicht aufgelistet sind. Die einzige Pizzeria im Ort befindet sich in der Hauptstraße (Metalurgiștilor-Str. Nr. 3), nur etwa 150 Meter weiter, gegenüber dem Profi-Markt. Hier kann man eine wirklich leckere Pizza verzehren zu äußerst erschwinglichen Preisen von 15 bis 20 Lei. Man kann sie abholen und unterwegs verzehren, oder am Ende des Ausflugs mit nach Hause nehmen.

Das Banat besitzt zahlreiche Sehenswürdigkeiten, die es zu entdecken lohnt. Auf der Webseite des Temescher Tourismus-Informationsbüros (www.discovertimis.com) gibt es Informationen für Reisende, die den Kreis Temesch erkunden wollen. Nadrag ist momentan noch ein Geheimtipp für Naturfreunde, die am Wochenende aus der Stadt fliehen wollen. Die einst deutsche Gemeinde im Banater Bergland wurde mit beeindruckenden Naturschönheiten gesegnet – und könnte in Zukunft, bei einer angemessenen Förderung – ihr wahrhaftiges Tourismuspotenzial zur Geltung bringen.