Zwischen schwebenden Klöstern

In der Felsenlandschaft von Meteora, im griechischen Thessalien

Blick auf Kloster Varlaam

In schwindelnder Höhe auf Felsen gebaut

Blick von Meteora auf Kalambaka, dem Ausgangspunkt zu den Klöstern
Fotos: der Verfasser

Voller Erwartung fiebern wir unserem Reiseziel entgegen. Dieses Mal ist es Neos Marmaras, ein Kurort auf der griechischen Chalkidiki-Halbinsel in der Ägäis. Das herrliche Herbstwetter, bedeutend milder als an unserem Ausgangsort Bukarest, lädt einen nach der langen Busreise ein, das Umfeld näher zu erkunden: das klare Meereswasser, den feinen Sandstrand, den Ausblick auf die in der Ferne liegenden Inseln, erreichbar mit Booten, die Ruhe, die zahlreichen Blumen an den Fenstern der in Blau und Weiß gestrichenen Häuser, die kleinen roten, doch äußerst scharfen Paprika, die in Sträuchern entlang der Alleen am Ufer wachsen und von denen man sich bedienen kann.

Man sollte beim Verzehren vorsichtig sein, da man anschließend kaum den Brand in der Mundhöhle löschen kann. Und nach einem vorzüglichen Abendessen mit gegrilltem Fisch und köstlichem Wein, das uns von der Gaststätte jenseits der Straße  samt Tisch und Stühlen an den Sandstrand gebracht wird, kann man auch an die weiteren Ziele denken, die man im Umfeld besuchen möchte.

Meteora im UNESCO-Weltkulturerbe

Beeindruckend sind die Bilder, die man in Dokumentarfilmen  auf verschiedenen TV-Kanälen über Meteora zu sehen bekommt. Daher auch unser Ziel,  in diese ungewöhnliche Felsenlandschaft zu gelangen, wo in schwindelnder Höhe vor Jahrhunderten Klöster gebaut worden sind, von denen heute noch sechs von Mönchen oder Nonnen bewohnt werden.
Es gibt mehrere Rätsel, vor denen man steht, wenn man nach der Busreise ankommt: Erstens, wie sind diese Felsen entstanden, die  den Anschein erwecken, das Werk von außerirdischen Kräften zu sein. Die Felsen bestehen aus Sandstein-Konglomerat und entstanden vor rund 60 Millionen Jahren auf dem Grund des Meeres, das damals Thessalien bedeckte.  Heute ragen sie wie glatt geschliffene Eiszapfen aus dem ehemaligen Meeresgrund, der jetzigen Flussebene des Piniostales, über 500 Meter empor. Allein der Anblick der schroffen Wände vor der Kulisse der Klöster lässt einen schwindlig werden. Daher ist es für Personen mit Höhenangst nicht ratsam, die Fahrt auf der sehr engen Straße mit scharfen Kurven bis hinauf auf sich zu nehmen. Der dem gesamten Gebilde verliehene Name Meteora leitet sich vom griechischen „meteorizo“ ab, was so viel wie „in der Luft schwebend“ bedeutet.

Im 9. Jahrhundert kamen erste Eremiten her, hausten in den natürlichen Felsnischen, errichteten  Holzunterkünfte und wuchsen später zu Gemeinschaften zusammen. Mönche kamen auch vom Berg Athos  im 11. Jahrhundert. Sie begannen mit dem Bau von Klöstern an schwierigsten Stellen auf den Felsen. Die Baumaterialien wurden mit Stricken hochgezogen. Selbst die Mönche stiegen auf Strickleitern hoch.  Erst viel später wurden erste Wege und die Straße gebaut. Das erste  in Meteora errichtete Kloster, Doupiani, ist nicht erhalten geblieben. Das Klosterleben auf Meteora begann 1344 mit Athanasios, der das Kloster Metamorphosis gründete. Er war es auch, der die Regeln für das Klosterleben entworfen hat.  Nach seinem Tod wurde er  als Athanasios Meteorites selig gesprochen. Weitere Gebäude sind in den folgenden Jahren entstanden, insgesamt waren es 24 Klöster und mehrere Eremitagen. Heute sind noch sechs der Klöster  bewohnt. Die restlichen 18 wurden aufgegeben, da sie sehr schwer zugänglich sind und Einsturzgefahr besteht. Der gesamte Komplex gehört heute dem UNESCO-Weltkulturerbe an.

Großartige Filmkulisse

Das bekannteste Kloster auf Meteora ist Agia Triada, in den Jahren 1458 – 1476 gebaut. Gewidmet wurde es der Heiligen Dreifaltigkeit. Von dort bietet sich eine wunderbare Aussicht auf  das ganze Tal, auf die Stadt Kalambaka als Ausgangspunkt zu Meteora. Weltweit berühmt geworden ist dieses auch durch den 1981 dort gefilmten James Bond-Thriller „In tödlicher Mission“. Das noch von Mönchen bewohnte Kloster  Metamorphosis ist die größte diesbezügliche Bauanlage und befindet sich auf 613 Metern Höhe über dem Meeresspiegel.  Bis Anfang des vorigen Jahrhunderts konnte es nur über Strickleitern bzw. mit Hilfe einer Seilwinde erreicht werden.  1923 wurde eine Steintreppe mit 243 Stufen gebaut. Das Kloster zeichnet sich durch seinen Reichtum an Holzschnitzkunst aus.
Vom Bau her kleiner, wirkt das Kloster Roussanou auf den Besucher entzückend und bietet sich besonders zum Fotografieren an. Seit 1930 ist es über eine sichere Steintreppe erreichbar. Das älteste erhaltene Meteora-Kloster ist Agios Stefanos aus dem 12. Jahrhundert und wird von Nonnen bewohnt. Das Kloster Agio Nikolaos ist in seiner heutigen Form in den letzten Jahren des 15. Jh. entstanden. Die kleine Fläche auf dem Felsen veranlasste die Erbauer, dieses in mehreren Niveaus zu errichten.  Der erste Kolonist dieses Felsens, Varlaam, war der Mönch, der sowohl dem Felsen als auch dem Kloster seinen Namen verliehen hat.  Erbaut ist dieses in Kreuzform mit Turm und wurde 1548 von dem Maler  Franco Castelano aus Kreta ausgemalt. 1922 wurden Stiegen in Stein gehauen, die Besuchern Zugang verschaffen. In diesem Kloster sind die Reliquen mehrerer Heiliger aufbewahrt, wie auch zahlreiche Paramente und wertvolle Kultgegenstände, etwa das Evangelienbuch von Kaiser Konstantin VII. Porphyrogennetos  (959 n. Chr.).

Natur- und Bauwunder

Sowohl die Felsen, als auch die darauf befindlichen Klöster sind heute wunderbare Anziehungspunkte für Touristen aus der ganzen Welt. Gelegen in der Mitte Griechenlands, östlich des Pindos-Gebirges neben der Stadt Kalambaka in der Region Thessalien, ist Meteora eine der Hauptattraktionen des Landes. Wer diese erkunden will, nimmt sich am besten einen Mietwagen, um nicht an eine Reisegruppe gebunden zu sein. Damit kann man auch dem Lärm und Andrang der übrigen Touristen ausweichen. Alle Klöster verfügen über eigene Museen, die Mönche bieten zudem Ikonen, Opferkerzen und andere Kultgegenstände zum Verkauf an. Im Empfangsgebäude am Fuße der Felsen wird man kurz in die Geschichte von Meteora eingeführt, aber auch auf die Verhaltensvorschriften aufmerksam gemacht. Entsprechende Kleidung ist Pflicht: lange Röcke für Frauen, Arme und Schultern müssen bedeckt sein. Männer erhalten nur in langen Hosen Zugang. Reisebroschüren gibt es in fast allen Sprachen der Welt und sogar eine Kostprobe des Cognacs Metaxa ist dort möglich.

Die Öffnungszeiten sind unterschiedlich: Kloster Agia Triada ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet, das Kloster Metamorphosis von 9 bis 13 und 15 bis 18 Uhr; dienstags geschlossen. Große Touristenströme sind an Feiertagen und in der Hochsaison zu verzeichnen, was einzuplanen ist. Daher ist ein Mietwagen oder Fahrrad zu empfehlen. Mindestens fünf Stunden sollte man sich für den Besuch selbst reservieren.  Im Umfeld von Kalambaka gibt es aber auch weitere Anziehungspunkte.  Außerhalb der Stadt in acht Kilometern Entfernung befindet sich der Sarakime See, wo eine berühmte Steinbrücke, die Sechsbogenbrücke von Trikala aus dem 16. Jh., zu sehen ist.  Die Theopetra-Höhle liegt nur vier Kilometer weit von Kalambaka. Deren Hauptraum misst über 500 Quadratmeter. Diese war vor 50.000 Jahren bewohnt. Das Gebiet eignet sich sehr gut auch für Alpinismus und Mountainbiking. 2002 sprang Base-Jumper Felix Baumgartner von einem 120 Meter hohen Meteora-Felsen. Auch dienen die Felsen oft als Filmkulisse. Hier wurden u.a. „Tim und Struppi und das Geheimnis um das goldene Vlies“, (1961, Frankreich), „Auf der Fährte des Adlers“ (1976, USA)“, „Wer hat den Schenkel des Jupiter geklaut“, (1979, Frankreich), die Koproduktion „Meteora“ (2012, Deutschland, Frankreich, Griechenland) gedreht. Ein Besuch im Naturkundemuseum in der Stadt Kalambaka ist ebenfalls zu empfehlen. Nach dem Besuch in  Meteora bleibt man mit tiefen Eindrücken von dieser fast übernatürlichen Felsenlandschaft zurück, von den Jahrhunderte alten Klöstern und den Mönchen und Nonnen, die darin in Konzentration auf Gott leben und ein asketisches Dasein führen.