Alte und vernachlässigte Pflichten – Archivierung

Veronica Visinescu

Eines der ältesten Gesetze, die in Rumänien in Kraft sind, ist das Gesetz Nr. 16/1996 über das Nationalarchiv1 (nachfolgend „Gesetz“). Dennoch gehört es mitsamt seinen Sekundärregelungen zu den weitgehend unbekannten Rechtsakten. Dabei gehen die gesetzlichen Pflichten in Verbindung mit der Archivierung für juristische Personen sehr weit.

Wer hat Archivierungspflichten?

Gemäß dem Gesetz bestehen Archivierungspflichten u. a. für rumänische wirtschaftliche Privatunternehmen (organizații private economice) und Freiberufler (persoană fizică autorizată), die Unterlagen wie z. B. öffentliche oder private Urkunden mit historischem Wert2 schaffen. Damit treffen die Archivierungspflichten grundsätzlich alle privaten Wirtschaftsteilnehmer.

Welche Archivierungspflichten bestehen?

Die Archivierungspflichten betreffen die Erfassung, Inventur, Auswahl, Aufbewahrung und Nutzung von Unterlagen. Im Gesetz sind spezielle Formalien und Verfahren in Verbindung mit den oben erwähnten Tätigkeiten vorgesehen.

Wie werden die Archivierungspflichten erfüllt? 

Jede juristische Person muss entweder eine Archivierungsabteilung einrichten oder eine Person bestellen, die für Archivierungstätigkeiten zuständig ist. Die Bestellung des Archivierungspersonals wird durch das zuständige Archivamt3 genehmigt. Erwähnenswert ist, dass eine elektronische Archivierung grundsätzlich möglich ist, wenn alle Unterlagen mit elektronischer Signatur versehen sind.

Wann sind die o. g. Pflichten zu erfüllen?

Archivierungstätigkeiten tauchen bereits mit dem Beginn der Tätigkeit auf, da die Registrierung der Unterlagen und die Erstellung einer internen Nomenklatur für Archivunterlagen (Nomenclatorul documentelor de arhivă) erforderlich sind, und müssen ständig ausgeübt werden. Bei Einstellung der Tätigkeit muss das Archiv grundsätzlich übergeben werden.

Die o. g. Nomenklatur ist durch das Archivamt zu genehmigen. Darin werden u. a. die anwendbaren Aufbewahrungsfristen für bestimmte Unterlagen vorgesehen, die sich nach den gesetzlichen Bestimmungen und der Wichtigkeit der jeweiligen Unterlagen richten. Manche Unterlagen, deren Aufbewahrungsfrist nicht zweifellos festgestellt werden kann, müssen nach Ablauf einer selbst gesetzten Aufbewahrungsfrist einer Sonderkommission des Nationalarchives zur Prüfung vorgelegt werden.

Die Entfernung von Unterlagen aus dem Archiv darf nur aufgrund eines Beschlusses der Geschäftsführung der juristischen Person und mit Genehmigung des Archivamts erfolgen. Dies betrifft Fälle, in denen Unterlagen zur Entfernung ausgewählt oder in ein anderes Archiv übertragen werden, oder deren Vernichtung durch Naturkatastrophen oder eine unvorhergesehene und unvermeidbare Fremdeinwirkung. Für die Auswahl der Unterlagen muss bei der betreffenden Person eine Auswahlkommission gegründet werden, die die Auswahl initiiert. Die Protokolle zur Vernichtung von Unterlagen sind mitsamt den Inventuren der Unterlagen, die weiter aufzubewahren sind, durch das Archivamt zu genehmigen.

Ständig aufzubewahrende Unterlagen werden dem Nationalarchiv grundsätzlich 30 Jahre nach deren Erstellung übergeben und können anschließend grundsätzlich nicht mehr zurückverlangt werden. Unterlagen mit praktischem Wert, von denen Kopien, Zertifikate oder Auszüge betreffend Rechte von Bürgern auszustellen sind, sind hingegen weiter aufzubewahren.

Sanktionen

Die Nichtbeachtung verschiedener gesetzlicher Pflichten wird mit Geldbuße sanktioniert. Bemerkenswert ist, dass die rechtswidrige Entfernung von zu archivierenden Unterlagen aus Rumänien oder deren rechtswidrige Veräußerung an ausländische natürliche oder juristische Personen als Straftat mit Freiheits- oder Geldstrafe bestraft wird.

Praxis

Das Nationalarchiv gehört nicht gerade zu den aktivsten Behörden. In der Praxis wurde lokal bereits öfter mitgeteilt, die Behörden verfügen nicht mehr über Räumlichkeiten für die Archivierung von Unterlagen und empfehlen die Archivierung durch zugelassene Archivierungsunternehmen. Auch eine Verhängung von Sanktionen in diesem Bereich ist uns bislang unbekannt.

Fazit

Da das Gesetz veraltet ist, sind weder sein Wortlaut noch bestimmte Sanktionen immer nachvollziehbar. Dies erklärt, warum es in der Praxis eher unbekannt ist. Selbst die zuständigen Behörden scheinen nicht zur Befolgung und Durchsetzung aller Regelungen in der Lage zu sein, was Raum für private Anbieter schafft. Es zeigt sich erneut, wie unterschiedlich Theorie und Praxis auseinanderklaffen können.
Wir empfehlen grundsätzlich die Beachtung dieses Gesetzes und die Erfüllung der darin vorgesehenen Maßnahmen. Insbesondere ist die Schaffung interner Verfahren zu Umgang mit und v. a. Vernichtung von Unterlagen empfehlenswert. 
 


1 Rum. Arhivele Naționale
2 Dies ist sehr weit zu verstehen, es umfasst z. B. alle Unterlagen einer Gesellschaft.
3 Für die Landkreise gibt es lokale Archivdienste des Nationalarchivs.


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