Der Schatz unterm Bett

Wie Börsianer versuchen, in der Krise ihr Geld zu sichern – und warum die Schweiz nicht mehr mitmachen will

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In stürmischen Zeiten sucht der Mensch nach Sicherheit. Wenn es draußen gewittert, flüchtet sich der Wanderer in eine Schutzhütte. Schiffe retten sich in den sicheren Hafen. Und auch Börsenhändler suchen nach Sicherheit in Krisenzeiten, wenn Marktturbulenzen kein Gewähr mehr für Stabilität bieten. Eine sichere Geldanlage bleibt selbst im Auf und Ab der Börsenkurse robust, man kann durch Spekulation wenig gewinnen, aber auch wenig verlieren.

Gold ist so eine sichere Geldanlage. Oder Immobilien, das sogenannte „Betongold”. Oder: Der Schweizer Franken.In den letzten Wochen ließ sich leicht beobachten, wie der Goldpreis nahezu täglich anstieg und auch der Schweizer Franken immer mehr an Wert zunahm. Dahinter liegt die Überlegung von Börsianern, dass in der andauernden Schuldenkrise Dollar und Euro immer weiter an Wert und damit an Kaufkraft verlieren und verlieren werden und eine unklare politische Linie weitere Bedenken schürt –  anders als bei Gold oder der Schweizer Währung, wo solche Schwankungen nicht zu erwarten sind. Was passiert also?

Die Euro-Anlagen werden umgetauscht in Gold und Schweizer Franken, ein begrenztes Angebot und erhöhte Nachfrage sorgen dafür, dass die Werte steigen. Einen realwirtschaftlichen Hintergrund gibt es nicht. Der wäre gegeben, wenn ausländische Investoren in der Schweiz Fabriken bauen oder neue Unternehmen eröffnen würden, dann zwangsläufig die Geschäfte in der Landeswährung abwickeln müssten und so der Bedarf nach Schweizer Franken steigen würde.

Von künstlicher Aufwertung  zur realen Krise

Die künstliche Aufwertung aber wird zum Nachteil für die Schweizer. Zum einen ist die Schweizerische Notenbank (SNB) direkt betroffen: Sie besitzt Devisenreserven in Euro und Dollar, deren Wert zum Franken immer weiter auseinanderdriftet und für die Nationalbank von 2010 bis heute einen Verlust von fast dreißig Milliarden Franken bedeutete. Zum anderen bricht der Export und der Tourismus des Landes ein, weil Waren und Dienstleistungen im Verhältnis schlicht zu teuer werden  - und damit über längere Zeit eine reale Krise herbeiführen könnten.

Letzte Woche zog die SNB die Notbremse und wertete den Franken ab. Zum ersten Mal seit 33 Jahren spricht sie eine Orientierung des Franken an einer Fremdwährung an. Ein Euro soll nicht mehr als 1,20 Franken wert sein. Aber um den Währungskurs zu verbessern, reicht ein Machtwort nicht aus, Geld muss sprechen. Für eine Abwertung kauft die Nationalbank seit Dienstag vergangener Woche so lange Euro und überschwemmt den Markt mit Schweizer Franken, bis das Ziel erreicht ist. Damit sich der Kurs hält, muss die Nationalbank überzeugend auftreten, und im Zweifel immer wieder Euro ankaufen.

In Rumänien und in andere mittel- und osteuropäische Ländern ist das ein Grund zur Freude. Viele hatten wegen den geringen Zinsen in den vorigen Jahren Kredite in Schweizer Franken aufgenommen, und mussten seither zusehen wie mit dem Kurs des Franken auch die Schulden in der eigenen Währung immer weiter anstiegen. Die Abwertung des Franken letzte Woche hat dafür gesorgt, dass sich auch der Wechselkurs vom Lei zum Franken um etwa 30 Bani verbesserte. Für alle Schulden, die Rumänen in Schweizer Franken aufgenommen haben, bedeutet das einen Erlass von über 900 Millionen Lei, berichtete das Wirtschaftsblatt „Ziarul Financiar” vergangene Woche.

Für Investoren bedeutet die Entscheidung der Schweizer vor allen Dingen, dass sie ihr Geld in Zukunft noch stärker in Immobilien oder Gold anlegen müssen, wenn sie sich weiterhin vor Inflation schützen möchten. Der Goldpreis wird also weiter steigen, solange die Krise anhält. Gold bleibt Gold, der Schatz unterm Bett wird nicht plötzlich bloß Papier wert sein. Einige sind sich sicher, dass genau hier auch der Grund für die Schuldenkrise zu suchen ist.

Bis 1971: Eine Feinunze Gold für 35 Dollar

Sonntagabend, 15. August 1971, Vereinigte Staaten von Amerika: Präsident Richard Nixon verkündet, man werde den Dollar von der Goldbindung lösen. Man müsse weiterhin Vertrauen haben in den Dollar, auch wenn der feste Wechselkurs von 35 Dollar pro Feinunze Gold von nun an der Vergangenheit angehören würde. Bis 1971 war ausländischen Banken versprochen worden, dass ihre Dollarreserven jederzeit nach Bedarf in Gold aus dem Lager in Ford Knox umgetauscht werden konnten.

Aber schon vor der Entscheidung Nixons hatte sich angebahnt, dass die USA nicht mehr in der Lage sein würde, die Goldbindung zu halten. Um den Vietnamkrieg zu finanzieren, hatte sie viel Geld gedruckt und das Vertrauen in einen starken Dollar verspielt. Besonders misstrauisch war Frankreich geworden und wollte die eigenen Dollarreserven möglichst schnell in Gold umtauschen. Nun aber konnte die USA Geld drucken, ohne sich weiter um die Goldreserven in Ford Knox Sorgen machen zu müssen.

Die offizielle Abwertung des Dollars gab dann den Startschuss auch für andere Länder, die Druckmaschinen anzuwerfen. Kreditvergaben zu niedrigen Zinsen waren kein Problem mehr, Geld konnte einfach nachgedruckt werden. Schulden machen wurde einfacher. Unsere Wirtschaftsordnung heute wird vom Glauben getragen, dass Papiergeld mehr wert ist als das, was es letztendlich ist: Papier. Aber jetzt bröckelt das Vertrauen in Dollar und Euro, die Angst vor einer Inflation breitet sich aus und die Schweiz will nicht länger, dass der Franken als Alternative zum Gold behandelt wird.

Die derzeitigen Goldpreise lassen auch die Augen derjenigen Rumänen glänzen, die es nicht erwarten können, endlich den Schatz in  Roşia Montană zu heben. Gold ist immer eine gute Geldanlage – aber wenn der Sturm erstmal vorbeigezogen, die Wogen geglättet sind, werden sich Börsenhändler anderen Dingen zuwenden und Gold wird in erster Linie wieder Edelmetall sein. Es bleibt die Frage, wann es soweit ist.