Agrovoltaik: Duale Nutzung landwirtschaftlicher Flächen auch für die Energieerzeugung

Es ist soweit: Das Gesetz Nr. 254/2022 zur Änderung des Bodengesetzes Nr. 18/1991 („Änderungsgesetz“) wurde am 21. Juli veröffentlicht. Es soll in Rumänien die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie auf landwirtschaftlichen Flächen der Fruchtbarkeitskategorie III, IV und V zulassen. Dies war bisher verboten.

Das Änderungsgesetz bewirkt hauptsächlich zwei für die Energiewirtschaft wichtige Änderungen:

Baufreigabe auf Grundstücken im Außenbereich

Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen, wie Photovoltaik-, Wind-, Biomasse-, Bioflüssigkeiten- und Biogasanlagen, sowie Speicherkapazitäten, Umspannwerke oder ähnliche Anlagen können direkt auf Grundstücken der Fruchtbarkeitskategorien III, IV und V, die im Außenbereich liegen, errichtet werden.

Die Einholung einer Baugenehmigung, bzw. einer Genehmigung über die dauerhafte oder vorübergehende Entfernung aus dem landwirtschaftlichen Kreislauf ist weiterhin erforderlich, jedoch muss hierfür die Überführung der Grundstücke aus dem Außen- in den Innenbereich durch die Genehmigung eines Gebietsbebauungsplanes (rum. plan urbanistic zonal – PUZ) nicht mehr erfolgen. Die Genehmigung eines PUZ an sich kann zwischen neun und zwölf Monaten dauern, was nach der vorherigen Regelung dazu führte, dass bereits in sehr frühzeitigen Projektphasen erhebliche Kosten vorzuleisten waren.

Eine weitere Vereinfachung betrifft die Ausstellung der Genehmigung über die Entfernung aus dem landwirtschaftlichen Kreislauf. Sie erfolgt nunmehr binnen 45 Tagen ab Antragstellung, andernfalls gilt sie als stillschweigend erteilt.

Die Baufreigabe auf Grundstücken im Außenbereich bezieht sich jedoch nur auf Grundstücke im Ausmaß von bis zu 50 ha und soll nur bis zum 31. Dezember 2026 gelten.

Duale Nutzung landwirtschaftlicher Flächen

Außerörtlich gelegene landwirtschaftliche Grundstücksflächen der Fruchtbarkeitskategorie III, IV und V können nunmehr dual, d.h. gleichzeitig für landwirtschaftliche Zwecke und für die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, genutzt werden. Ausgenommen sind allerdings Ackerflächen, für die das duale System verboten ist.

Demnach können Investoren kleinere Flächen aus dem landwirtschaftlichen Kreislauf entfernen und der Errichtung von Energieerzeugungsanlagen widmen, was zu niedrigeren Gebühren führen wird, und die restliche Grundstücksfläche für landwirtschaftliche Tätigkeiten nutzen.

Die Zahlung der Gebühr für die ganze oder teilweise Entfernung der Grundstücke aus dem landwirtschaftlichen Kreislauf soll demnach nicht mehr in der Anfangsphase eines erneuerbaren Energieprojektes (bei der Genehmigung eines Gebietsbebauungsplanes), sondern in einer späteren Etappe – vor Erhalt der Baugenehmigung, d.h. nach der Bestätigung der Machbarkeit des Projektes, erfolgen.

Die Errichtung von Energieanlagen auf Wiesenflächen wurde ebenfalls erleichtert, da vor dem Hintergrund, dass nicht das gesamte Grundstück aus dem landwirtschaftlichen Kreislauf zu entfernen ist, eine kleinere Wiesenfläche als Ersatz zurückzugewinnen ist. Bisher konnten Wiesenflächen nur dann aus dem landwirtschaftlichen Kreislauf entfernt werden, wenn eine woanders gelegene, gleich große Wiesenfläche zurückgewonnen wurde. Dies bewirkte in der Vergangenheit große Hindernisse für Projekte.

Bestehende Unklarheiten

Die Genehmigung eines Gebietsbebauungsplanes (PUZ) vor der Beantragung einer Baugenehmigung diente zugleich zwei Zwecken: Zum einen der Überführung eines Grundstückes aus dem außerörtlichen in den innerörtlichen Bereich und zum anderen der Festlegung der für das betreffende Grundstück anwendbaren baurechtlichen und städtebaurechtlichen Parameter, die für die Baugenehmigung für ein bestimmtes Projekt zu erfüllen sind.

Die Genehmigung eines Gebietsbebauungsplanes entfällt nun für den ersten Zweck, es stellt sich jedoch weiterhin die Frage, ob diese zum zweiten Zweck weiterhin erforderlich sein wird, denn gemäß geltender Gesetzgebung kann eine Baugenehmigung nur dann ausgestellt werden, wenn im Voraus hierfür eine städtebaurechtliche Dokumentation genehmigt worden ist. Die Anwendungsnormen zum Änderungsgesetz werden diese Frage beantworten müssen, da es für Grundstücke im Außenbereich keine entsprechenden städtebaurechtlichen Regelungen gibt.

Fazit

Trotz der noch bestehenden Unklarheit in Bezug auf die Erforderlichkeit eines Gebietsbebauungsplanes (eventuell in einer späteren Etappe) stellt das Änderungsgesetz einen massiven Schritt vorwärts dar.

Für die Entwicklung von Projekten zur Erzeugung von erneuerbarer Energie, die Umsetzung von Investitionen zur Produktion von Bioflüssigkeiten, die Konsolidierung der Elektroinfrastruktur für  private Energieerzeugungsprojekte (i.e. Umspannwerke, Speicherkapazitäten) bedeutet es eine erhebliche Erleichterung und Beschleunigung.


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