Aktien und Geschäftsanteile mit unterschiedlichen Stimmrechten in Diskussion

Am 8. Dezember 2021 wurde dem rumänischen Senat ein Gesetzesentwurf (Nr. B563-2021) vorgelegt, der eine grundlegende Änderung und Ergänzung des Gesetzes Nr. 31/1990 über Gesellschaften (nachfolgend „das Gesetz“) bezweckt. Hiernach soll eine neue Art von Geschäftsanteilen bzw. Aktien eingeführt werden, wonach die Beteiligten an rumänischen Aktiengesellschaften und GmbHs ggf. unterschiedliche Rechte erhalten können. Dies bedeutet eine Abkehr von dem bisherigen Prinzip, wonach alle Geschäftsanteile ihren Inhabern im Grundsatz dieselben Rechte gewähren.

Nach Angaben der Initiatoren zielt dieses Vorhaben darauf ab, die Durchführung von sogenannten Venture-Capital-Transaktionen in Rumänien zu vereinfachen, insbesondere im Rahmen des Ziels Rumäniens zur Unterstützung und Beschleunigung der Entwicklung der IT-Industrie.

Aktuelle Rechtslage

Gemäß der aktuell durch das Gesetz geregelten Lage wird das Stammkapital einer rumänischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (S.R.L.) in gleiche und lediglich „reguläre“ (rum: ordinare) Geschäftsanteile aufgeteilt. Prinzipiell gewährt dabei jeder Geschäftsanteil seinem Inhaber ein Stimmrecht.

Im Falle der rumänischen Aktiengesellschaften unterscheidet das Gesetz derzeit bereits unter folgenden Kategorien von nominalen Aktien: 

  • reguläre Aktien (rum: acțiuni ordinare); 
  • Vorzugsaktien (rum: acțiuni preferențiale), welche dem jeweiligen Inhaber zusätzlich zu den Rechten, die den regulären Aktien entsprechen, einen Anspruch auf einen vorrangigen Bezug von Dividenden einräumen. 

Neue Kategorie von Aktien bzw. Geschäftsanteilen

Der o. g. Gesetzesentwurf führt im Falle beider o. g. rumänischen Gesellschaftsformen die Kategorie der sog. exekutiven Aktien bzw. Geschäftsanteile (rum: părți sociale / acțiuni executive) ein. 
Inhaber exekutiver Geschäftsanteile an rumänischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung sollen grundsätzlich in den Genuss folgender Rechte kommen:

  • Mehrfachstimmrecht, das ihnen zu den in der Gründungsurkunde (rum: act constitutiv) geregelten Bedingungen mehrere Wahlrechten pro Geschäftsanteil einräumt;
  • sämtliche Rechte, die den Inhabern von regulären Anteilen zustehen, einschließlich das Recht zur Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen.

Ferner gewährt der Gesetzesentwurf Aktionären, die exekutive Aktien an einer rumänischen Aktiengesellschaft halten, grundsätzlich Folgendes:

  • Mehrfachstimmrecht, auf dessen Grundlage der Inhaber der exekutiven Aktie mehrere Wahlrechte pro Aktie hat;
  • sämtliche den Inhabern von regulären Aktien zustehenden Rechte, einschließlich das Recht zur Teilnahme an Hauptversammlungen der Aktionäre.

Änderung der Gründungsurkunde erforderlich

Laut Gesetzesentwurf müssen die Kategorien der Geschäftsanteile bzw. Aktien sowie die Anzahl der Stimmrechte, die exekutive Geschäftsanteile oder Aktien ihrem Inhaber gewähren, in die Gründungsurkunde der Gesellschaft aufgenommen werden. Damit haben es laut Entwurf die Gesellschafter es in der Hand, die Einstufung der Anteile und deren Auswirkungen zu regeln.

Umwandlung der Geschäftsanteile/Aktien

Aufgrund des Gesetzesentwurfes wird es GmbHs ermöglicht, die Kategorie von Geschäftsanteilen zu ändern, d. h. reguläre Geschäftsanteile in exekutive Geschäftsanteile umzuwandeln bzw. die Kategorie wieder zu ändern. Dies erfolgt mittels eines Gesellschafterbeschlusses, dem die absolute Mehrheit nach Gesellschaftern und nach Anteilen zustimmen muss.

Auch im Falle der Aktiengesellschaften soll es laut Gesetzesentwurf grundsätzlich zulässig sein, die o. g. drei Aktienkategorien zu verändern. Dies erfordert einen Beschluss der Hauptversammlung der Aktionäre, der mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden oder vertretenen Aktionäre gefasst wird.

Fazit

Das Gesetz in der aktuell geltenden Fassung regelt im Grundsatz bzgl. der Stimmrechte, dass jeder Inhaber von Geschäftsanteilen oder Aktien nur ein Stimmrecht pro Anteil genießt. Abweichungen hiervon sind nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich. 

Der Gesetzesentwurf löst sich von diesem Grundsatz, indem er den Gesellschaftern/Aktionären das Recht einräumt, bestimmten Anteilen zusätzliches Gewicht zu verleihen. Dies bedeutet eine wesentliche Änderung. Sollte der Entwurf in Kraft treten, könnte dies nicht nur das erklärte Ziel, die Umsetzung von sog. Venture-Capital-Transaktionen in Rumänien zu vereinfachen, umsetzen, sondern generell bislang unbekannten Gestaltungsspielraum bei Gesellschaftsgründungen, Joint Ventures und im M&A-Bereich eröffnen. 

Ob und in welcher Form der Entwurf zu einem Gesetz wird, ist offen. Seine Existenz belegt jedenfalls, dass der Gesetzgeber in diesem Bereich aktiv ist.


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