Zsolnay – ein Name, der Geschichte schrieb

Ehemaliges Fabrikgelände aus Pécs wurde zum Kulturviertel

Das Mausoleum der Familie Zsolnay erinnert an eine neoromanische Kirche.

Wer in das Mausoleum eintritt, muss sich den Sarkophag aus Eosin von oben anschauen.

Das Zsolnay-Kulturviertel aus Pécs ist ein Tourismusmagnet.
Fotos: Zoltán Pázmány

Zsolnay: Der Name steht für Qualität, Einzigartigkeit, Kunst. Ungarns berühmteste Porzellanmanufaktur glänzt heute in einem völlig neuen Licht. Das einstige Fabrikgelände im südungarischen Fünfkirchen/Pécs wurde zu einem Museumskomplex umgebaut. Das sogenannte Zsolnay-Kulturviertel wurde erst zu Beginn 2011, nachdem das Kulturhauptstadt-Jahr abgeschlossen war, fertiggestellt. Elf Milliarden Forint, der Großteil davon EU-Mittel, flossen in die Sanierung des fünf Hektar großen industriellen Denkmalkomplexes. Hier sind heute nicht nur Teile der ehemaligen Porzellanfabrik, sondern auch Handwerkerhäuser, das Mausoleum sowie zahlreiche Restaurants, Cafés und mehrere Lehrstühle der Universität Pécs untergebracht.

Die Zsolnay-Fabrik war einst der größte Keramik-Betrieb der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Bis zur Verstaatlichung im Jahr 1948 befand sich das Unternehmen im Besitz der Familie Zsolnay und bewahrte seine Selbstständigkeit.

Die gesamte Familie Zsolnay war in die Produktion impliziert. Während Vilmos Zsolnay als „genialer Keramiker“ angesehen wird, gilt sein Sohn Miklós als gewandter Geschäftsmann, der die leitende Funktion der Fabrik auf dem Markt sicherte. Auch die Töchter von Vilmos Zsolnay leisteten einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der Porzellan-Manufaktur. Júlia und Teréz Zsolnay waren als Malerinnen und Designerinnen der Produkte tätig.

Júlias Mann, Tádé Sikorski, ging nicht nur als Maler, sondern auch als Architekt in die Geschichte der Fabrik ein. Jakab Mattyasovszky, der Ehemann von Teréz Zsolnay, half als Geologe bei den Entdeckungen seines Schwiegervaters.

Porzellanobjekte kehrten nach Pécs zurück

Mehr als 600 Keramikstücke umfasst die Sammlung des in Amerika lebenden Dr. László Gyugyi, die heute im ehemaligen Haus Sikorski im Zsolnay-Kulturviertel bewundert werden kann. Das Material stammt aus einer 40-jährigen Zeitspanne der Zsolnay-Keramikfabrik (1870–1910), die sich in drei Abschnitte einteilen lässt: Historismus, Millennium und Sezession. Bunte Töpfe, Ziergegenstände, Tassen, Kelche und andere Porzellanstücke können dort bewundert werden.

Das Besondere an der Sammlung ist, dass sie auch Gegenstände umfasst, die von Teréz und Júlia von Hand bemalt, signiert und datiert wurden. Der aus Ungarn stammende László Gyugyi hatte die Gegenstände jahrelang über verschiedene Auktionen gesammelt oder von Privatpersonen erworben. Er fand, dass die Sammlung am besten da hingehört, wo sie ursprünglich herkommt: nämlich nach Fünfkirchen.

Viele der im Museum ausgestellten Porzellangegenstände sind Einzelstücke und unterscheiden sich voneinander durch die Art und Weise, wie sie hergestellt wurden. Das teuerste Stück der Sammlung hat einen Wert von ungefähr 100.000 Euro.

Von einer sogenannten „westlichen Orientierung“ geprägt war Àrmin Klein, Maler, Bildhauer, Form- und Dekorationsdesigner. Seine Arbeiten werden durch mythologische Figuren, Renaissance-Gestalten sowie Szenen aus dem Leben des ungarischen Volkes charakterisiert.

Zum 1000. Jubiläum der Landnahme, das 1896 begangen wurde, hatte Vilmos Zsolnay eine neue Technik entwickelt, die er „Millenniums-Technik“ nannte. Später erschienen unter dem Namen „Eosin“ die farbwechselnden, bunten Glasuren, in denen die Farben der Edelmetalle und Edelsteine glitzern. Zu dieser Zeitspanne gehören u. a. die Kunstwerke mit indischen, japanischen und chinesischen Motiven.

Sonne bringt Eosin-Sarkophag zum Leuchten

Nachdem Vilmos Zsolnay gestorben war, übernahm sein Sohn Miklós die Leitung der Fabrik. Zwischen 1900 und 1921 lud er berühmte Künstler der Sezession nach Fünfkirchen ein, um an der Entwicklung von neuen Produkten zu arbeiten. Eine besonders wichtige Rolle spielte der Künstler Sándor Apáti Abt, der zehn Jahre lang in Fünfkirchen gelebt und gearbeitet hatte. Er fertigte die Skulpturen des Mausoleums und die Reliefs des Sarkophags aus Eosin an.
Das Pécser Mausoleum beeindruckt schon von Weitem mit einem von 24 Löwenstatuen gesäumten Weg. Dieser Weg führt zu dem imposanten, mit Majolika-Ziegeln der Zsolnay-Fabrik geschmückten Rundgebäude hinauf. In dem Mausoleum herrscht eine fast mystische Atmosphäre: Der mit Eosin überzogene Sarkophag ändert je nach Stand der einfallenden Sonnenstrahlen seine Farbe. Seine ganze Pracht soll der Raum zur Wintersonnenwende am 21. Dezember entfalten, wenn die tief stehende Sonne das Eosin zum Leuchten bringt.

Das Mausoleum ließ Miklós Zsolnay nach dem Tod von Betriebsgründer Vilmos im Jahr 1900 auf einer an das Betriebsgelände angrenzenden Anhöhe errichten. Genau an dem Ort hatte sich einst der Scheiterhaufen der Stadt befunden. Der Hügel war einer der Lieblingsorte des Manufakturgründers gewesen, denn von hier aus konnte er das gesamte Gelände überblicken. Der Sarg von Vilmos Zsolnay wurde 1913 in der Familiengruft beigesetzt. 1919 starb seine Ehefrau, Terézia Bell. Hier ruht auch ihr Sohn Miklós, alle anderen Familienmitglieder wurden 1986 auf dem Pécser Ehrenfriedhof zur Ruhe gebettet, weil die Urnen durch diverse Vandalenakte stark beschädigt worden waren.

Das Mausoleum ist ein besonderer Bau. Die kreisrunde Form erinnert an eine neoromanische Kirche, wobei gerade der Kreis als Symbol für die Unendlichkeit gilt. Das Bauwerk beherbergt eine Grabkapelle und eine darunterliegende Grabkammer mit Eosinsarkophag, sowie 32 Sargkammern. Die Fassade des Mausoleums wurde mit unglasierten Pyrogranit-Platten verkleidet, die Innenwände mit bunten Fliesen dekoriert. Die architektonische Anordnung in der Kapelle ist identisch mit jener von Napoleons Grab in Paris, wo die von oben Herabblickenden ihr Haupt vor dem Verstorbenen neigen müssen, während die in der Gruft Stehenden ihren Blick auf den erhobenen Sarkophag erheben müssen.

Im Laufe der Zeit erlitt das Mausoleum verschiedene Zerstörungen, die größten davon in den 40er Jahren. Die ersten Schäden verursachten 1944 die russischen Soldaten. Die Restaurierung begann 2004, nachdem das Dach wieder hergestellt wurde. Die Arbeiten erfolgten im Rahmen des Programms Kulturhauptstadt Europa und umfassten auch die Wiederbelebung des gesamten Geländes.

Neue Attraktionen im Zsolnay-Viertel

Außer dem Mausoleum gibt es auf dem Gelände der berühmten Porzellan-Fabrik auch andere Attraktionen. Die neue Pécs-Galerie zeigt eine Kunstausstellung mit wechselnden Objekten und auch das Bóbita Puppentheater bietet im Kulturviertel verschiedene Aufführungen an.
Die Rosa Ausstellung, eine Dauerausstellung des Zsolnay-Kulturviertels, beweist, wie vielseitig die Keramikprodukte aus dem Hause Zsolnay sein konnten. Hier können rosafarbene Gegenstände aus Porzellan bewundert werden, die für den Anfang der Manufaktur charakteristisch waren. Es waren vor allem Gegenstände für die Massenproduktion, deren Palette von ländlichen Töpferwaren bis zu verschiedenen Badgegenständen reicht. Ein interessantes Objekt ist der pinkfarbene Ofen, der im Ausstellraum in Originalform zu sehen ist.

Im ehemaligen Laborgebäude der Zsolnay-Keramikfabrik, auf dem Gingko-Platz, befindet sich das Besucherzentrum und der sogenannte „interaktive Zauberraum“ oder „Palast der Wunder“, wie er noch genannt wird. Hier sind vom Spielwinkel bis zur Teslaspule sämtliche Experimente anzusehen und auszuprobieren. Das Planetarium, ein Jugendstilcafé und verschiedene Einrichtungen für Aufführungen und Konzerte sind weitere Attraktionen im Zsolnay-Kulturviertel.